# taz.de -- Klimaneutrale Bundeswehr bis 2030: Bitte auch grün aufrüsten!
       
       > Über die teure militärische Ertüchtigung der Bundeswehr wird gestritten.
       > Aber sie soll bald auch CO2-neutral sein. Kostet das nicht Milliarden?
       
 (IMG) Bild: Für das Bundeswehr-Klimaziel ist nicht nur der Panzer interessant, sondern auch die Halle dahinter
       
       BERLIN taz | Bei den [1][deutschen Klimaschutz- und Nachhaltigkeitszielen]
       ist die Bundesverwaltung besonders unter Druck: Sie soll bereits 2030
       klimaneutral sein, 15 Jahre früher als Gesamtdeutschland. Dieses Ziel hat
       die Ampelkoalition im Klimaschutzgesetz vorgegeben. Und zur
       Bundesverwaltung gehört die Bundeswehr. Damit diese der Vorgabe gerecht
       werden kann, sind Milliardeninvestitionen nötig. Wie hoch der Bedarf genau
       ist und woher das Geld kommen soll, ist allerdings noch unklar.
       
       Das Problem ist der [2][Gebäudesektor, der 40 Prozent der nationalen
       Treibhausgasemissionen ausmacht]. Bislang gehören der Bundeswehr etwa 1.500
       Liegenschaften und rund 33.000 Gebäude. Und der Bestand könnte noch
       wachsen, denn wegen des laufenden militärischen Ausbaus werden auch weitere
       Kommandogebäude, Lager und Unterkünfte nötig.
       
       Mehr als die Hälfte der aktuellen Bundesbauprojekte seien militärischer
       Natur, gibt das Bundesministerium des Innern und für Heimat an. 40 Prozent
       entfielen auf die Bundeswehr, 15 Prozent auf Partnerarmeen. Zumindest die
       Bauten für die Bundeswehr müssen klimaneutral hochgezogen oder saniert
       werden. Dafür werden neue Baumaterialien und eine bessere Dämmung
       gebraucht. Zudem müssen die Gebäude auch nachhaltig betrieben werden. Laut
       dem Ende vergangenen Jahres veröffentlichten Nachhaltigkeitsbericht der
       Bundeswehr sind hier Solaranlagen und Geothermie die Mittel der Wahl.
       
       ## Konkrete Zahlen fehlen
       
       Ansonsten ist der Bericht keine große Hilfe, wenn es darum geht, wie und zu
       welchen Kosten die Bundeswehr die ambitionierten Vorgaben schaffen will –
       ihn prägt das Bemühen, Zahlen und Bezugsgrößen zu einem positiven
       Zustandsbild zusammenzupuzzeln. Nur ein Beispiel: Damit Verringerungen von
       Emissionen möglichst imposant klingen, werden sie stets mit Basisjahren
       verglichen, die vor den Verkleinerungsrunden der Streitkräfte lagen, etwa
       1990 oder 2005.
       
       Die Infrastrukturprojekte der Bundeswehr werden von den Baubehörden der
       Länder umgesetzt. Planung und Steuerung liegen beim Bundesamt für
       Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr (IUD) in
       Bonn. Aber auch dort weiß man nicht, wie hoch die Kosten sind, um die
       Liegenschaften bis 2030 klimaneutral zu bekommen.
       
       2023 investiert die Bundeswehr etwas mehr als eine Milliarde Euro im
       Baubereich, sagte ein IUD-Sprecher der taz. „Die erweiterten Zielvorgaben
       der Bundesregierung haben zur Folge, dass eine Vielzahl von Baumaßnahmen
       erneut planerisch betrachtet werden muss. Dies erfolgt aktuell und stellt
       eine sehr komplexe Planungsherausforderung dar.“
       
       ## Bis zu 23 Milliarden Euro extra
       
       Allerdings hat das IUD offenbar Zweifel daran, dass das Ziel überhaupt
       erreichbar ist. Schließlich sei das energieeffiziente Bauen abhängig von
       der „Leistungsfähigkeit der Bauverwaltungen, der Verfügbarkeit von
       Baumaterial sowie entsprechender Kapazitäten in der Bauindustrie“. Eine
       Prognose sei deshalb „unter den aktuellen Marktgegebenheiten nicht
       möglich“, so der Sprecher.
       
