# taz.de -- Serie „Gefährliche Liebschaften“: Die Chemie stimmt
       
       > Der französische Kultroman „Gefährliche Liebschaften“ wurde oft verfilmt.
       > In einer neuen Serie wird nun seine Vorgeschichte erzählt – als
       > Seifenoper.
       
 (IMG) Bild: Nicholas Denton und Alice Englert als Valmont und Camille in der Serie „Gefährliche Liebschaften“
       
       Kaum eine Geschichte wurde so oft erzählt wie die der Marquise de Merteuil
       und des Vicomte de Valmont, ihres Zeichens Liebespaar und gleichzeitig
       Rival*innen, die auf Moral und Empathie pfeifen und mit ihren Intrigen und
       Manipulationen ganze Existenzen zerstören.
       
       Stephen Frears’ Verfilmung des [1][Briefromans von Pierre Choderlos de
       Laclos] gilt als Meisterwerk, die moderne Teenie-Adaption „Eiskalte Engel“
       ist mindestens Kult, außerdem gibt es Theater- und Opernfassungen, etwa
       Heiner Müllers „Quartett“. Auch ins China der 1930er wurde die Geschichte
       schon verlegt, genauso wie nach Korea im 18. Jahrhundert. Nun gibt es die
       nächste Version von „Gefährliche Liebschaften“, und Showrunnerin Harriet
       Warner hat sich für ihre Serie einen neuen Kniff überlegt: Sie erzählt das
       Ganze als Prequel, also die Vorgeschichte des berühmten Romans.
       
       Die spätere Marquise de Merteuil ist hier noch eine junge Frau namens
       Camille (Alice Englert), die sich im vorrevolutionären Paris widerwillig im
       Bordell verdingt. Wie und warum sie dort gelandet ist, wird im Verlauf der
       ersten, achtteiligen Staffel noch eine große Rolle spielen, zunächst aber
       ist der Plan, gemeinsam mit ihrem Geliebten abzuhauen und irgendwie ein
       neues Leben zu beginnen. Was leichter gesagt als getan ist, denn Pascal
       Valmont (Nicholas Denton) ist ebenfalls praktisch mittellos, seit er von
       seiner Stiefmutter um Titel und Vermögen gebracht wurde.
       
       Von Affären mit verheirateten Damen der Oberschicht erhofft er sich
       Aufstiegschancen, doch als Camille hinter dieses Geheimnis kommt, sinnt sie
       mit gebrochenem Herzen auf Rache. Mit Erpressung und Charme gleichermaßen
       findet sie ihren Weg in die Obhut einer von Pascals Geliebten (Lesley
       Manville) und wittert die Chance, sich noch einmal ganz neu zu erfinden.
       
       ## Bekannte Nebendarsteller*innen
       
       Eine ganze Folge lang sieht es so aus, als würde die derzeit erfreulich
       omnipräsente Schauspielerin Lesley Manville – in der neuen Staffel [2][„The
       Crown“][3][„The Crown“] spielt sie Prinzessin Margaret und in der
       Kinokomödie „Mrs. Harris und ein Kleid von Dior“ die Titelrolle – im
       Zentrum von „Gefährliche Liebschaften“ stehen.
       
       Doch es kommt anders, was zwar bedauerlich, aber auch ein interessanter
       Überraschungseffekt ist. Überhaupt sind die prominenten Namen dieser Serie
       – auch die „Game of Thrones“-Stars Tom Wlaschiha und Carice van Houten oder
       Pop-Sängerin Paloma Faith sind mit von der Partie – immer nur die
       Nebendarsteller*innen.
       
       Im Fokus stehen ausschließlich Jane Campions Tochter Alice Englert und der
       australische Newcomer Nicholas Denton, und auch wenn die beiden nicht in
       der gleichen Liga spielen wie vor 35 Jahren Glenn Close und John Malkovich,
       stimmen doch zumindest die erotische Chemie und Spielfreude.
       
       ## Kurzweilige Unterhaltung mit wenig Tiefgang
       
       Das ist entscheidend, denn letztlich geht es in der neuen Adaption von
       „Gefährliche Liebschaften“ um nicht allzu viel. Für die Zeit, in der sie
       Serie spielt, interessiert sich die Serie nicht allzu sehr, um menschliche
       Abgründe oder Liebe als Transaktionsgeschäft geht es auch eher
       oberflächlich, und die PoC und queeren Figuren, die im Historien-Genre
       immer selbstverständlicher dazugehören, bleiben schmückendes Beiwerk. Auf
       dem Programm steht stattdessen kurzweilige Seifenopern-Unterhaltung, denn
       es macht nun einmal viel Spaß, attraktiven Menschen in tollen Kostümen
       dabei zuzusehen, wie sie sich immer wieder hintergehen und betrügen.
       
       Beim Streamingdienst Lionsgate+, der bis vor Kurzem noch Starzplay hieß,
       hat man damit gute Erfahrung. Das Programm dort steht auf zwei höchst
       unterschiedlichen Säulen: Gangster-Geschichten aus dem von Rapper 50 Cent
       geschaffenen „Power“-Universum einerseits, Kostümdramen wie „Outlander“,
       „Becoming Elizabeth“ oder „The Serpent Queen“ andererseits.
       
       Zumindest in Nord- und Südamerika hat diese Mischung offenkundig enormen
       Erfolg; aus Europa und Japan dagegen, so wurde gerade bekannt gegeben,
       zieht man sich wieder zurück. Wo das deutsche Publikum die bereits
       bestellte zweite Staffel von „Gefährliche Liebschaften“ kommendes Jahr wird
       sehen können, bleibt also abzuwarten.
       
       6 Nov 2022
       
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