# taz.de -- Massive Ausweitung des Emissionshandels: EU-Parlament billigt Klima-Gesetze
       
       > Der Europäische Emissionshandel wird reformiert, zudem soll es einen
       > Klimazoll geben. Jetzt müssen noch die Mitgliedstaaten zustimmen.
       
 (IMG) Bild: In die Reform des europaweiten Emissionshandels wird nun auch die Schifffahrt einbezogen
       
       BRÜSSEL afp | Im Kampf gegen den Klimawandel hat das Europaparlament eine
       massive Ausweitung des Emissionshandels beschlossen. Das Plenum des
       Parlaments stimmte am Dienstag in Straßburg mit breiter Mehrheit [1][einer
       Reform zu], die erstmals auch den Schiffsverkehr und den Gebäudesektor
       einbezieht. Für sie gilt künftig: Wer klimaschädliche Treibhausgase
       ausstößt, muss Verschmutzungsrechte kaufen. EU-Kommissionspräsidentin
       Ursula von der Leyen sprach auf Twitter von einem „Meilenstein“.
       
       Der CDU-Europaabgeordnete Peter Liese sprach in Straßburg vom „größten
       Klimaschutz-Gesetz aller Zeiten“. Es sei „von einer riesigen Mehrheit im
       Europäischen Parlament unterstützt“ worden, lobte der Abgeordnete, der die
       Grundzüge des Pakets im Dezember in einer Marathonsitzung mit den
       Mitgliedstaaten ausgehandelt hatte. Die Reform ist Teil des Klimaplans „Fit
       for 55“, mit dem die EU ihren Treibhausgasausstoß bis 2030 um mindestens 55
       Prozent im Vergleich zu 1990 senken will.
       
       Den europäischen Emissionshandel (ETS) gibt es seit 2005, also seit fast
       zwei Jahrzehnten. Die Idee: Kohlendioxid (CO2) bekommt einen Preis. Wer zu
       viel ausstößt, muss Verschmutzungszertifikate kaufen.
       
       Mit der Reform wird nun erstmals die Schifffahrt mit einbezogen. Außerdem
       erhalten Fluggesellschaften, die für Flüge innerhalb der EU bereits jetzt
       Emissionszertifikate brauchen, schrittweise weniger kostenlose
       Verschmutzungsrechte. Ab 2026 sollen sie dann gänzlich selbst dafür
       bezahlen.
       
       ## Klimazoll für das EU-Ausland
       
       Daneben soll es ab 2027 einen eigenen Handel mit Verschmutzungszertifikaten
       für Gebäude und den Straßenverkehr geben. Die Preise für fossile
       Energieträger wie Diesel oder Heizöl dürften dadurch für die Verbraucher in
       vielen Ländern steigen. Das ist politisch gewollt, um sie zum Umstieg auf
       klimafreundliche Alternativen zu bewegen.
       
       In Deutschland dürfte das kaum Folgen haben: Hierzulande gilt für Kraft-
       und Heizstoffe bereits seit 2021 das sogenannte
       Brennstoff-Emissionshandelsgesetz, das in der Einführungsphase bis 2027
       zunächst einen fixen, jährlich steigenden CO2-Preis pro Tonne für Benzin,
       Diesel, Heizöl oder Erdgas festlegt. Der nationale Emissionshandel soll
       laut Bundeswirtschaftsministerium dann in den europäischen überführt
       werden. Der Anpassungsbedarf sei aber „gering“.
       
       Um benachteiligten Haushalten und Unternehmen zu helfen, sieht die EU ab
       2026 einen milliardenschweren „Klimasozialfonds“ vor. Dieser werde Bürgern
       dabei helfen, „ihre Häuser zu isolieren, eine Wärmepumpe zu installieren
       oder ein Elektroauto zu kaufen“, versprach der für den Klimaschutz
       zuständige EU-Vizekommissionspräsident Frans Timmermans auf Twitter.
       
       Auf massive Kritik etwa bei Grünen oder Sozialdemokraten stößt allerdings,
       dass der Fonds mit 86,7 Milliarden Euro deutlich schmaler ausfällt als
       ursprünglich vorgeschlagen. Dies sei „ein Tropfen auf dem heißen Stein“,
       rügte etwa die Grünen-Abgeordnete Henrike Hahn.
       
       Darüber hinaus führt die EU eine Art Klimazoll für Drittländer ein, den
       sogenannten Kohlendioxid-Grenzausgleichsmechanismus. Er soll
       „Klima-Dumping“ verhindern. So nennt es die EU, wenn etwa China Produkte
       auf den europäischen Markt wirft, die dort mangels Klimaauflagen deutlich
       billiger produziert werden können.
       
       In Deutschland stößt die EU-Einigung auch bei Teilen der Opposition und in
       der Industrie auf Zustimmung. CDU-Chef Friedrich Merz hatte betont, es gehe
       beim Emissionshandel eben nicht um Verbote, sondern um marktwirtschaftliche
       Ansätze für den Klimaschutz. Bernhard Osburg, Chef der Stahlsparte von
       ThyssenKrupp, nannte die ETS-Einigung einen „sehr gelungenen Kompromiss“.
       
       Die Reform kann in Kraft treten, wenn auch die Mitgliedsländer abschließend
       zustimmen. Das gilt als Formalität, weil eine [2][Einigung eigentlich schon
       im Dezember erzielt wurde]. Im Europaparlament hoffen dennoch alle, dass es
       diesmal nicht zu einer Blockade in letzter Minute kommt [3][wie zuletzt
       beim Verbrenner-Aus].
       
       18 Apr 2023
       
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