# taz.de -- Kunstvermittlerin über Gratis-Besuche: „Es geht um Abbau von Barrieren“
       
       > Künftig einmal im Monat: Am Samstag kann der Oldenburger Kunstverein
       > gratis besucht werden. Warum, erklärt die Kunstvermittlerin Geraldine
       > Dudek.
       
 (IMG) Bild: Schelm, wer an ins Netz gehende Besucher*innen denkt: Installation von Gerrit Frohne-Brinkmann
       
       taz: Frau Dudek, an diesem Wochenende bieten Sie erstmals einen Besuch des
       Kunstvereins Oldenburg bei freiem Eintritt an. Das soll künftig jeweils
       einmal im Monat so sein. Warum gerade am Samstag? 
       
       Geraldine Dudek: Wir hatten uns schon seit einer Weile Gedanken über ein
       solches Angebot gemacht und Überlegungen angestellt. Ich hätte sprachlich
       den Freitag zwar bevorzugt, dann hätte man vom „freien Freitag“ sprechen
       können (lacht), aber da es sich um einen ganz normalen Arbeitstag handelt,
       haben wir uns für den Samstag entschieden. Unser Haus befindet sich am
       Damm, also in unmittelbarer Nähe einer Fußgängerzone, die samstags gut
       besucht ist. Viele laufen aber an unserm Haus vorbei und das möchten wir
       gerne ändern.
       
       Geht es also darum, neues Publikum zu gewinnen? 
       
       Ja, neben unseren Mitgliedern und treuen Besuchern, die immer wieder bei
       uns vorbeischauen, möchten wir neue Gäste begeistern. Dabei geht es auch um
       den [1][Abbau von Barrieren].
       
       An welche denken Sie da? 
       
       Wir hoffen, dass wir Personen, die nicht häufig ins Museum gehen oder sich
       derzeit nicht von zeitgenössischer Kunst angesprochen fühlen, durch den
       [2][kostenlosen Eintritt] motivieren können, dem Ganzen eine Chance zu
       geben. Zusätzlich bieten wir auch kostenlose Führungen an, falls sich die
       Werke nicht sofort erschließen oder Interesse an einer vertieften
       Auseinandersetzung besteht. Diese Führungen sind auch als dialogische
       Führungen angedacht, wo jeder eingeladen ist, seine Meinung einzubringen
       und vom Austausch zu profitieren.
       
       Wie viel kostet denn der Eintritt normalerweise? 
       
       Regulär liegt er bei drei Euro, mit Ermäßigung bei zwei. Für Mitglieder und
       Studenten der Universität Oldenburg ist der Eintritt kostenlos. Ein
       weiterer Grund für das Angebot der offenen Samstage ist auch die aktuelle
       Situation und Diskussion rund um die Energiekrise. Es ist offensichtlich,
       dass sich viele Menschen finanziell einschränken müssen. Da wird
       höchstwahrscheinlich an kulturellen Veranstaltungen gespart. Deshalb wollen
       wir mit dem Angebot auch nicht länger warten und auch Personen mit einem
       geringen Einkommen kulturelle Teilhabe ermöglichen. Außerdem geht es bei
       unseren Ausstellungen um aktuelle Themen, die eine gesellschaftliche
       Relevanz haben und sich mit dem Hier und Jetzt beschäftigen.
       
       Apropos Ausstellung: Können Sie mir etwas über Gerrit Frohne-Brinkmann
       erzählen, dessen Arbeiten Sie derzeit zeigen? 
       
       Er ist ein wahnsinnig talentierter Künstler. Man könnte sagen, dass er wie
       ein Archäologe Themen, die in der schnelllebigen Zeit der Digitalisierung
       schnell vergessen werden, ausgräbt und sie neu installiert. Seine Kunst hat
       viel mit Kommunikation zu tun, vor allem mit den Problemen des digitalen
       Zeitalters. Die führt neben dem vermeintlich positiven Gefühl, gut vernetzt
       zu sein, auch dazu, dass sich Menschen überfordert fühlen und dass sich das
       Wesen der Kommunikation des Menschen verändert. Diese Auseinandersetzung
       gewinnt besonders an Bedeutung vor dem Hintergrund aktueller politischer
       Fragen.
       
       Welche Fragen sind das? 
       
       Wie wir unsere digitale Zukunft gestalten wollen und eben auch unser
       Zusammenleben nach Corona. Es ist spannend, wie er die menschlichen
       Wahrnehmungsorgane so facettenreich anspricht. Wir zeigen auch eine ganz
       neue Installation im Rahmen der jetzigen Ausstellung, die extra für den
       [3][Kunstverein Oldenburg] gestaltet wurde.
       
       Wie stellen Sie das Programm im Kunstverein zusammen? 
       
       Die Auswahl obliegt Gertrude Wagenfeld-Pleister, unserer Kuratorin und
       Vereinsvorsitzenden. Sie lebt schon lange in Berlin und lernt immer wieder
       neue Künstler kennen. Aber sie reist auch gerne durch die Bundesrepublik,
       um neue spannende Positionen zu entdecken. Wir beschränken uns aber nicht
       auf nationale Künstler, sondern möchten vielmehr jungen, sozusagen
       unverbrauchten Künstlern ein Sprungbrett bieten und zu mehr Bekanntheit
       verhelfen.
       
       Der Kunstverein veranstaltet zum Beispiel auch Literaturkreise und
       Musikensembles. Sind die ebenfalls zugänglich an den Gratis-Samstagen? 
       
       Also die Konzerte werden von unserer Geschäftsführerin Marina Krause
       organisiert, finden aber nicht in den Räumlichkeiten des Kunstvereins
       statt.
       
       Warum nicht? 
       
       Dafür gibt das Gebäude nicht die erforderliche Akustik her und auch nicht
       den Platz. Die Literaturkreise finden nicht während der regulären
       Öffnungszeiten statt und sind geschlossene Veranstaltungen. Unser Herzstück
       bilden die Ausstellungen. Es gibt aber andere Veranstaltungen außerhalb der
       offenen Samstage.
       
       Zum Beispiel? 
       
       [4][Zum Beispiel „Kunst mit Kind“]. Dort möchten wir Eltern oder auch
       Großeltern dazu ermutigen, mit ihren Kindern vorbeizukommen. Hier muss sich
       auch keiner unwohl fühlen, wenn die Kinder mal ein bisschen lauter werden.
       Außerdem gibt es noch die Veranstaltung „Kunst und Kuchen“, bei der man
       sich nach der Führung noch gemütlich bei einem Kaffee austauschen und seine
       Gedanken teilen kann. Und was ich auch gerne erwähnen möchte, sind unsere
       Führungen für Gehörlose, die vom [5][Verein „Lebendiges Museum“] gefördert
       werden.
       
       Auch eine Weise, Barrieren zu entschärfen … 
       
       Mit dieser Initiative wollen wir auch dieser Gruppe die Teilhabe an Kunst
       ermöglichen. Beim Thema Barrierefreiheit stehen vor allem physische Hürden
       im Fokus, was gut und richtig ist, aber wir finden es eben auch wichtig,
       diese Gruppe zu adressieren und sie an Führungen teilhaben zu lassen.
       
       21 Oct 2022
       
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