# taz.de -- Algorithmen in der Kunst: Den Mainstream-Eintopf verhindern
       
       > Der Algorithmus weiß, was sich am besten verkauft. Im Kampf gegen die
       > digitale Vorhersehbarkeit gilt es, per Klick aus der Reihe zu tanzen.
       
 (IMG) Bild: Hätte er eine Chance gehabt gegen die Algorithmen? Rosa von Praunheim 2019 am Arm seines Partners
       
       Wenn Wahrscheinlichkeiten über die Kunst entscheiden, entsteht häufig ein
       Mainstream-Eintopf. Das kann gut sein, muss es aber nicht. Früher haben die
       Menschen noch selber entschieden. Nur häufig waren diese Entscheidungen
       mindestens genauso bescheiden wie die der Algorithmen heute. Es lohnt sich,
       genauer hinzugucken: Vor ein paar Jahrzehnten gab es kluge Produzent*innen,
       die einen Riecher dafür hatten, was funktioniert und was nicht.
       
       In Zeiten des zunehmenden Videostreamings weicht dieses feine Näschen dem
       [1][Algorithmus]. Er sagt dir, welche Schauspieler*innen, welche Formate,
       welche Themen, welche Genres, wann und wo geklickt werden. Er kann
       berechnen, was Menschen schauen wollen, weil er unser Guckverhalten
       analysiert. Wahrscheinlich, weil er uns besser kennt als wir uns selbst,
       und das ist tatsächlich bedenklich.
       
       Deshalb besteht die Gefahr, dass diese Algorithmen den Kreativen auf kurz
       oder lang vorschreiben, was sie produzieren sollen. Der Algorithmus hilft
       ihnen, nahezu prophetisch in die Zukunft zu blicken, da wir Menschen
       offenbar doch nicht so einzigartig und unberechenbar klicken. Der
       Algorithmus hilft also, maßgeschneiderte Produkte für unseren auf Monitoren
       flimmernden Konsum zu produzieren.
       
       Nur – wie misst man Erfolg? Einzig und allein in Klickzahlen? Ist also
       künftig „[2][Kartoffelsalat 3]“ einem Film wie dem letztjährigen
       Berlinale-Gewinner „[3][Bad Luck Banging or Loony Porn]“ vorzuziehen? Wäre
       ein Film wie „[4][Lola rennt]“, weil zu experimentell, nie gemacht worden?
       Müssen wir mit einer noch stärkeren Krimi-Flut rechnen?
       
       Einen Augenklick! Wir sollten nicht vergessen, dass wir alle Teil des
       Systems sind. Wir füttern die Algorithmen mit unseren Verhaltensmustern,
       und nur wenn wir gegen die Erwartungen der Klick-Wahrscheinlichkeiten
       handeln, verändern wir das Muster. Also sollten wir nicht nur schimpfen,
       sondern auch klicken und mit daran arbeiten, den Algorithmus zu steuern,
       weil wir ein Teil von ihm sind. Übernehmen wir die Macht über die digitalen
       Vorhersehbarkeiten! Klick, klick.
       
       6 Dec 2022
       
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