# taz.de -- Politischer Wirrkopf in der NBA: Kritische Punkte
       
       > Basketball-Star Kyrie Irving fällt wieder einmal negativ auf. Er agitiert
       > für einen antisemitischen Film und spielt munter weiter.
       
 (IMG) Bild: Kritische Fans: Kyrie Irving beim Spiel seiner Brooklyn Nets gegen die Indiana Pacers
       
       Die Basketballliga NBA gilt [1][unter den amerikanischen Profiligen als
       politisch progressiv]. Statt den Sportbetrieb hermetisch von politischen
       Fragen trennen zu wollen, wurde den Spielern in den vergangenen Jahren
       immer wieder die Möglichkeit und Freiheit gegeben, auf und abseits des
       Feldes auf gesellschaftliche Missstände hinzuweisen. Wie aber wird
       reagiert, wenn es die Falschen sind, die auf diesem Wege zu ihrer
       politischen Stimme finden?
       
       So wurde sich im Zuge dieser Entwicklung auch der Star-Aufbauspieler Kyrie
       Irving von den Brooklyn Nets seiner Reichweite bewusst. Immer wieder war er
       mit der Verbreitung verschiedener Verschwörungstheorien aufgefallen – von
       [2][Impfverschwörungen] über die New World Order bis hin zu
       Flat-Earth-Theorien.
       
       Nun steht er zum Beginn der neuen Saison erneut für seine öffentlichen
       Äußerungen stark in der Kritik. Er hatte einen Link zu dem antisemitischen
       Film „Hebrews to Negroes: Wake Up Black America!“ auf Twitter geteilt. Der
       Film und das gleichnamige Buch verbreiteten antisemitische Narrative, die
       extremen Sekten der Black-Hebrew-Israelite-Bewegung zuzuschreiben sind, so
       die NGO Anti-Defamation League.
       
       Ausgehend von der Erzählung, das tatsächliche auserwählte Volk Gottes seien
       Schwarze Juden gewesen, die von europäischen Juden unterdrückt und
       verdrängt worden seien, entspinnt sich die Theorie, das westliche Judentum
       stehe am Ursprung des Rassismus gegen Schwarze Menschen und der Sklaverei.
       
       ## Widersprüchliche Rechtfertigungsmuster
       
       Für die NBA und die Brooklyn Nets ist es eine erneute Eskalationsstufe im
       Fall Kyrie Irving, der noch vor kurzer Zeit einer der besten und
       beliebtesten Spieler der NBA war. Besonders weil der Nets-Spieler keine
       Einsicht zeigt, sondern alle Vorwürfe des Antisemitismus von sich weist. Er
       scheint sich nicht im Klaren zu sein, welche gesellschaftliche Rolle er
       sich selber zuschreiben möchte. Immer wieder verstrickt er sich in
       widersprüchliche Rechtfertigungsmuster.
       
       Mal sagt er: „Ich bin nicht alleine. Ich habe eine ganze Armee um mich.“
       Nur um im nächsten Moment den Medien vorzuwerfen, ihn zu Fall bringen zu
       wollen. „Jeden Tag werden Dinge gepostet. Ich bin nicht anders als jeder
       andere Mensch, behandelt mich also auch nicht anders.“ Auf mehr
       Zurückhaltung hofft man hier wohl vergebens.
       
       Das befürchtet wohl auch der Besitzer der Brooklyn Nets Joe Tsai. Er
       meldete sich umgehend auf Twitter zu Wort und bedauerte die Verbreitung
       diskriminierender Aussagen durch Irving. Er wolle sich mit seinem
       Star-Spieler persönlich zusammensetzen, um diesen zur Einsicht zu bewegen,
       denn dieses Thema sei „bigger than basketball“. Starke Worte, um den Ruf
       des eigenen Sportteams aus dem hippen New Yorker Bezirks zu schützen. Doch
       geht es hier wirklich nicht um Basketball? Die Frage, warum Irving in der
       gestrigen Nacht gegen die Indiana Pacers trotz der Vorkommnisse spielen
       durfte, muss sich die Franchise aus Brooklyn jedenfalls gefallen lassen.
       
       Sollte es bei den paar offiziellen Statements und Tweets bleiben, ist das
       eine gewohnt schwache Reaktion einer Organisation, die sportlich
       ausgesprochen abhängig von ihrem zweitbesten Spieler ist. Mithilfe seiner
       stattlichen 28 Punkte gegen die Indiana Pacers konnte am Montagabend
       endlich der zweite Saisonsieg eingefahren werden. Dass ein paar
       Highlight-Videos den Eklat nicht ungeschehen machen werden, zeigte das
       Spiel jedoch auch.
       
       In der ersten Reihe hatten sich acht jüdische Brooklyn-Fans mit T-Shirts
       positioniert, auf denen „Fight Antisemitism“ zu lesen war. Die Debatte um
       Kyrie Irving wird also in die nächste Runde gehen. Der NBA-Star muss sich
       nun direkt vor den Menschen, die er mit seinen politischen Umtrieben
       tatsächlich in Gefahr bringt, verantworten und nicht mehr nur vor
       Sportjournalisten. Einer der Aktivisten schilderte nach dem Spiel die
       Reaktion Irvings auf die T-Shirt-Aktion: „Er hat gelacht, voller Sarkasmus
       und einfach gesagt: Ich finde toll, dass ihr euch öffentlich bekennt und
       hier so zahlreich auftaucht.“ Bei seinen Kritikern konnte Irving nun
       wahrlich nicht punkten an diesem Abend.
       
       1 Nov 2022
       
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