# taz.de -- Drohnenangriffe auf Russland: Putins Krieg klopft in Moskau an
       
       > Nach Drohnenattacken auf die russische Hauptstadt macht der Kreml die
       > ukrainische Regierung verantwortlich. Wie reagieren die Menschen vor Ort?
       
 (IMG) Bild: Moskau, 30. Mai: Eine Frau fotografiert ein durch einen Drohnenangriff beschädigtes Wohnhaus
       
       MOSKAU taz | „F***, vielleicht sollte ich hier abhauen, es kommt immer
       näher. Was soll ich nur machen?“, sagt eine Männerstimme in dem wackeligen
       Handyvideo. Die Aufnahme, die am Dienstagmorgen in russischen
       Telegram-Kanälen zirkuliert, zeigt eine Drohne, die über das Haus des
       Filmenden in der Region Moskau fliegt. „Guten Morgen, f***!“, sagt die
       Stimme wieder, die Aufnahme wird schwarz.
       
       Es ist in der Tat ein Erwachen, bei dem die Russinnen und Russen erstmals
       selbst erfahren, wie sich Krieg anfühlt. Jener Krieg, den das Land seit
       mehr als 15 Monaten [1][gegen die Ukraine führt] und der hier nur
       „militärische Spezialoperation“ genannt wird. Acht Drohnen sollen in den
       Morgenstunden Anflug auf Moskau genommen haben. „Drei davon haben die
       Kontrolle verloren und waren von den angestrebten Zielen abgewichen“, so
       das russische Verteidigungsministerium.
       
       Fünf weitere Drohnen seien von der russischen Flugabwehr abgeschossen
       worden. Manche unbestätigte Quellen nannten bis zu 32 Flugobjekte.
       [2][Einer der Orte, an dem eine offenbar abgeschossene Drohne abstürzte]
       und explodierte, befindet sich nur wenige Kilometer Luftlinie von
       Nowo-Ogarjowo entfernt, der Vorstadtresidenz des russischen Präsidenten
       Wladimir Putin. Wenige Stunden später waren einige Moskauer Straßen von
       Polizei, Feuerwehr und Geheimdienst abgeriegelt. Im Südwesten Moskaus
       stauten sich die Autos.
       
       Das Moskauer Verteidigungsministerium sprach von einem „Terrorakt des
       Kyjiwer Regimes“, Belege dafür lieferte es nicht. Auch der Kemlchef meldete
       sich im Laufe des Tages zu Wort: Die Ukraine wolle die Russen
       „verängstigen“ und habe mit dem Angriff zivile Ziele treffen wollen. Doch
       die Luftverteidigung habe gut funktioniert, so Putin.
       
       Sein Sprecher Dmitri Peskow hatte zuvor bereits betont, dass die Attacke
       den Kreml darin „bestätigt“, die „Spezialoperation fortzuführen und die
       gesetzten Ziele zu erreichen“. Für Moskau und seine Bewohner sah Peskow
       „keine Gefahr“. Auch Bürgermeister Sergej Sobjanin sprach nur von
       „geringfügigen Schäden“. Umso drastischer fielen die Worte aus, die eine
       mögliche russische Reaktion auf die Attacke betreffen: Dumavizesprecher
       Pjotr Tolstoi, ein furioser Kriegsbefürworter, forderte etwa die
       „Mobilisierung aller Kräfte“ sowie die Einnahme der ukrainischen
       Hauptstadt.
       
       ## Auch Kyjiw wurde erneut beschossen
       
       Kyjiw wies die Beteiligung an der Drohnenattacke am Dienstag sofort zurück
       und reagierte mit Spott: „Womöglich wollen russische Drohnen ja zu ihren
       Absendern zurück“, sagte der ukrainische Präsidentenberater Mychailo
       Podoljak in einer YouTube-Sendung des unabhängigen russischen Journalisten
       Alexander Pljuschtschew.
       
       Wo die Drohnen gestartet sind und um welchen Typ es sich genau handelt,
       lässt sich derzeit nicht sicher sagen. Das Ziel allerdings dürfte eindeutig
       ein: Die Angriffe sollen für Unsicherheit in der russischen Bevölkerung
       sorgen und – wie bereits der Drohnenangriff auf den Kreml vor vier Wochen –
       die Verletzlichkeit Moskaus zeigen. Ins Bewusstsein vieler Menschen aber
       gelangt die Gefahr nur bedingt. „Ich verstehe gar nicht, warum uns das
       trifft“, sagt eine Anwohnerin, die das russische Staatsfernsehen in den
       Nachrichten zeigt. Im Zentrum der Stadt flanieren die Menschen gelassen
       durch die Sonne. „Ich habe mit Politik nichts zu tun“, sagen sie. Oder:
       „Das ist alles weit weg von mir.“
       
       Ebenfalls mit Drohnen hat Russland am Dienstag seine jüngste Angriffswelle
       auf Kyjiw fortgesetzt. Fragmente der von der Luftabwehr abgeschossenen
       Flugobjekte seien unter anderem in ein Wohnhaus gestürzt und hätten einen
       Zivilisten getötet. Eine ältere Frau sei in ein Krankenhaus gebracht
       worden, meldete die Staatsagentur Ukrinform unter Berufung auf die
       Stadtverwaltung und Kyjiws Bürgermeister Witali Klitschko. Der Wohnblock
       sei in Brand geraten.
       
       Die Sucharbeiten dauerten am Dienstag noch an, da womöglich weitere
       Menschen unter den Trümmern eingeschlossen sind. Weitere Fragmente
       abgeschossener feindlicher Drohnen seien in verschiedenen Bezirken
       abgestürzt und hätten unter anderem Autos beschädigt. Nach Angaben der
       Militärverwaltung sind im Kyjiwer Luftraum mehr als 20 Drohnen von der
       ukrainischen Luftabwehr zerstört worden.
       
       30 May 2023
       
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