# taz.de -- Geld für die Ukrainische Armee: Spenden brechen weg
       
       > Vielen in der Ukraine fehlt das Geld, sie spenden immer weniger an die
       > Armee. Stiftungen bereiten Sammelaktionen nun mit Marketingstrategien
       > vor.
       
 (IMG) Bild: Ukrainische Soldaten bei der Essensausgabe
       
       LUZK taz | Direkt im Zentrum der westukrainischen Stadt Luzk haben
       Freiwillige ein Auto aufgestellt, das von russischen Truppen an der Front
       im Osten, nahe der [1][Stadt Bachmut], beschossen worden war. Das Fahrzeug
       steht beim Hauptgebäude der Universität und dem Denkmal des Schriftstellers
       Taras Schewtschenko. Hier laufen täglich Tausende Menschen vorbei.
       
       Der Freiwillige Taras Krawtschuk erzählt, dass die Soldaten dieses Fahrzeug
       im Gebiet Donezk in Richtung der sogenannten Straße des Lebens verloren
       hätten. Diese Straße verbindet das [2][von den Russen halb eingekesselte
       Bachmut] mit dem Gebiet, das ukrainische Streitkräfte kontrollieren. Diese
       „Straße des Lebens“ wird dauernd beschossen, täglich zerstören die Russen
       hier die Technik der Ukraine.
       
       An dem Wagen, der einige Wochen hier stehen wird, sind Spuren von Kugeln
       und von Splittern zu sehen. Mithilfe des Fahrzeugs hoffen die Freiwilligen,
       die Aufmerksamkeit der Menschen zu erregen und dann Geld für ein neues
       Fahrzeug sammeln zu können. Das brauchen die Soldaten bei ihren
       Kampfeinsätzen, zum Beispiel, um Verletzte zu evakuieren.
       
       Die Spenden für das Fahrzeug kann man über einen QR-Code tätigen, den
       jemand auf die Motorhaube gemalt hat. An den Wochenenden sind hier in der
       Nähe Freiwillige mit durchsichtigen Kisten unterwegs. Wiktorija Kuschnir
       hat gerade einige Scheine hineingesteckt und sagt: „Diese Art,
       Aufmerksamkeit zu erregen, ist effektiv. Wenn man das verbeulte Metall
       sieht, möchte man der Armee helfen.“
       
       ## Summen haben sich mehr als halbiert
       
       Gerade kommt Jewgeni, ein Soldat, vorbei. Er ist aus dem Kriegsgebiet
       zurückgekehrt und wird nun in Luzk medizinisch behandelt. Er sagt, solche
       Autos seien für das Militär an der Front mittlerweile äußerst wichtig. „Ich
       habe sieben Monate in Bachmut gekämpft und bin erst vor Kurzem hier
       angekommen. Bei diesem Auto waren wohl Mörser am Werk, vielleicht haben die
       Insassen gelitten. Ein Fahrzeug im Krieg, das ist nur Metall, Material für
       den Gebrauch“, sagt er.
       
       Die Freiwilligen planen für das neue Fahrzeug, das der 57. Brigade der
       Streitkräfte übergeben werden soll, 200.000 Hriwna (umgerechnet 5.000 Euro)
       zu sammeln. Solche Sammelaktionen sind in der Ukraine mittlerweile
       schwieriger geworden: Im zweiten Jahr des russischen Angriffskriegs haben
       die Menschen dafür weniger Mittel zur Verfügung. Ein weiterer Grund: Weit
       hinter der Front, dort wo Luzk liegt, ist der Atem des Krieges weniger
       spürbar als in der Nähe der Front.
       
       Wiktoria Prudnikowa, die den Soldaten hilft, für ein Auto zu sammeln, sagt:
       „Vor einem Jahr konnte ich in einer Woche so viel Geld sammeln, dass es für
       drei Autos reichte. Derzeit gehen die Spenden zurück. Manchmal fühle ich
       mich wie eine Bettlerin, die zwischen Menschen herumläuft und um Geld
       bittet, für was auch immer.“
       
       Die ukrainische Kommunikationsagentur Postmen hat jetzt eine Studie
       durchgeführt und herausgefunden, wie viel Geld die Ukrainer im ersten Jahr
       des Krieges durchschnittlich für die Streitkräfte gespendet haben und wie
       sich die Situation im Laufe des Jahres verändert hat. Ungeachtet des
       Umstandes, dass sich die wirtschaftliche Lage verschlechtert hat, hatten
       90,3 Prozent der Befragten die Streitkräfte finanziell unterstützt.
       
