# taz.de -- Debatte um Abschaffung der Rente mit 63: Perfider Vorstoß
       
       > Spätes Renteneintrittsalter schützt weder vor Fachkräftemangel noch vor
       > leeren Rentenkassen. Der Streit um die Rente mit 63 ist ein
       > Nebenschauplatz.
       
 (IMG) Bild: Vier Rentner:innen rasten am Elbdeich
       
       Kürzen wir bei der Rente, schon arbeiten die Leute länger und das ist gut
       gegen den Personalmangel! So lautet der Vorstoß von CDU-Fraktionsvize Jens
       Spahn, der die sofortige [1][Abschaffung der sogenannten Rente mit 63]
       fordert. Der Vorstoß ist perfide, weil er den Personalmangel mit den
       Finanzproblemen der Rentenkasse verknüpft.
       
       Die Gerechtigkeitsfrage aber kann man trotzdem stellen: Wie fair ist die
       „Rente mit 63“, also die vorgezogene Rente ohne Abschläge nach 45 Jahren
       Versicherungszeit, gegenüber anderen Rentenempfänger:innen, die hohe
       Abschläge in Kauf nehmen müssen, weil sie eine kürzere oder löchrigere
       Erwerbsbiografie haben, und gegenüber jüngeren Beitragszahler:innen?
       Wer 45 Jahre gearbeitet hat, erhält ja schon eine relativ gute Rente allein
       aufgrund der langen Einzahlungszeit.
       
       Erhebungen zeigen, dass es vor allem Haushalte mit mittleren Einkommen
       sind, die vom abschlagsfreien frühen Renteneintritt profitieren. Dieser
       liegt übrigens inzwischen bei 64 Jahren, die Altersgrenzen wurden auch hier
       angehoben, man müsste also korrekterweise von einer „Rente mit 64“
       sprechen. Die [2][Problemberufe im Bauhandwerk und im Carebereich], wie
       etwa Pflegekräfte, schaffen in der Regel keine 45 Versicherungsjahre, auch
       nicht, wenn Kindererziehungszeiten mitzählen.
       
       Die Rente mit 64 ist aber ein begrenzter Schauplatz: Rund 270.000 Leute
       gingen 2021 vorzeitig und abschlagsfrei in Rente. Müssten diese Neuzugänge
       im Durchschnitt Abschläge von 110 Euro pro Monat hinnehmen, wie andere
       vorzeitige Rentner:innen, käme die [3][Rentenkasse] auf eingesparte 356
       Millionen Euro im ersten Jahr. Das rettet die Rentenkasse nicht. Der
       Zuschuss aus dem Bundeshaushalt liegt bereits bei jährlich 100 Milliarden
       Euro.
       
       Die Debatte um die „Rente mit 63“ muss also politisch eingebettet werden in
       eine Diskussion etwa über den Renteneintritt für besonders belastende
       Berufe. Es wird aus demografischen Gründen nicht ohne Einschränkungen gehen
       für die Rentner:innen, aber welche zumutbar sind und welche nicht, ist eine
       der Gerechtigkeitsdebatten der Zukunft.
       
       31 May 2023
       
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