# taz.de -- Großbritanniens innovative Außenpolitik: Was Liz Truss richtig gemacht hat
       
       > Im Schatten der britischen Regierungskrise gehen wichtige Schritte von
       > Truss und Johnson unter. Dazu gehören die Ukraine- und ihre
       > Europa-Politik.
       
 (IMG) Bild: Liz Truss trifft den ukrainischen Premier Minister Denys Shmyhal Ende September in New York
       
       Bei der Aufregung um den Sturz der britischen Premierministerin, gespickt
       mit viel Häme, veschwinden wichtige Entwicklungen aus dem Blickfeld. Liz
       Truss hat ebenso wie Boris Johnson vor ihr die Grundlagen einer neuen
       britischen Außenpolitik geschaffen, die alte Brexit-Klischees überwindet
       und eine neue europäische Zusammenarbeit begründen kann.
       
       Erstens: Die Ukraine. Großbritannien war und ist in Europa führend bei der
       politischen und militärischen Unterstützung der Ukraine gegen die russische
       Aggression. Statt abstrakter Dauerdebatten über das Für und Wider von
       Waffenlieferungen und Verhandlungen arbeitet man in London an konkreten
       Herausforderungen. [1][Johnson] schmiedete Verteidigungsbündnisse mit den
       Nicht-Nato-Staaten Nordeuropas, während der Nato-Beitritt Schwedens und
       Finnlands nach wie vor wegen des türkischen und ungarischen Widerstands auf
       Eis liegt.
       
       Truss erwog als Außenministerin einen Marineeinsatz zum Schutz
       [2][ukrainischer Getreideexporte]. Es sind kontroverse Themen, aber es geht
       um die richtigen Fragen. Zweiter Punkt: Nordirland. Dass das
       Nordirland-Protokoll des Brexit-Vertrages einer Revision bedarf, bezweifelt
       niemand ernsthaft; strittig zwischen Brüssel und London ist lediglich das
       Wie. Truss hat ebenso wie Johnson vor ihr durch Härte Bewegung erzwungen.
       
       Ihre Drohung mit einem Gesetz, das das Protokoll einseitig außer Kraft
       setzt, hat konstruktive Gespräche zwischen London und Brüssel außerhalb der
       öffentlichen Aufmerksamkeit möglich gemacht. Ob sie rechtzeitig zum Erfolg
       führen, ist fraglich – seit den Wahlen im April ist [3][Nordirland ohne
       Autonomieregierung], weil die protestantischen Unionisten die Institutionen
       wegen des Nordirland-Protokolls boykottieren, und wenn sich das bis 28.
       Oktober nicht ändert, muss London Neuwahlen ansetzen.
       
       Aber der Wille ist offenkundig und darf nicht erlöschen. Drittens und
       langfristig am spannendsten: Die „[4][Europäische Politische
       Gemeinschaft]“, eine Idee Emmanuel Macrons zur Kooperation zwischen der EU
       und den anderen Staaten Europas, die jüngst bei einem Gipfel in Prag aus
       der Taufe gehoben wurde. Truss war nicht nur dabei, sie bot sogar an, den
       nächsten Gipfel auszurichten.
       
       Sie erkannte, wie bedeutsam es ist, wenn die EU endlich versteht, dass
       Europa größer ist als die Europäische Union und dass ein paneuropäischer
       Rahmen für konstruktive Zusammenarbeit vonnöten ist. Vielleicht gelingt all
       dies nur, weil die britische Öffentlichkeit davon kaum Notiz nimmt und
       lieber das Tory-Psychodrama auskostet. Aber gerade deswegen ist es wichtig,
       diese Grundlagen einer gemeinsamen europäischen Zukunft zu stärken. Egal
       wer gerade in 10 Downing Street wohnt.
       
       21 Oct 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.gov.uk/government/news/prime-minister-travelling-to-kyiv-in-demonstration-of-support-to-ukraine
 (DIR) [2] /Getreideexporte-aus-der-Ukraine/!5872524
 (DIR) [3] /Nordirland-Konflikt-und-Grossbritannien/!5856440
 (DIR) [4] /Neue-Europaeische-Politische-Gemeinschaft/!5882650
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dominic Johnson
       
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