# taz.de -- Nachfolge bei britischen Konservativen: Boris Johnson lässt Tories zappeln
       
       > Die Entscheidung über den nächsten Regierungschef des Landes könnte
       > bereits am Montag fallen. Die Tories machen daraus wieder einmal ein
       > Drama.
       
 (IMG) Bild: Hello again: Boris Johnson am Samstag nach seine Ankunft auf dem Londoner Flughafen Gatwick
       
       LONDON taz | Wieder einmal suchen Großbritanniens regierende Konservative
       einen neuen Chef, und wieder einmal dreht sich alles um Boris Johnson. Der
       Ex-Premierminister, der erst im September sein Amt der mittlerweile
       [1][schon wieder zurückgetretenen Liz Truss] überlassen musste, flog am
       Samstag von einem Strandurlaub in der Dominikanischen Republik nach London
       zurück. Dort startete er sofort seine Kampagne zur Rückkehr an die Macht.
       
       Die zur Kandidatur nötige Zahl von 100 Unterstützern sei erreicht, streute
       sein Lager am Samstagabend. Ehemalige Getreue wie Wirtschaftsminister Jacob
       Rees-Mogg, Ex-Innenministerin Priti Patel oder Ex-Kulturministerin Nadine
       Dorries riefen dazu auf, ihn wieder in 10 Downing Street einzusetzen.
       
       Die Sonntagszeitung Mail on Sunday veröffentlichte eine Umfrage, wonach
       [2][Boris Johnson] als einziger die Konservativen aus dem aktuellen
       Umfragetief herausholen könnte – demnach würden die Tories mit Johnson
       wieder auf 34 Prozent klettern, gut zehn Prozentpunkte mehr als jetzt.
       
       Der Eindruck einer wundersamen Wiederauferstehung, den das Johnson-Lager zu
       verbreiten versucht, ist allerdings nicht unbedingt von der Realität
       gedeckt. Bestätigte Unterstützerzahlen aus der konservativen
       Parlamentsfraktion lagen Sonntag Mittag je nach Quelle bei 57 bis 75. Viele
       prominente Figuren der konservativen Rechten warnen, Boris Johnsons
       Rückkehr an die Macht wäre ein historischer Fehler, wenn nicht ein
       Desaster.
       
       ## Blick nach vorn
       
       Man müsse nach vorne blicken und nicht rückwärtsgewandt denken, warnt
       Johnsons ehemaliger Brexit-Chefunterhändler David Frost. Der sowie Johnsons
       ehemaliger Stabschef Steve Barclay und Handelsministerin Kemi Badenoch,
       eine Galionsfigur der jungen Rechten, unterstützen öffentlich nicht
       Johnson, sondern den Favoriten im Rennen um Truss’ Nachfolge: Rishi Sunak.
       
       Der ehemalige Finanzminister unter Boris Johnson, dessen Rücktritt am 5.
       Juli die Kaskade von Rücktritten aus der Regierung einleitete, die zwei
       Tage später auch Boris Johnson zur Rücktrittserklärung zwang, erklärte am
       Sonntag als erster öffentlich seine Kandidatur. Er stehe für „Integrität,
       Professionalität und Verantwortung“, sagte er in Abgrenzung zu den
       Charakterzügen, die gemeinhin Boris Johnson zugeschrieben werden.
       
       Er hatte die Urwahl an der Tory-Basis zur Nachfolge Johnsons im Sommer nur
       knapp gegen Liz Truss verloren und sieht sich jetzt als der natürliche
       Ersatz, der mit seinen Warnungen vor Truss’ Steuerplänen richtig gelegen
       habe und jetzt endlich Seriosität nach 10 Downing Street bringen werde. Bis
       Sonntagmittag hatte Sunak bereits 150 Unterstützer aus der Fraktion auf
       sich vereint. Sein Ziel, heißt es, sei eine Mehrheit unter den 357
       Tory-Abgeordneten, noch bevor es überhaupt zu einer Abstimmung kommt.
       
       Ob es dazu kommt, entscheidet sich am Montag ab 14 Uhr Ortszeit, wenn die
       Frist für Kandidaturen endet. Sollte Sunak dann als einziger die Schwelle
       von 100 Nominierungen überschritten haben, ist er automatisch neuer
       Parteichef und wird von König Charles III. noch am gleichen Tag mit der
       Regierungsbildung beauftragt werden. Sollte auch Johnson die Schwelle
       nehmen, wird erst in der Fraktion ein Meinungsbild hergestellt, bevor die
       Basis endgültig entscheidet – in einer Onlinewahl, die bis Freitag läuft.
       
       Aktuell favorisieren Umfragen an der Basis Boris Johnson. Das Sunak-Lager
       will daher eine Urwahl möglichst vermeiden, notfalls auch durch einen Deal
       mit Boris Johnson, mit dem Sunak sich in der Nacht zum Sonntag traf.
       Johnson hat in weiser Voraussicht seine Kandidatur noch gar nicht offiziell
       eingereicht. Es genügt ihm vorerst, dass sich alles um ihn dreht.
       
       23 Oct 2022
       
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