# taz.de -- Urteil gegen Syrer in Berlin: Lebenslang für Kriegsverbrecher
       
       > Ein Gericht verhängt gegen einen 55-Jährigen die Höchststrafe. Er hatte
       > 2014 in Syrien in eine Menschenmenge geschossen, die auf Hilfsgüter
       > wartete.
       
 (IMG) Bild: Hier fiel am Donnerstag das Urteil: das Berliner Kammergericht
       
       BERLIN dpa | Mehr als acht Jahre nach einem Angriff mit mehreren Toten in
       der [1][syrischen Hauptstadt Damaskus] hat das Berliner Kammergericht einen
       55-Jährigen zur Höchststrafe verurteilt. Die Richter*innen befanden den
       Mann palästinensischer Herkunft am Donnerstag des besonders schweren
       Kriegsverbrechens sowie des vierfachen Mordes und versuchten Mordes in zwei
       Fällen für schuldig. Sie verhängten eine lebenslange Freiheitsstrafe. Zudem
       stellte der 2. Strafsenat die besondere Schwere der Schuld fest, wodurch
       eine vorzeitige Haftentlassung nach 15 Jahren nahezu ausgeschlossen wäre.
       
       Nach Überzeugung des Gerichts schoss der Mann am 23. März 2014 im Stadtteil
       Al Yarmouk [2][gezielt mit einer Panzerabwehrwaffe in eine Menschenmenge.]
       „Um dem Hungertod zu entgehen“, hätten sich die Menschen dort bei der
       Verteilung von Hilfsgütern versammelt, so die Vorsitzende Richterin, Delia
       Neumann, bei der Urteilsverkündung.
       
       Der Anschlag sei ein Racheakt gewesen, nachdem der 25 Jahre alte Neffe des
       Mannes kurz zuvor bei einem Schusswechsel mit Kämpfern der „Freien
       Syrischen Armee“ (FSA) getötet worden sei. „Er war an diesem Tag noch immer
       wütend darüber“, sagte die Richterin. Der 55-Jährige habe unvermittelt mit
       einer RPG7 in die Menge gefeuert. „Er handelte in der Absicht zu töten“, so
       Neumann.
       
       Mindesten vier Menschen seien dadurch getötet worden und zwei Männer schwer
       verletzt. „Es spricht sehr viel dafür, dass es deutlich mehr Tote und
       Verletzte gab“, sagte die Richterin.
       
       Das Gericht folgte nach knapp 40 Verhandlungstagen mit seinem Urteil im
       Wesentlichen dem Antrag der Bundesanwaltschaft. Diese war allerdings in
       ihrer Anklage von Mord in sieben Fällen ausgegangen. Die Verteidigung hatte
       auf Freispruch plädiert. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Es ist dagegen
       eine Revision möglich.
       
       Der staatenlose Mann war Anfang August 2022 in Berlin gefasst worden und
       sitzt seither in Untersuchungshaft. Bis zu seiner Inhaftierung hat er nach
       Gerichtsangaben als anerkannter Flüchtling in der Hauptstadt gelebt.
       
       Zum Tatzeitpunkt soll er nach Behördenangaben einer palästinensischen
       Gruppierung angehört haben, vermutlich der Miliz „Free Palestine Movement“
       (FPM). Am Tattag ist es nach dem Urteil seine Aufgabe gewesen, die
       Verteilung von Lebensmittelpaketen durch das Hilfswerk der Vereinten
       Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) zu
       beaufsichtigen.
       
       23 Feb 2023
       
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