# taz.de -- Abwahl von linkem Bürgermeister: Thüringer Eklat mit Ansage
       
       > Die SPD in Hildburghausen hat mit der AfD für die Abwahl von
       > Linken-Bürgermeister Kummer gesorgt. Ein „politischer Flurschaden“, so
       > Landeschef Maier.
       
 (IMG) Bild: Tilo Kummer, abgewählter Bürgermeister von Hildburghausen, am Montag nach seiner Stimmenabgabe
       
       DRESDEN taz | Das Zusammenwirken der SPD mit rechten Kräften bei der Abwahl
       des Bürgermeisters Tilo Kummer (Linke) in der südthüringischen Stadt
       Hildburghausen hat für zwei SPD-Stadträte Konsequenzen. [1][Thüringens
       SPD-Landeschef und Innenminister Georg Maier] hatte die Stadträte bereits
       vor der Stadtrats-Abstimmung im Dezember davor gewarnt, als Beschaffer für
       die erforderliche Zweidrittelmehrheit zu fungieren.
       
       Stadträtin Carolin Seifert trat daraufhin aus der Partei aus. Die AfD, der
       Kandidat des rechtsextremen „Bündnisses Zukunft Hildburghausen“, die aus
       ausgetretenen CDU-Räten bestehende Vereinigung „Pro Hildburghausen“, die
       Feuerwehr und eben die SPD beschlossen jedoch gegen die sechs Stimmen der
       Linken einen Bürgerentscheid.
       
       Noch bevor dieser am vergangenen Sonntag stattfand, beschloss der
       SPD-Landesvorstand deshalb am 23. Februar ein Parteiordnungsverfahren gegen
       Stadtrat Ralf Bumann und seinen Sohn Michael. Ein Schiedsgericht muss nun
       über Parteistrafen bis hin zum Ausschluss befinden. Durch den äußerst
       knappen Bürgerentscheids verliert Tilo Kummer jetzt sein Bürgermeisteramt.
       2.802 Bürger, also mindestens 30 Prozent der Wahlberechtigten, hätten sich
       laut Gemeindeordnung gegen ihn aussprechen müssen, 2.853 taten dies dann
       auch tatsächlich.
       
       Kummer war 2020 im ersten Wahlgang mit 51,8 Prozent der Stimmen gewählt
       worden. Er gilt eigentlich als versierter Kommunalpolitiker und war lange
       in der Linksfraktion des Thüringer Landtags tätig. Die Gebietsreform, für
       die er sich während der ersten rot-rot-grünen Regierungszeit 2014 bis 2019
       vehement eingesetzt hatte, scheiterte allerdings weitgehend. In
       Hildburghausen werfen ihm Gegner mangelnde Kommunikation, etwa mit der
       Feuerwehr, bei Bau eines Schwimmbads und einer Kita vor.
       
       ## SPD-Landeschef Maier: Rote Linie wurde überschritten
       
       Der SPD-Landesvorsitzende Maier bedauerte die Abwahl Kummers, die „großen
       politischen Flurschaden“ angerichtet habe. Insbesondere auf dem Weg dahin
       sei „die rote Linie überschritten worden“. Er verwies nochmals darauf, dass
       die Hürden zur Abwahl eines gewählten Bürgermeisters bewusst hoch angesetzt
       werden. Gemeinsam mit dem SPD-Kreisvorsitzenden Thomas Jakob hatte Maier
       wiederholt versucht, bei persönlichen Besuchen einen Ausgleich in
       Streitfragen herbeizuführen und die drei Stadträte umzustimmen. Kurz vor
       dem Stadtratsvotum wurde er allerdings krank.
       
       Im Rückblick zeigt sich, dass der Thüringer Eklat einer mit Ansage ist.
       Bereits im August 2020 hatten sich SPD und rechte Fraktionen im
       Hildburghausener Stadtrat gegen den erst ein halbes Jahr zuvor gewählten
       Bürgermeister Kummer verbündet. Auch damals ging es um das Freibad und um
       den Neubau einer Kinderkrippe. Der damalige SPD-Landesvorsitzende und
       Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee schloss daraufhin jede
       Zusammenarbeit mit „Demokratieverächtern“ aus.
       
       Persönliche Interessenverquickungen und ein vermeintlicher Südtthüringer
       Starrsinn ließen einen solchen Horizont bei den SPD-Stadträten offenbar
       nicht zu. Während der Pandemie blieb hier die Impfquote extrem niedrig, der
       Widerstand gegen staatliche Schutzmaßnahmen wuchs hingegen. Nicht von
       ungefähr kandidierte hier der jetzt vom CDU-Ausschluss bedrohte Hans-Georg
       Maaßen 2021 zur Bundestagswahl.
       
       Und nur wenige Kilometer entfernt liegt Themar, wo auf einem AfD-Grundstück
       [2][Nazikonzerte mit Tausenden Teilnehmern] stattfanden. In einem Gasthof
       bei Kloster Veßra betreibt d[3][er ehemalige NPD-Aktivist Tommy Frenck] ein
       Szenelokal und einen Versandhandel.
       
       Richtigstellung 
       
       Die taz hat an dieser Stelle Tommy Frenck als NPD-Aktivist bezeichnet.
       Diese Behauptung ist falsch. Tommy Frenck ist nach eigenen Angaben im
       Frühjahr 2009 aus der NPD ausgetreten. Wir bitten den Fehler zu
       entschuldigen.
       
       27 Feb 2023
       
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 (DIR) Michael Bartsch
       
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