# taz.de -- Amazon-Urteil in Spanien: Schluss mit Scheinselbstständigkeit
       
       > Nach einem Urteil des Sozialgerichts muss Amazon in Spanien mehr als
       > 2.000 Zusteller festanstellen. Es ist nicht das erste Urteil dieser Art.
       
 (IMG) Bild: „Correos“-Express-Zusteller in der Innenstadt von Ronda, Spanien
       
       MADRID taz | 2.166 Zusteller von [1][Amazon] in Spanien müssen fest
       angestellt werden. Das entschied am Donnertag das Sozialgericht in Madrid.
       Es handle sich bei den Fahrern von Amazon Flex um Scheinselbstständige.
       Geklagt hatten Betroffene mit der Unterstützung durch die
       sozialdemokratische Gewerkschaft UGT. Die Betroffenen seien „gezwungen
       worden, mit ihren eigenen Fahrzeugen zu arbeiten und Pakete mithilfe einer
       Unternehmens-App zu verteilen, über die sie ihre Anweisungen bekamen“,
       heißt es in einer Erklärung der Gewerkschaft zum Urteil.
       
       Das Urteil des hauptstädtischen Sozialgerichts stützt sich auf einen Spruch
       des Obersten Gerichtshofs vom 25. September 2020. Damals wurde der
       Lieferdienst für Essen und Lebensmittel Glovo verurteilt. Dessen Zusteller
       wurden ebenfalls als Scheinselbstständige eingestuft. Auch sie arbeiteten
       mit einer App auf dem Telefon. Das Oberste Gericht sah dennoch ein
       „allgemeines Arbeitsverhältnis“ gegeben.
       
       Glovo sei nicht – wie vom Unternehmen behauptet – reiner Vermittler
       zwischen Händler und Zusteller. Die Organisation per digitaler Plattform
       erfülle „die Elemente der Abhängigkeit und Entfremdung, die für die
       Qualifizierung der analysierten Rechtsverhältnisse (…) als
       Arbeitsverhältnisse ausschlaggebend sind“, heißt es in dem Urteil, das
       jetzt auch auf Amazon angewendet wurde.
       
       Im August 2021 erließ die spanische Regierung ein Gesetz, dass diese Art
       von Scheinselbstständigkeit, wie sie jetzt auch wieder bei Amazon
       festgestellt wurde, eigentlich verbietet. [2][Amazon] hat die Möglichkeit,
       Widerspruch gegen das Urteil einzulegen.
       
       Glovo muss mittlerweile Bußgelder in Millionenhöhe bezahlen. Erst vor einer
       Woche wurde der 2015 gegründete spanische Lieferdienst, der in 1.500
       Städten in 25 Ländern operiert, von der Gewerbeaufsicht in Madrid mit einer
       Strafe in Höhe von 32,9 Millionen Euro belegt. Das Unternehmen hatte trotz
       des Urteils aus 2020 und des Gesetzes von 2021 weiterhin
       scheinselbstständige „Rider“ im Dienst.
       
       ## Noch mehr Bußgelder
       
       Außerdem beschäftigt Glovo in Madrid Fahrer ohne Arbeitserlaubnis. Diese
       teilen sich üblicherweise einen Job mit einem Biker, der eine
       Arbeitserlaubnis hat. Damit ist ein und der selbe Zusteller angeblich bis
       zu 24 Stunden unterwegs. Das Unternehmen habe von dieser Praxis gewusst,
       ist sich die Gewerbeaufsicht sicher. Dafür werden weitere 5,2 Millionen
       Bußgeld fällig. Zusätzlich zu den Strafen muss Glovo für die
       Scheinselbstständigen 19 Millionen Euro an die Sozialversicherung abführen.
       
       Dies war nicht das erste Bußgeld gegen Glovo. In ganz Spanien hat die
       Gewerbeaufsicht bereits 205,3 Millionen Euro an Bußgeldern gegen das
       Unternehmen verhängt. Hinzu kommen 125,3 Millionen Euro an die
       Sozialversicherung. Insgesamt geht es um mehr als 37.000 Rider.
       
       „Kein Unternehmen in Spanien, egal wie groß oder klein, steht über dem
       Gesetz“, erklärte die linksalternative Arbeitsministerin Yolanda Díaz nach
       dem Bußgeldbescheid und erinnerte daran, dass das Gesetz im wiederholten
       Falle des Verstoßes Haftstrafen von bis zu sechs Jahren gegen die
       Verantwortlichen vorsieht.
       
       3 Feb 2023
       
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