# taz.de -- Konflikt um Justizreform in Israel: Verteidigungsminister ist zurück
       
       > Der von Ministerpräsident Netanjahu gefeuerte Yoav Gallant ist wieder auf
       > seinem Posten. Netanjahu begründet das mit der angespannten
       > Sicherheitslage.
       
 (IMG) Bild: Gegen die Reform, gegen Netanjahu: Die Proteste in Israel halten an
       
       TEL AVIV taz | Der gefeuerte israelische Verteidigungsminister Yoav Gallant
       ist zurück im Amt. Das verkündete Ministerpräsident Benjamin Netanjahu in
       einer Rede an die Nation am Montagabend. Netanjahu hatte seinen
       Parteifreund und Verteidigungsminister vor zwei Wochen entlassen, nachdem
       dieser gefordert hatte, die umstrittene Justizreform vorerst auf Eis zu
       legen.
       
       Seine Begründung dafür: Durch die innenpolitische Krise werde [1][Israel
       sicherheitspolitisch geschwächt] und die Israel feindlich gesinnten Länder
       könnten dies ausnutzen, um das kleine Land am Mittelmeer anzugreifen.
       
       Seine Entlassung hatte damals die Massenproteste gegen die Justizreform auf
       ein neues Niveau gehoben und führte schließlich dazu, dass die Regierung
       die geplante Reform vorerst aussetzte.
       
       Nun also die Kehrtwende und die Rehabilitierung Gallants. Der Grund dafür
       dürfte tatsächlich die prekäre Sicherheitssituation sein – also ebendas
       Szenario, vor dem Gallant vor seiner Entlassung gewarnt hatte. Die
       vergangene Woche war von [2][Raketen aus dem Gazastreifen, Libanon und
       Syrien geprägt.] Hinzu kamen zwei Anschläge am vergangenen Freitag, in
       deren Folge drei Israelis und ein italienischer Tourist starben.
       
       ## Bei Neuwahlen würde die Regierung abgewählt
       
       Es hagelte Kritik an der Regierung von allen Seiten – und
       Umfrageergebnisse, die Netanjahu zum Schlottern gebracht haben dürften.
       Seine Likudpartei allein verlor 12 Sitze, die jetzige Regierungskoalition
       wäre dem Untergang geweiht, gäbe es heute Neuwahlen.
       
       Gallant reagierte auf seine Rehabilitierung mit einem Tweet, der Einigkeit
       signalisieren sollte: „Wir machen zusammen weiter mit voller Kraft, um
       Israels Sicherheit willen.“
       
       Doch abgesehen von diesem Schritt ist Netanjahu weit davon entfernt, die
       Verantwortung für die Eskalation bei seiner Regierung zu suchen. Die
       Schuldigen in seiner Rede an die Nation waren klar: Die anderen – die
       Opposition und alle, die sich den Plänen der Justizreform in den Weg
       stellen.
       
       In seiner Fernsehansprache sprang Netanjahu auf eine Argumentation auf, die
       gerade unter Rechten die Runde macht: Die derzeitigen Angriffe auf Israel
       seien auf einen Deal zurückzuführen, den die vorherige Regierung unter dem
       jetzigen Oppositionsführer Yair Lapid im Oktober letzten Jahres
       unterzeichnet hat: In [3][dem Abkommen haben sich Libanon und Israel] über
       die Demarkation der Seegrenze im Mittelmeer geeinigt und damit ihren Streit
       um Offshore-Gasfelder beigelegt. Netanjahu behauptete in seiner Rede, die
       vorherige Regierung habe Schwäche gezeigt und Israels Feinde ermutigt. Auch
       behauptete er fälschlicherweise, dass das Abkommen mit der Hisbollah, dem
       militanten libanesischen Arm Irans, abgeschlossen worden sei.
       
       ## Oppositionsführer Lapid begrüßt Kehrtwende
       
       Den [4][Reservesoldat*innen, die angesichts der Justizreform ihren Dienst
       verweigern], warf er vor, den „Feinden Israels eine Gelegenheit zum
       Angriff“ auf Israel zu bieten.
       
       Oppositionsführer Yair Lapid von der zentristischen Zukunftspartei begrüßte
       die Kehrtwende Netanjahus in Sachen Gallant. Im gleichen Atemzug warf er
       Netanjahu vor, „vor der Nation die Kontrolle zu verlieren“, während „unsere
       Feinde weiterhin wertvolle Menschenleben fordern und das Blut unserer
       Brüder und Schwestern auf den Straßen vergossen wird“.
       
       11 Apr 2023
       
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