# taz.de -- Ostereiersuche auf dem Spielplatz: Der Eierdieb
       
       > Jeden Ostersonntag holen wir beim Spielplatz nebenan unsere Eier-Ration
       > für die nächsten 14 Tage. Dieses Jahr kam Herr Nöllemeier dazwischen.
       
 (IMG) Bild: Steckt hinter der Sache mit den Eiern: Der Osterhase, hier unterwegs in Brandenburg
       
       Ostern wurde der Prophet Jesus geboren … Ich meine natürlich, da wurde er
       wiedergeboren. Genauer gesagt, am Ostermontag. Am Karfreitag, drei Tage
       davor, hatten ihn die Italiener auf bestialische Weise an einen
       Holzpfosten genagelt.
       
       Das große Verdienst von Ostern ist, das wurde mir am Wochenende nochmal
       klar, dass durch das damalige Ereignis eines der größten Rätsel der
       Menschheit gelöst wurde, nämlich die spannende Frage, ob das Ei vom Huhn
       oder das Huhn vom Ei abstammt.
       
       Jetzt wissen wir: keins von beiden! Es war der [1][Osterhase], der das Ei
       auf die Erde geschleppt hat! Aber warum er es dann sofort versteckt hat,
       das wissen wir nicht.
       
       Egal, das [2][Osterfest] sollte auch diesmal gerade deshalb klasse werden.
       Schließlich geht man mit den Kindern zum Spielplatz und während sie
       stundenlang hinter jedem Baum nach bunten Eiern suchen, kann man in Ruhe
       Tee trinken, Eier mit Suçuk essen und mit Nedim Backgammon spielen. Das
       Schöne dabei ist: Noch zwei Wochen danach ernähren wir uns ausschließlich
       von den gefundenen bunten Eiern. 14 Tage lang gibt’s dann Eier-Salat,
       Eier-Nudeln, Eier-Brot, Eier-Toast und Eier-Eier.
       
       Also gingen wir wie jedes Jahr am Ostersonntag auf den Spielplatz bei uns
       an der Ecke, um unser Essen abzuholen. Nur diesmal kamen uns auf dem Weg
       dahin unser Nachbar Nöllemeier mit seiner Frau und seinen Kindern entgegen.
       
       „Herr Engin, das ist gut, dass Ihr in diesem Jahr so spät kommt. Endlich
       konnten meine Kinder die Eier einsammeln, die ich für sie versteckt hatte“,
       freute er sich.
       
       „Schön für Sie. Der gute Osterhase hat für meine Kinder bestimmt auch viele
       schöne [3][Eier] versteckt – wie immer“, antwortete ich cool.
       
       „Nein, Herr Engin, das war nicht der Osterhase! Ich war es. Das waren immer
       unsere Eier! Wir haben jedes Jahr die ganzen Eier für viel Geld gekauft,
       sie tagelang mit großer Mühe angemalt und ich habe sie frühmorgens hier auf
       dem Spielplatz versteckt. Aber noch bevor ich mit meinen Kindern wieder
       hierher kommen konnte, waren Sie jedes Mal mit Ihren Blagen schon da,
       stürzten sich auf unsere Eier und haben sie sofort mit viel Salz und
       Pfeffer runter gewürgt.“
       
       „Aber Herr Nöllemeier, was erzählen Sie denn da? Jedes Kind weiß doch, dass
       diese bunten Eier vom Osterhasen gebracht werden. Deshalb heißt das ganze
       doch Ostern.“
       
       „Nein, Herr Engin, ich bin das immer gewesen“, rief er aufgebracht.
       
       „Herr Nöllemeier, auch wenn Sie so aussehen – Sie sind nicht der
       Osterhase“, konterte ich.
       
       Ich weiß nicht, ob es ein böser Zufall war, aber wir fanden tatsächlich
       trotz intensivster Suche bis tief in die Nacht kein einziges Ei. Diese
       unverschämten Diebe haben unser Essen für die nächsten 14 Tage geklaut!
       Glauben Sie mir, so entstehen Glaubenskriege!
       
       Aber jetzt weiß ich wenigstens, warum der Hase damals die Eier sofort
       versteckt hat, als Jesus auferstanden ist. Der gute [4][Jesus] war wohl
       leider genau wie unser Nachbar Nöllemeier ein Eierdieb.
       
       13 Apr 2023
       
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