# taz.de -- Frauen und Rodeln: Immerhin dürfen sie runterkommen
       
       > Doppelsitzerinnen auf Schlitten gibt es noch nicht lange. Doch so schnell
       > wie die Männer sollen sie nicht werden.
       
 (IMG) Bild: Rodeln ihren Weg: Jessica Degenhardt und Cheyenne Rosenthal
       
       Jessica Degenhardt und Cheyenne Rosenthal wurden an diesem Wochenende in
       Oberhof Weltmeisterinnen im Rodel-Doppelsitzer. Sie sind die ersten
       Weltmeisterinnen, denn ihren WM-Erfolg von vor einem Jahr konnten sie
       wiederholen. Und vorher war dieser Sport Frauen schlicht verwehrt. Bald
       soll er auch olympisch werden.
       
       Schaut man ins Regelwerk der Rodler, sieht man überraschenderweise, dass
       Frauen im Doppelsitzer bislang überhaupt nicht ausgeschlossen waren.
       Ausgerechnet diese Disziplin, bei der es sehr auf ein höheres Körpergewicht
       und auf die Gewichtsverteilung ankommt, kannte bislang keine
       Geschlechtertrennung.
       
       Das ausgerechnet im Wintersport! Wo wie selbstverständlich beim
       [1][Curling] an getrennten Männer- und Frauenwertungen festgehalten wird,
       weil Runde-Steine-übers-Eis-schieben ganz bestimmt ganz viel mit, ja, mit
       was eigentlich zu tun hat? Der Wintersport hat ja auch nur etwas mehr als
       100 Jahre gebraucht, um Frauen, die gern mit Skiern von Schanzen springen,
       generös zu erlauben, dass sie dies tun dürfen. Das [2][Frauenspringen] von
       der Großschanze wurde erst jüngst erlaubt. (Doch, so sagt man im Sport:
       Erlaubt ist etwas, das ohnehin ganz viele Menschen machen, wenn es
       plötzlich auch vor den kritischen Augen wichtig ausschauender Kampfrichter
       stattfindet.)
       
       So ähnlich ist es also jetzt bei den Doppelsitzerinnen. Dass sich Frauen
       gemeinsam auf einen Schlitten setzen, hat es tatsächlich in der
       Weltgeschichte schon vorher gegeben. Aber Rodeln im Eiskanal um WM- und
       Weltcup-Erfolge, das ist neu. Denn, in der Sprache der Funktionäre: Bislang
       konnten Frauen das nicht. Oder, in der Sprache der Physik: Sie waren nicht
       schwer genug.
       
       Doch es ist immer noch nicht Schluss mit den merkwürdigen Ausschlüssen.
       Frauen fahren nämlich kürzere Strecken, ihre Startposition ist weiter unten
       in der Bahn. Begründet wird die Ungleichbehandlung damit, dass beim höher
       gelegten Start die Geschwindigkeit und damit die Fliehkräfte größer seien.
       
       Das ist ein interessantes Rumstolpern: Im Doppelsitzer waren bislang Frauen
       laut Regelwerk sehr wohl erlaubt, aber – bedauerliches Schulterzucken der
       Funktionäre –, sie waren nicht gut genug. Im Rodeln untereinander jedoch,
       schließlich gibt es Einerrodeln für Frauen ja schon recht lange, muss
       angeblich bis heute Rücksicht auf die schwächere Konstitution genommen
       werden.
       
       29 Jan 2023
       
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