# taz.de -- Falschaussagen bei Fox News: Es ging nie um Journalismus
       
       > Rupert Murdoch hat Lügen seines Senders Fox News über die US-Wahl
       > zugegeben. Ein Lehrstück über Abgründe bei kommerziellen
       > Medienunternehmen.
       
 (IMG) Bild: Medienmogul Murdoch ging Trump nicht aus dem Weg – im Gegenteil
       
       BERLIN taz | Es ist doch immer wieder schön, der Geschichte beim
       Sichwiederholen zuzusehen. „This is the most humble day of my life“, es sei
       der demütigste Tag seines Lebens, heuchelte Rupert Murdoch vor ziemlich
       genau elf Jahren im April 2012 vor der Untersuchungskommission von
       Lordrichter Brian Leveson in London. Damals ging es um diverse
       Abhörskandale bei Murdochs Boulevardblatt News of The World. Dessen
       Reporter*innen hatten sich in Telefonate und Mailboxen Dutzender
       Menschen gehackt, von Mitgliedern der Königsfamilie und Fußballprofis bis
       hin zu Opfern von Gewaltverbrechen.
       
       Jetzt musste sich der 91-Jährige in einem anderen Fall vor dem Supreme
       Court des US-Bundesstaats Delaware äußern und gab wieder den geläuterten
       Medienmogul. Diesmal geht es um seinen [1][rechtsaußen agierenden
       „Nachrichten“-Sender Fox News]. Der hatte nach den US-Wahlen 2020 den
       Unterstellungen von Donald Trump breiten Raum gegeben, ihm sei der Wahlsieg
       durch Manipulation und Betrug „gestohlen“ worden.
       
       „Im Rückblick“ hätte er sich gewünscht, „dass wir das stärker angeprangert
       hätten“, erklärte Murdoch. [2][Aber natürlich habe nicht Fox als Sender das
       Trump-Narrativ] von der manipulierten Wahl transportiert und sich zu eigen
       gemacht, „sondern nur einzelne Moderator*innen“.
       
       Geht klar: Wenn seinerzeitiges Spitzenpersonal wie Maria Bartiromo, Lou
       Dobbs, Sean Hannity und Jeanine Pirro dem durchsichtigen Lügenmärchen von
       Trump und seinen korrupten Anwält*innen bis kurz vor dem Sturm aufs
       Kapitol im Januar 2021 munter weiter Zunder geben, hat das mit dem Sender
       und seiner redaktionellen Linie natürlich rein gar nichts zu tun. Der
       „Dirty Digger“ Murdoch hat sich hier mal wieder in seiner eigenen
       Verlogenheit verlaufen.
       
       ## Kollateralschaden an der Demokratie weggelächelt
       
       Aus den unter anderem von der New York Times veröffentlichen Gerichtsakten
       geht hervor, dass er selbst Trump zum Trottel erklärte und dessen
       Obsession, einen vermeintlichen Wahlbetrug zu beweisen, als „schlimmes
       Zeug, das allen schadet“, bezeichnet hat.
       
       Murdoch gab auch zu, dass er als Vorstandschef von Fox problemlos die
       Anweisung hätte geben können, Trump-Anwälte wie Sidney Powell oder Rudy
       Giuliani nicht vor die Kamera zu lassen und ihre haltlosen Unterstellungen
       auch noch breit zu diskutieren. „I could have. But I didn’t“, sagte
       Murdoch: Ich hätte es tun können, habe es aber nicht getan.
       
       Und natürlich sind auch die von ihrem obersten Chef vorgeschobenen
       Moderator*innen nicht im Ansatz so verstrahlt, dass sie den von ihnen
       ventilierten Quatsch für bare Münze genommen hätten. „Die ganze Geschichte,
       die Sidney [Powell] da verkauft hat, habe ich nicht für eine Sekunde
       geglaubt“, erklärte Sean Hannity laut den Gerichtsakten.
       
       Trotzdem hat Fox munter weiter über den angeblichen Wahlbetrug berichtet
       und dessen Protagonist*innen reichlich Sendezeit eingeräumt. Denn es
       ging nie um Nachrichten, Journalismus oder gar die Wahrheit, sondern wie
       stets im Murdoch-Reich ums schnöde Geld. Fox wollte schlicht seine Klientel
       nicht noch mehr vergraulen. Denn das eigentlich treue Publikum des
       Nachrichtenkanals hatte sich seit Mitte 2020 eh schon ungnädig gezeigt,
       weil nicht alle bei Fox mehr die unbedingte Unterstützung für Trump
       zeigten.
       
       Weniger Zuschauer*innen bedeuten weniger Einnahmen. Weshalb [3][Fox
       News] Chefin Suzanne Scott noch am 5. Januar 2021 in einem Gespräch mit
       [4][Murdoch davon abriet, Trumps Niederlage und den Sieg von Joe Biden
       zuzugeben]. „Wir müssen vorsichtig sein, dass wir die Zuschauer*innen
       nicht vergrätzen“ („pissing off the viewers“), so ehrlich steht es jetzt in
       den Gerichtsakten.
       
       Für Murdoch könnte das sehr, sehr teuer werden. Denn konkret geht es bei
       dem Verfahren in Delaware um eine Klage des Wahlmaschinenherstellers
       Dominion. Weil Trump und Konsorten Dominion unterstellten, sie hätten
       Stimmen für Trump einfach Biden zugeschlagen, laufen aktuell diverse
       Klagen. Dominion fordert 1,6 Milliarden Dollar von Fox beziehungsweise
       Murdoch wegen Verleumdung.
       
       ## Ersatz made by Murdoch
       
       Dass erstmals überhaupt so ein Fall vor Gericht zugelassen wurde – die
       Hauptverhandlung soll im April beginnen –, ist eine gute Nachricht. Möge
       Rupert verlieren! Eine solche Summe zahlt selbst er nicht mal eben aus der
       Portokasse.
       
       Das Ganze ist aber auch ein Lehrstück darüber, wo die Abgründe bei
       kommerziellen Medienunternehmen liegen, die nur aufs Geld und vielleicht
       noch auf politischen Einfluss aus sind. Murdoch hatte sich Trump
       schließlich nur an den Hals geschmissen, weil er hier – leider zu Recht –
       ein gutes Geschäft witterte. Dass dabei als Kollateralschaden mindestens
       die Demokratie in den USA ein Stück weit unter die Räder gekommen ist,
       lächelt er dabei kalt weg.
       
       Dass Murdoch sich und Fox jetzt auch noch mit dem „First Amendment“ und
       Meinungsfreiheit verteidigt, ist schlicht eine Frechheit. Aber allen
       Ernstes erklären die Fox-Anwälte, dass die „Medienwelt zum Stillstand“
       gebracht würde, falls Dominion vor Gericht durchkäme, weil so selbst „basic
       reporting“ verhindert würde.
       
       In Großbritannien musste Murdoch seinerzeit die Sonntagszeitung News of the
       World dichtmachen. Auch um FoxNews wäre es nicht schade. Doch nützt solche
       Symbolpolitik wenig. In London bekam einfach [5][Murdochs werktägliche
       Boulevardzeitung Sun eine Sonntagsausgabe] und macht mit allen miesen
       Methoden weiter. Und auch für Fox fände sich garantiert leicht Ersatz made
       by Murdoch.
       
       So taugt das Ganze vor allem als Beleg, warum mit Blick auf Nachrichten,
       Journalismus und Wahrheit ein öffentlich-rechtliches Mediensystem eine
       zwar nicht perfekte, aber ziemlich gute Idee ist.
       
       28 Feb 2023
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Steffen Grimberg
       
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