       Doch die gespendeten Summen haben sich mehr als halbiert. Ergebnissen der
       Umfrage zufolge belaufen sich die monatlichen Spenden der Ukrainer derzeit
       auf durchschnittlich jeweils 1.525 Hriwna (40 Euro).
       
       ## „Das ganze Land muss für den Sieg arbeiten“
       
       „Die wirtschaftliche Lage verschlechtert sich, die Menschen haben immer
       weniger Geld. Dies wirkt sich entsprechend auf die Spenden aus.
       Gleichzeitig nimmt der Bedarf der Truppe nicht ab“, sagt Oleg Karpenko,
       Direktor der Abteilung für Entwicklung und Partnerschaften des Fonds „Komm
       lebendig zurück“.
       
       Durch die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft gelingt es diesem Fonds, das
       Niveau der Spenden zur Unterstützung der Armee aufrechtzuerhalten.
       Allerdings erfordert das von Monat zu Monat mehr Aufwand. Olja Valjanyk ist
       Leiterin der Angar-Stiftung aus Luzk. Auch sie und ihre Kollegen spüren den
       Rückgang der Spenden, daher suchen wir nach anderen Möglichkeiten.
       
       Aktuell sammelt Angar bis zu 4 Millionen Hriwna (100.000 Euro) pro Monat
       ein – im Vergleich zum Frühjahr 2022 deutlich weniger. „Aber wir legen die
       Hände nicht in den Schoß und packen an. Das ganze Land muss für den Sieg
       arbeiten, nur dann werden wir gewinnen“, sagt Valjanyk.
       
       Mittlerweile sind in der Ukraine nur noch große [3][Organisationen am
       Start, die einen Namen haben] und Vertrauen genießen. Viele kleine
       Stiftungen und Enthusiasten haben ihre Motivation verloren, sind müde
       geworden und haben sich abgewandt.
       
       ## Waffenausstellungen und Meisterschaften im Ringen
       
       Olga Menschikowa, eine Freiwillige aus Kyjiw, sagt, sie sei immer
       besorgter, wenn sie eine neue Geldsammlung für die Armee starte. „Ich habe
       Angst, die Jungs im Stich zu lassen. Keine Zeit zu haben, um ihren Bitten
       nachzukommen – denn Minuten können entscheidend sein. Ich wache nachts und
       morgens auf und überprüfe dann sofort den Betrag auf meiner Karte. Immer
       wieder denke ich darüber nach, wen ich sonst noch um Unterstützung bitten
       kann, um wichtige militärische Bedürfnisse so schnell wie möglich zu
       decken“, sagt sie.
       
       Um die notwendigen Beträge zusammenzubekommen, raten Marketingexperten
       Freiwilligen, den Menschen die [4][Folgen des Krieges vor Augen zu führen],
       sie mit Geschenken zu Spendengeschenken zu ermutigen und Geschichten über
       den Krieg zu erzählen.
       
       „Sammeln von Spenden erfordert eine sorgfältige Vorbereitung,
       Kommunikation, Marketing und interessante Details während der gesamten
       Aktion – die Menschen müssen die ganze Zeit adressiert werden und die
       Möglichkeit bekommen, sich eingebunden zu fühlen“, erklärt einer der Chefs
       der Stiftung „Komm lebendig zurück“.
       
       In Luzk, in der Nähe des Zentrums, habe Freiwillige mittlerweile auch
       mehrere andere Aktionen veranstaltet, um Aufmerksamkeit zu erregen: eine
       Waffenausstellung, eine Meisterschaft im Ringen, Kurse zur richtigen
       Anwendung einer Aderpresse, um Blutungen zu stoppen. Das Ergebnis:
       Innerhalb von zwei Tagen hatten die Freiwilligen die Hälfte des Betrages
       zusammen.
       
       Aus dem Russischen Barbara Oertel
       
       29 May 2023
       
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       ## AUTOREN
       
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