       Einen groben Ausblick gibt es immerhin im „Masterplan Bundesbauten“ des
       Innenministeriums von 2021. Darin heißt es, das jährliche Bundesbauvolumen
       von 3 Milliarden Euro müsse künftig um 2 bis 3 Milliarden Euro pro Jahr
       aufgestockt werden, der Anteil der Bundeswehr daran betrage auch hier 40
       Prozent. Damit kämen bei den Streitkräften bis zum Ende der Dekade satte 19
       bis 23 Milliarden Euro zusammen. Dabei sind Baunebenkosten – wie Honorare
       für Architekten und Gutachter sowie die Bauaufsicht – noch gar nicht
       enthalten. Diese machen normalerweise schon ein Drittel der Gesamtkosten
       aus, für Bundeswehr-Spezialbedürfnisse wie Sicherheitsstandards fällt
       dieser Kostenteil höher aus. Auch Generalunternehmer verlangen
       Kostenaufschläge von 20 Prozent und mehr. Über einen solchen lässt die
       Bundeswehr zum Beispiel den [3][Fliegerhorst Büchel für die kommenden
       F35-Kampfjets modernisieren], die die Tornadoflotte ersetzen sollen.
       
       Zudem steht der [4][Ausbau der Elektromobilität] an den
       Bundeswehr-Standorten an. Laut dem Nachhaltigkeitsbericht der Bundeswehr
       gibt es derzeit 300 Ladepunkte, bis 2025 sollen 2.700 entstehen. Der
       gesetzlich formulierte Bedarf liege allerdings bei 30.000 Ladestationen,
       heißt es in dem Report.
       
       ## Kritischer Bericht erwartet
       
       Bei Regierungsantritt hatte die Ampelkoalition eine „Kritische
       Bestandsaufnahme für eine Bundeswehr der Zukunft“ vereinbart. In dem noch
       ungebilligten Entwurf des Verteidigungsministeriums, der der taz vorliegt,
       rechnen die Militärplaner damit, dass für den Infrastrukturbereich ein
       Investitionsvolumen von 24 Milliarden Euro nötig ist. Hinzugerechnet werden
       müssten 20 Milliarden Euro extra für die Umsetzung der Klima- und
       Nachhaltigkeitsziele.
       
       Diesen immensen Bedarf bildet der Wehretat mit seinen 50 Milliarden Euro,
       die die mittelfristige Finanzplanung hergibt, nicht ab. Wenn es keine
       Extramittel geben wird, um das Ziel Klimaneutralität umzusetzen,
       konkurrieren die steigenden Kosten mit den Investitionen in die
       militärische Aufrüstung. Das sind keine guten Voraussetzungen für eine
       Armee, die gerade wieder militärisch fit gemacht werden soll.
       
       Die Bundeswehr wurde über drei Dekaden teils zusammengespart, teils hat sie
       vor allem wegen ihres reformbedürftigen Beschaffungswesens schlecht
       gehaushaltet. So sind inzwischen selbst 100 Milliarden Euro Sondervermögen
       nur eine Anschubfinanzierung, um Erneuerungen anzugehen.
       
       Beispiel Munition: Die Bundeswehr hat hier erklärt, einen Bedarf von 20
       Milliarden Euro zu haben, um ihre Bestände durchhaltefähig aufzufüllen.
       Doch im Sondervermögen war kein Platz mehr. Aber auch der Wehretat ist zu
       klein. Er hat für die gesamten Rüstungsinvestitionen lediglich 10
       Milliarden Euro eingeplant.
       
       Das Klimaschutzgesetz sieht vor, dass die Bundesverwaltung im laufenden
       Jahr ein Maßnahmenprogramm vorlegen muss, wie sie die Klimaziele erreichen
       will. Erarbeitet hat es die im Bundeswirtschaftsministerium angesiedelte
       Koordinierungsstelle Klimaneutrale Bundesverwaltung. Diese hat dafür
       sogenannte Innovationsteams aus Behördenmitarbeitern und Experten
       aufgestellt, unter anderem für Mobilität und Liegenschaften. In jedem
       dieser Teams ist auch die Bundeswehr vertreten.
       
       Dieses Programm befindet sich aktuell noch in der Ressortabstimmung. Wann
       es beschlossen werden kann, ist noch unklar, sagte ein Sprecher des
       Wirtschaftsministeriums.
       
       13 Feb 2023
       
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