# taz.de -- Shell springt bei Hamburger Projekt ab: Wasserstoffwende fehlt die Kohle
       
       > Hamburg will eine große Anlage bauen, die grünen Strom in Wasserstoff
       > verwandelt. Jetzt ist mit Shell ein großer privater Geldgeber
       > abgesprungen.
       
 (IMG) Bild: Will Wasserstoff verkaufen, aber nicht produzieren – jedenfalls nicht in Hamburg
       
       Bei einem Leuchtturm-Projekt der Hamburger Energiewende ist einer der
       großen privaten Projektpartner abgesprungen. Wie Shell auf Anfrage der taz
       bestätigte, hat der Energiekonzern „beschlossen, den Hamburg Green Hydrogen
       Hub (HGHH) in Moorburg zu verlassen“. Shell werde sich anschließend aus dem
       HGHH-Konsortium zurückziehen und die Kapazitäten auf andere
       Shell-Wasserstoffprojekte konzentrieren.
       
       Der Rückzug von Shell ist ein [1][Rückschlag für die Bemühungen des Senats,
       Hamburg zu einem führenden Standort der Wasserstoffwirtschaft in Europa zu
       machen], wie es Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) im Oktober
       formuliert hat. Denn der Absprung von Shell gefährdet den Plan, einen
       mindestens 100 Megawatt großen Elektrolyseur im Hafen zu bauen.
       
       Die Anlage soll aus [2][überschüssigem grünem Strom Wasserstoff herstellen]
       und damit Energie speichern. Damit sitzt sie wie eine Spinne mitten im Netz
       zwischen Energieerzeugern und Verbrauchern. Denn der aus Wind und Sonne
       erzeugte Wasserstoff kann wieder in Treibstoffe, Grundstoffe der chemischen
       Industrie oder etwa für die Stahlverhüttung verwendet werden.
       
       Der Elektrolyseur ist das teuerste von acht Projekten des
       Wasserstoffverbund Hamburg, die der Bund im vergangenen Jahr für eine
       Förderung ausgewählt hat. Grundlage dafür ist das europäische
       Förderinstrument „Important Projects of Common European Interest“ (IPCEI),
       das Ausnahmen vom Subventionsverbot erlaubt.
       
       ## Vattenfall als Investor wackelt auch
       
       Die Gesamtinvestition von fast 700 Millionen Euro wollen Bund und Land mit
       gut 150 Millionen Euro fördern. [3][Der Löwenanteil sollte einer
       Absichtserklärung vom Januar 2021 zufolge von den städtischen Hamburger
       Energiewerken (HENW, 25,1 Prozent), Mitsubishi, Shell und damals noch
       Vattenfall kommen].
       
       Dem schwedischen Staatskonzern gehört das stillgelegte Steinkohlekraftwerk
       Moorburg, auf dessen Gelände der Elektrolyseur gebaut werden soll.
       Vattenfall sehe sich nach wie vor als „strategischer Partner an Bord“,
       sagte Sprecher Stefan Müller der taz. [4][Vattenfall wolle grüne Energie]
       für den Elektrolyseur liefern. „Wir haben von Anfang an offen gelassen, ob
       wir uns am Bau und der Finanzierung des Elektrolyseurs beteiligen“, sagte
       Müller.
       
       Vattenfall will aber nach wie vor das Grundstück zur Verfügung stellen.
       Sein Unternehmen habe sich bereits zu Beginn des Jahres offen für einen
       Verkauf des Kraftwerksgeländes gezeigt, sagte Müller. „Derzeit finden
       konstruktive Gespräche mit den Hamburger Energiewerken über eine
       Veränderung der Eigentümerstruktur statt.“ Gemeinsames Ziel sei es, den
       Energiestandort am Hamburger Hafen nachhaltig und zukunftssicher zu
       entwickeln und den Rückbau zu organisieren.
       
       Unternehmenssprecherin Katrin Satizabal versicherte, Shell habe sich die
       Entscheidung nicht leicht gemacht. „Bei jeder Projektentwicklung prüfen wir
       mit viel Aufwand alle Anforderungen, bevor wir Entscheidungen treffen – von
       [5][Technik, Sicherheit, Vorschriften], Stakeholder-Unterstützung bis hin
       zu Finanzen.“ Das gelte auch für Hamburg. Auf Grundlage der in den letzten
       zwei Jahren gewonnenen Erkenntnisse und deren Vergleich [6][mit anderen
       Shell-Wasserstoffprojekten] habe Shell jedoch beschlossen, den Hamburg
       Green Hydrogen Hub in Moorburg zu verlassen.
       
       ## „Hervorragender Standort“
       
       „Gleichwohl halten wir Hamburg weiterhin für einen hervorragenden Standort
       als Wasserstoffdrehscheibe, der auch in Zukunft ein wichtiger Bestandteil
       unserer strategischen Überlegungen und Planungen bleiben wird“, versicherte
       die Sprecherin. Der Konzern wolle ein bedeutendes Wasserstoffgeschäft
       aufbauen, zu dem neben einem Tankstellennetz Elektrolyseure gehörten. Shell
       habe schon mehrere gebaut und arbeite derzeit an Europas größtem
       Elektrolyseur in Rotterdam.
       
       Hamburgs Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) äußerte sein Bedauern, dass
       Shell als Partner des geplanten Elektrolyseurs auf eigenen Wunsch
       ausscheide. Bereits bei der Bildung des Konsortiums habe es jedoch
       zahlreiche andere Interessenten gegeben. Deshalb bestehe auch jetzt kein
       Mangel an potenziellen Kooperationspartnern und es liefen die notwendigen
       Vorbereitungen und Gespräche. „Die Planungen für eine
       100-Megawatt-Elektrolyse auf dem Gelände des Kraftwerks Moorburg gehen ohne
       Unterbrechung weiter“, versicherte der Senator.
       
       Ein Scheitern der Pläne kann sich Kerstan kaum leisten, weil sonst andere
       Projekte weniger wirtschaftlich wären: Erst vor einer Woche meldete der
       rot-grüne Senat, dass der Bund 55 Millionen Euro Fördergeld für das
       Hamburger Stahlwerk von Arcelor Mittal genehmigt habe. Das Geld soll
       helfen, die Stahlproduktion von Erdgas auf Wasserstoff umzustellen.
       
       27 Feb 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Labor-fuer-die-Energiewende/!5761058
 (DIR) [2] /Der-Norden-pusht-den-Wasserstoff/!5700679
 (DIR) [3] /Wasserstoff-statt-Kohle-in-Moorburg/!5743835
 (DIR) [4] https://group.vattenfall.com/de/was-wir-tun
 (DIR) [5] https://www.ikem.de/stellungnahme-elektrolyseure/
 (DIR) [6] https://www.shell.de/energiewende/energiewende-in-deutschland.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gernot Knödler
       
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