# taz.de -- Solidarität mit Iran: Junge und Alte gemeinsam
       
       > Zum Tag der Menschenrechte ruft ein Bündnis zur Demo für Iran auf.
       > Polizei ermittelt gegen Regime-Gegner wegen „Tod Chamenei“-Schildern.
       
 (IMG) Bild: Das Motto der iranischen Revolution darf bei keiner Demo fehlen
       
       BERLIN taz | Fast drei Monate dauern nun die Proteste im Iran, es gibt über
       18.000 Verhaftete, 500 Tote, darunter Dutzende Kinder, mindestens 21
       Menschen droht [1][laut Amnesty International] die Todesstrafe. Zum
       Internationalen Tag der Menschenrechte am Samstag rufen daher der Berliner
       Verein Iranischer Flüchtlinge und das Komitee der politischen Gefangenen im
       Iran zur Solidaritätskundgebung (13 Uhr, Brandenburger Tor). „Wir wollen an
       diesem Tag erneut auf das Unrechtssystem im Iran hinweisen und die
       Protestierenden solidarisch unterstützen“, sagte Vereinsvorsitzender Hamid
       Nowzari am Mittwoch der taz.
       
       Die aktuellen Todesurteile müssten aufgehoben und alle politischen
       Gefangenen freigelassen werden. „Die EU-Länder sollten verlangen, dass sie
       als Beobachter bei den Gerichten zugelassen werden und sie sollten die
       Misshandlung von Gefangenen verurteilen“, so Nowzari weiter.
       
       Die jüngsten Verlautbarungen des Regimes, wonach die so genannte
       Sittenpolizei aufgelöst worden sei, bezeichnete der Exil-Iraner, der in den
       80er Jahren nach Berlin geflohen war, als „Ablenkung“ des Regimes. „De
       facto wurde die Sittenpolizei durch die Proteste abgeschafft, aber es gibt
       keine Hinweise darauf, dass Zwangsverschleierung und Kleidervorschriften
       tatsächlich abgeschafft werden.“ Für Nowzari liegt die Stärke der aktuellen
       Proteste darin, dass sich Frauen und die verschiedensten gesellschaftlichen
       Gruppen zusammen geschlossen haben um das Regime zu Fall zu bringen.
       
       Auch in Berlin, so Nowzari, machten neue Gruppen von jungen
       Exil-Iraner*innen wie [2][Feminista Berlin] und das
       [3][Women-Life-Freedom-Kollektiv] den „Alten“ Mut und Hoffnung. „Wie im
       Iran sind solche Bewegungen auch hier eine Bereicherung. Sie sind der Motor
       der Revolution.“ Die jungen Leute seien kreativ, schnell und erfahren im
       Umgang mit neueren Kommunikationstechniken wie social media. „Wir bewundern
       sie, sie ziehen uns mit“, sagte er. Auch thematisch würden sie neue Akzente
       setzen mit ihrem Fokus auf Diskriminierungen von Frauen, LGBTIQ* und
       ethnischen Minderheiten. „Wir ‚Älteren‘ suchen die Lücken und kümmern uns
       weiterhin um die politischen Gefangenen.“
       
       ## Todesurteile im Geheimen
       
       Auch das geschieht nun gemeinsam: Feminista Berlin und Women Life Freedom
       rufen ebenfalls zur Demo am Samstag auf. „Wir wollen am Tag der
       Menschenrechte vor allem über die politischen Gefangenen und die
       Todesurteile sprechen“, so Sanas Azimipour von Women Life Freedom zur taz.
       Sie verwies auf die fünf Teilnehmer einer Demonstration, die gerade nach
       kurzem Prozess zum Tode verurteilt worden sind. Sie sollen Anfang November
       in der Stadt Karadsch an der Tötung eines Mitglieds der paramilitärischen
       Basidsch-Milizen beteiligt gewesen sein. Die Fakten sind wegen der
       nicht-öffentlichen Gerichtsprozesse nicht verifizierbar. „Wir wissen nicht
       einmal die Namen aller Verurteilen“, so Azimipour.
       
       Wie Nowzari fordert sie, dass westliche Beobachter bei Prozessen zugelassen
       werden. Der Westen müsse dafür mehr Druck auf Iran machen.
       
       Unterdessen hat die Berliner Polizei zugegeben, dass sie
       Ermittlungsverfahren gegen Regimegegner eröffnet, wenn diese Schilder wie
       „Tod Chamenei“ oder Ähnliches bei Demonstrationen tragen. Ermittelt werde
       dann wegen des Verdachts der Beleidigung, üblen Nachrede und der
       Verleumdung, bestätigte die Pressestelle auf taz-Anfrage.
       
       Ein Ermittlungsverfahren sei inzwischen an die Staatsanwaltschaft Berlin
       abgegeben worden. Gegen wie viele Menschen wegen solcher „Delikte“
       ermittelt werde, werde statistisch nicht erfasst. Zuerst hatte der
       Tagesspiegel am Montag berichtet.
       
       ## Chamenei kein Mörder?
       
       Bereits Ende November hatte die [4][Aktivistin Daniela Sepehri auf Twitter]
       geschrieben, ein Aktivist habe wegen „Chamenei ist ein Mörder“ eine Anzeige
       von Amts wegen bekommen. Die Polizei erklärte nun, bei Kundgebungen und
       Demonstrationen würden Transparente, Plakate und Sprechchöre „stets auf
       eine etwaige strafrechtliche Relevanz geprüft. Sofern eindeutig oder
       mutmaßlich strafrechtliche Inhalte festgestellt werden, ist die Polizei
       schon wegen des Legalitätsprinzips verpflichtet, dies zur Anzeige zu
       bringen.“
       
       Die Frage der taz, ob der Polizei bekannt sei, dass Chamenei bereits 2007
       vom Berliner Landgericht als [5][mitverantwortlich für die sogenannten
       Mykonos-Morde] bezeichnet wurde, man ihn also mit Fug und Recht als Mörder
       bezeichnen können müsste, beantwortete der Polizeisprecher nicht.
       
       8 Dec 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.amnesty.de/allgemein/pressemitteilung/iran-mindestens-21-menschen-von-Todesstrafe-bedroht
 (DIR) [2] https://www.instagram.com/feminista.berlin/
 (DIR) [3] https://www.instagram.com/womanlifefreedomcollective/
 (DIR) [4] https://twitter.com/daniela_sepehri/status/1595375710436311041
 (DIR) [5] /Mykonos-Anschlag/!5193555
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Susanne Memarnia
       
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