# taz.de -- Schutz von Kritischer Infrastruktur: Bollwerk gegen Saboteure
       
       > Die Bundesregierung will Kritische Infrastruktur besser schützen und die
       > Betreiber in die Pflicht nehmen. Unklar ist die konkrete Finanzierung.
       
 (IMG) Bild: Wie diese Infrastruktur schützen? Zerstörte Nordstream-Gasleitung im September in der Ostsee
       
       BERLIN taz | Spätestens seit den Explosionen an den Nordstream-Pipelines
       und der [1][Bahn-Sabotage] ist eindrücklich klar geworden: Deutschlands
       Kritische Infrastruktur ist angreifbar und in Gefahr. Die Bundesregierung
       will dies ändern und einigte sich am Mittwoch auf Eckpunkte für ein Gesetz
       für einen verbesserten [2][Schutz Kritischer Infrastrukturen] vor.
       Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sprach von „höchster Priorität“,
       von „Krisenresilienz“, davon, dass sich die Republik besser „gegen Krisen
       wappnen“ muss.
       
       Faeser betonte auch, dass es seit des russischen Angriffskriegs auf die
       Ukraine auch in Deutschland eine „veränderte Sicherheitslage“ gebe. Wie im
       Koalitionsvertrag vereinbart, ist das Ziel, ein Gesetz mit dem sperrigen
       Namen „Kritis-Dachgesetz“ zu verabschieden. Geschützt werden soll die
       Versorgung mit Energie, mit Wasser, das Bankwesen, der Gesundheitssektor,
       Verkehrswege, aber auch die öffentliche Verwaltung, digitale
       Infrastrukturen, die Medien. Im Kern sind vor allem die Betreiber gefragt.
       
       Über das Kritis-Dachgesetz sollen einheitliche Mindeststandards festgelegt
       werden, also Anforderungen wie die Betreiber Gefahren erkennen, wie sie
       ihre Anlagen schützen und wann sie Schäden melden müssen. Zäune und
       Sperren, Zugangskontrollen oder auch Sicherheitsprüfungen können solche
       Maßnahmen sein. Problem bei Angriffen ganz gleich ob auf Kabel, Leitungen
       oder digitale System ist immer wieder, dass es keine Informationen zu den
       Schwachstellen gibt oder diese nicht weitergegeben werden.
       
       Auch das soll sich ändern. Über ein Meldesystem können künftig auch andere
       Betreiber gewarnt werden, die ebenso in Gefahr sind. Eine zentrale Rolle
       soll dabei das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK)
       spielen. Noch ein Ansatz, der simpel scheint, aber jetzt greift, ist
       Angriffe im digitalen Raum, also auf IT-Komponenten, und Attacken auf
       physische Einheiten, etwa Kabel oder Leitungen zusammen zu denken. Und: Mit
       dem Dachgesetz wird zum ersten Mal „das Gesamtsystem zum physischen Schutz
       Kritischer Infrastrukturen in den Blick genommen und Zuständigkeiten
       geregelt.“
       
       ## Konkrete Finanzierung fehlt
       
       In den Eckpunkten werden auch explizit die Hersteller von kritischen
       Komponenten genannt. Für das Kritis-Dachgesetz soll geprüft werden, ob es
       auch Regeln für Komponenten geben kann, die sich nicht auf Software oder
       IT-Produkte beschränken. Dies können zum Beispiel Baustoffe sein. Ziel ist
       die kritische Infrastruktur insgesamt vor „Einflüssen und Abhängigkeiten
       von bedenklichen Herstellern aus dem Ausland“ zu schützen.
       
       Die Umsetzung wird Geld kosten – und genauer dieser Aspekt könnte schweirig
       werden. Denn – so steht es im Eckpunktepapier: Es gilt ein genereller
       Finanzierungsvorbehalt. „Soweit konkrete Maßnahmen oder daran anknüpfende
       zukünftige Maßnahmen zu Ausgaben im Bundeshaushalt führen, stehen sie unter
       dem Vorbehalt verfügbarer Haushaltsmittel beziehungsweise
       Planstellen/Stellen und präjudizieren keine laufenden oder künftigen
       Haushaltsverhandlungen.“ Das gilt auch für das BBK, das zwar eine Art
       Leitbehörde werden sollen, aber nur „im Rahmen verfügbarer
       Haushaltsmittel“.
       
       Für die Grünen ist die Vorlage für das Kritis-Dachgesetz „zentral“.
       Schließlich hat sich die Ampel im Koalitionsvertrag darauf verständigt,
       Kritische Infrastruktur besser zu schützen. Aber: „[3][Angesichts stark
       gestiegener Bedrohungslagen] brauchen wir möglichst schnell gute
       gesetzliche Grundlagen, klare Verantwortlichkeiten und Behörden, die in der
       Lage sind, die betreffenden Unternehmen unabhängig zu beraten“, sagte der
       Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums, Konstantin von Notz,
       der taz.
       
       Der Grünen-Politiker forderte zudem eine gute Koordination zwischen dem
       Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und dem BBK.
       Parallelstrukturen oder fehlende Abstimmung führten letztlich zu „noch mehr
       Chaos in der konkreten Umsetzung.“ Beim Geld setzt von Notz auf eine
       „ausreichende finanzielle Unterfütterung“. Verbände, Betreiber und die
       Zivilgesellschaft sollen beteiligt werden, wenn das Gesetz erarbeitet wird.
       
       ## Bundesweiter Warntag am Donnerstag
       
       Michael Wiesner, Sprecher der AG Kritis, kritisiert die Veröffentlichung
       der Eckpunkte zum jetzigen Zeitpunkt. „Zum einen wurde hier wieder einmal
       mit der heißen Nadel gestrickt und zum anderen wurde einmal mehr versäumt,
       die Zivilgesellschaft einzubinden“, sagte Wiesner der taz. Die AG Kritis
       ist eine Gruppe von Fachleuten, die IT-Sicherheit verbessern und
       Einrichtungen der Kritischen Infrastruktur stärken will. [4][Die Gruppe
       setzt sich seit langem für eine Art Cyber-THW] ein, dass bei einer
       Cyberattacke Behörden oder Firmen helfen kann.
       
       Kommt es zu Angriffen oder einem Katastrophenfall wird die Bevölkerung
       gewarnt. Am Donnerstag findet der [5][zweite bundesweite Warntag] statt, um
       genau dies zu testen. Gegen 11 Uhr soll die Probewarnung über Radio und
       Fernsehen verbreitet werden, Sirenen heulen und Cell Broadcast erstmals
       getestet werden. Über die Technologie bekommen Nutzer:innen eine
       Warnmeldung auf ihr Mobilfunktelefon. Allerdings nur die Geräte, die ein
       entsprechendes update haben, sich nicht im Flugmodus oder Funkloch
       befinden. Gegen 11.45 Uhr wird die Übung beendet sein.
       
       Der Bundestagsabgeordnete Leon Eckert (Grüne) forderte gemeinsam mit
       Grünen-Abgeordneten in den Ländern einen Bund-Länder-Warnpakt. Sie sprechen
       sich für eine bessere Finanzierung und Ausstattung von Sirenen aus, für
       einheitliche Signaltöne oder für Barrierefreiheit bei Warnungen. Zudem soll
       die Teilnahme am Warntag verpflichtend werden. Die Kommunen können selbst
       entscheiden, ob sie mitmachen oder nicht.
       
       7 Dec 2022
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) [4] /Infrastruktur-Experte-ueber-Bahn-Sabotage/!5884459
 (DIR) [5] /Bundesweiter-Warntag/!5900084
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Tanja Tricarico
       
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