# taz.de -- Schwulenfeindlicher Angriff in Kiel: Messerstiche wegen Nagellack
       
       > In Kiel wurden mehrere Personen durch Unbekannte teils lebensbedrohlich
       > mit Messern verletzt. Die Polizei ermittelt wegen versuchter Tötung.
       
 (IMG) Bild: Für manchen Anlass, gewalttätig zu werden: Person mit lackierten Fingernägeln
       
       HAMBURG taz | Eine Messerattacke in der Kieler Innenstadt am vergangenen
       Wochenende, der ein [1][homofeindliches Motiv] zugrunde liegen soll,
       [2][werten Polizei und Staatsanwaltschaft] ersten Ermittlungen zufolge als
       versuchtes Tötungsdelikt. In der Nacht von Freitag auf Samstag sollen
       mehrere Unbekannte vier junge Männer vor einer Bar angegriffen haben,
       mindestens einer der Täter soll dabei ein Messer eingesetzt haben.
       
       Infolgedessen erlitt ein 23-Jähriger lebensbedrohliche Stichverletzung am
       Oberkörper, zwei weitere erlitten ebenfalls Verletzungen durch den
       Messereinsatz sowie durch Schläge.
       
       „Im Rahmen der ersten Befragungen der Geschädigten sowie Zeuginnen und
       Zeugen dürfte der Streit seinen Ursprung offenbar aufgrund der lackierten
       Fingernägel eines der Geschädigten haben“, teilten Kieler Polizei und
       Staatsanwaltschaft am Montag mit. Die Opfer hielten sich zum Tatzeitpunkt
       [3][vor der Bar „Mum and Dad“] auf. Drei von ihnen standen vor der Bar, als
       eine drei- bis vierköpfige Gruppe an ihnen vorbeiging. Aus dieser Gruppe
       heraus sollen die Opfer, die lackierten Fingernägel zum Anlass nehmend,
       zunächst homofeindlich beleidigt worden sein.
       
       Der lebensbedrohlich verletzte 23-jährige soll noch versucht haben, den
       Konflikt zu schlichten. Nach der Auseinandersetzung konnten die männlichen
       Angreifer erfolgreich flüchten. Einer Mitteilung der Barbetreiber zufolge
       sollen die Täter mit einem Auto geflüchtet sein. Der Zustand des
       23-Jährigen ist mittlerweile aufgrund der notärztlichen Behandlung stabil,
       teilt die Polizei mit. Den bisherigen Zeugenaussagen zufolge kannten die
       Angegriffenen die Täter nicht. Für Hinweise auf deren Identität hat die
       Staatsanwaltschaft bereits eine Belohnung ausgelobt.
       
       ## Mahnwache gegen queerfeindliche Gewalt
       
       Das Entsetzen über die Tat ist in Kiel groß. Für Montagabend hatten mehrere
       Gruppen nach dem Bekanntwerden weiterer Details der Attacke zu einer
       Mahnwache am Tatort aufgerufen, um ein Zeichen gegen queerfeindliche Gewalt
       zu setzen. Auch der linke Bundestagsabgeordnete Lorenz Gösta Beutin rief
       zur Teilnahme auf.
       
       Vor dem Rathaus in Kiel wurde am Montag eine Regenbogenflagge als Reaktion
       auf die Tat gehisst. Der aus Schleswig-Holstein stammende
       Europaparlamentsabgeordnete Rasmus Andresen (Grüne) beklagt im Hinblick auf
       die Tat, dass Taten motiviert durch Hass auf Schwule derzeit immer häufiger
       stattfänden.
       
       Auch wenn es für diese These noch keine aktuellen polizeilichen Statistiken
       gibt, scheinen sich im Norden [4][homofeindliche Attacken] zu häufen: Am
       Wochenende zuvor beleidigte nach Angaben der Polizei ein 19-Jähriger zwei
       Männer in der Bremer Bahnhofsvorstadt schwulenfeindlich. Die Tat ereignete
       sich am Sonntagnachmittag vor einem Lokal. Anschließend attackierte er die
       beiden mit Schlägen und Tritten.
       
       Einem der beiden soll der Tatverdächtige Zeugenaussagen zufolge auch gegen
       den Kopf getreten haben. Er flüchtete daraufhin, wurde jedoch von der
       Polizei gefasst und vorläufig festgenommen. Die Bremer Polizei wertet die
       Tat als Hasskriminalität – die Staatsschutzabteilung hat deshalb die
       Ermittlungen übernommen.
       
       ## Auch in Hannover gab es zuletzt Attacken
       
       In Hannover meldete am Freitag die Polizei – mit einiger Verzögerung – zwei
       weitere schwulenfeindlich motivierte Angriffe. Ein Paar sei vor zwei Wochen
       von zwei jüngeren Männern im Steintorviertel zuerst homofeindlich beleidigt
       und anschließend attackiert worden. Die Täter sollen dabei versucht haben,
       einen der beiden auszurauben. Sie schlugen auf ihn ein und traten ihn. Da
       sich der Mann lautstark wehrte, ließen die Täter von ihm ab und flüchteten.
       
       In die Kritik geriet die Polizei, weil das Opfer die Attacke in den
       sozialen Medien publik machte – ein Hinweis an die Öffentlichkeit, dass
       nach den Tätern gesucht wird, kam von Seiten der hannoverschen Polizei
       jedoch erst mit mehreren Tagen Verzögerung und offenbar auch erst nach
       Anfragen von Medien.
       
       Daraufhin meldete die Polizei noch eine weitere homofeindliche Attacke in
       der Stadt. So soll ein Unbekannter in der angrenzenden Gemeinde
       Garbsen-Berenbostel ein schwules Paar wegen eines Kusses geschlagen haben.
       Die Opfer standen an einem Nachmittag an einer Bushaltestelle und gaben
       sich einen Kuss, woraufhin der Täter die beiden angriff.
       
       7 Nov 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Queerfeindlichkeit-in-Deutschland/!5880996
 (DIR) [2] https://www.presseportal.de/blaulicht/pm/14626/5363116
 (DIR) [3] https://www.instagram.com/mumdadkiel/
 (DIR) [4] /Diana-Haes-kaempft-fuer-LGBTIQ-Belange/!5878011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) André Zuschlag
       
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