# taz.de -- Wohnungslose in Berlin: Berlins größte Wärmestube
       
       > Bis zu 300 Obdachlose können im Hofbräu Wirtshaus in Mitte eine warme
       > Mahlzeit bekommen. Im Frühjahr soll der Tagestreff nach Friedrichshain
       > umziehen.
       
 (IMG) Bild: In der ersten Etage des Hofbräu Wirtshauses am Alex
       
       BERLIN taz | Beim Rundgang durch das Hofbräuhaus nach dem Pressegespräch
       eilt ein Wohnungsloser durch den Raum. „Frau Senatorin!“, ruft er. Kein
       Schreckmoment für Sozialsenatorin Katja Kipping (Linke), sondern eine
       berührende Begegnung. „Danke, Frau Senatorin“, sagt der Wohnungslose, nickt
       schnell einen Gruß, dann geht er zurück und setzt sich wieder zu seinem
       Begleiter an den Tisch.
       
       Katja Kipping ist keine Politikerin, die nur lächelt, wenn eine Kamera auf
       sie gerichtet ist. Ihre Empathie ist spürbar, auch an diesem Mittwoch im
       [1][Hofbräu Wirtshaus] in der Karl-Liebknecht-Straße in Mitte. Kipping
       besucht den größten [2][Tagestreff für Wohnungslose] in Berlin. Seit dem
       19. Dezember ist er im ersten Stock der Touristengaststätte geöffnet.
       Montag bis Freitag von 10 bis 16 Uhr. An diesem Mittwoch ist er schon kurz
       nach 10 Uhr gut gefüllt.
       
       „Dieser Treffpunkt ist deutlich mehr als eine Essensausgabe“, sagt Kipping
       zu Beginn des Pressetermins. Tatsächlich wird im Obergeschoss des
       Hofbräuhauses auch medizinische Versorgung angeboten, es gibt einen
       Frauenbereich, eine mehrsprachige Sozialberatung und eine Kleiderkammer.
       
       ## Kleiderspenden gewünscht
       
       „Anders als im letzten Jahr ist unsere Kleiderkammer derzeit noch leer“,
       sagt Christin Fritzsche und bittet eindringlich um Spenden. „Wir brauchen
       warme Kleidung, Schlafsäcke, Zelte, aber auch Hygieneartikel.“ Alles kann
       während der Öffnungszeiten in der Karl-Liebknecht-Straße 20 abgegeben oder
       per Paket geschickt werden.
       
       Fritzsche ist Bereichsleiterin der Gebewo für den Tagestreff Mitte. Vier
       Mitarbeitende des Sozialdienstleisters sind seit dem Start im Winter in der
       Karl-Liebknecht-Straße beschäftigt. „Bis zu 300 Menschen können bei uns am
       Tag eine warme Mahlzeit bekommen“, sagt sie. Nach dem Ende der Kältesaison
       wird der Tagestreff im Mai dann in die Traglufthalle am Containerbahnhof in
       Friedrichshain ziehen. Medizinische Betreuung und Beratung werden aber bis
       November in der Karl-Liebknecht-Straße bleiben.
       
       Der Tagestreff wird mit 2,4 Millionen Euro aus Mitteln des EU-Sozialfonds
       finanziert. Das entspricht 32 Euro pro Platz und Tag. „Da sind dann aber
       auch die medizinischen Angebote und der Wachschutz mit dabei“, sagt Björn
       Schwarz, der Geschäftsführer des Hofbräu Wirtshauses. 14 Mitarbeiterinnen
       und Mitarbeiter seiner Gaststätte arbeiten für den Tagestreff. „Wir machen
       damit keinen Verlust, aber auch keine Gewinne“, sagt Schwarz.
       
       Auch Schwarz spricht mit viel Empathie von den Wohnungslosen, betont, wie
       unterschiedlich die Arbeit im Treffpunkt im Vergleich zum Touristengeschäft
       sei. „Man bekommt viel mehr Dankbarkeit zurück, das war für uns eine völlig
       neue Erfahrung.“ Das sei auch der Grund, warum sich viele Mitarbeitende
       auch in diesem Jahr wieder zur Arbeit im Tagestreff gemeldet hätten.
       
       Eine Übernachtungsmöglichkeit gibt es allerdings nicht im Tagestreff Mitte,
       auch keine Duschen. Die stehen dann in der Traglufthalle zur Verfügung, die
       ab Mai auch einen Außenbereich haben wird.
       
       Gut gelaunt ist Katja Kipping an diesem Tag auch, weil sie eine frohe
       Botschaft im Gepäck hat. Denn jenseits der EU-Förderung für den Tagestreff
       steht der Wohnungslosenhilfe in Berlin in diesem und im kommenden Jahr
       deutlich mehr Geld zur Verfügung als in den Vorjahren. 2022 sind es 22,3
       Millionen Euro, im kommenden Jahr 23,8 Millionen. Das ist mehr als doppelt
       so viel wie noch 2021.
       
       Welchen Stellenwert die Wohnungslosenhilfe für sie persönlich habe? „Gleich
       am ersten Tag als Senatorin habe ich mit der BVG telefoniert“, berichtet
       sie. Seitdem gebe es eine Anweisung an die Kontrolleure, bei Obdachlosen
       den „akzeptierenden Ansatz“ zu praktizieren.
       
       Im Hofbräu Wirtshaus gibt Katja Kipping bereits einen Ausblick ins neue
       Jahr. „Berlin wird dann den Vorsitz in der Arbeits- und
       Sozialministerkonferenz haben“, sagt sie. „Mein Ziel wird es sein, dass das
       Thema [3][Housing First] auch zum Leitmotiv für andere Bundesländer wird.“
       
       28 Dec 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.hofbraeu-wirtshaus.de/berlin/
 (DIR) [2] https://www.berlin.de/sen/ias/presse/pressemitteilungen/2022/pressemitteilung.1276565.php
 (DIR) [3] https://www.berlin.de/sen/ias/presse/pressemitteilungen/2022/pressemitteilung.1252685.php
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Uwe Rada
       
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