# taz.de -- Die Wahrheit: Irischer Tequila
       
       > An Wasser fehlt es in Irland nicht. Sagt das halbstaatliche
       > Wasserunternehmen. Dabei versickern täglich 650 Millionen Liter. Für
       > einen höheren Zweck.
       
       Irland schwitzt. Seit mehr als drei Wochen „scheint die Sonn’ ohn’
       Unterlass“ (Emil Luckhardt). Bisweilen wurden Temperaturen von fast 25 Grad
       gemessen! Der Nachteil: Die Wasserhähne versiegen. Uisce Éireann, das für
       Wasser zuständige halbstaatliche Unternehmen, hat empfohlen, kürzer zu
       duschen, Autos nicht so oft zu waschen und Swimming-Pools nicht bis zum
       Rand zu füllen.
       
       Und man möge dringend undichte Rohre melden. Seit wann interessiert sich
       das Unternehmen für Lecks? Mehr als ein Drittel des Wassers versickert,
       täglich 650 Millionen Liter, aber Uisce Éireann hat nicht die Absicht, die
       aus viktorianischen Zeiten stammenden Rohre zu flicken. Man kümmert sich
       lieber um die Bonuszahlungen und andere Vergünstigungen für die
       Führungsetage.
       
       Uisce Éireann bedeutet auf Englisch „Irish Water“, und so hieß das
       Unternehmen auch, bis der Name wegen der sagenhaften Unfähigkeit der
       Firmenleitung so kontaminiert war, dass man sich umbenennen musste – ein
       Trick, der schon bei der Plutoniumschleuder Windscale nicht funktioniert
       hatte, denn Sellafields Ruf war nach den ständigen Unfällen ebenfalls in
       Windeseile ruiniert.
       
       Ist der Klimawandel schuld an der Hitzewelle? Die irische Regierung gibt
       sich zerknirscht und verspricht Besserung. Schließlich hat man großmäulig
       versprochen, die Emissionen von Treibhausgasen bis 2030 um 51 Prozent zu
       senken. Da der Landwirtschaftssektor für 35 Prozent dieser Gase
       verantwortlich ist, sollen bis Ende des Jahrzehnts ein Drittel aller
       irischen Bauern gekeult werden.
       
       In Wirklichkeit fördert die Regierung die Produktion von Treibhausgasen.
       Irische Wissenschaftler der Landwirtschaftsbehörde Teagasc arbeiten nämlich
       an Modellen, um die Langzeitfolgen des Temperaturanstiegs auf den
       Ernteertrag in Irland festzustellen. Und siehe da: Irland wird zum
       Schlaraffenland.
       
       Man könnte Obstsorten anbauen, die in Irland bisher keine Chance hatten.
       Wein zum Beispiel. Während in Südeuropa der Alkoholgehalt des Weins in
       Richtung Whiskey steigt, kann Irland die Welt mit leckerem Chardonnéire
       versorgen. Durch den Kakteenanbau wird Irland zum weltweit größten
       Produzenten von Tequila – oder Tequirela, wie er fortan heißen wird.
       
       „Eine der größten Beschränkungen in vielen Produktionsländern wird das
       Wasser sein“, sagt John Spink, der Chef der Umweltabteilung von Teagasc,
       „und das ist etwas, an dem in Irland kein Mangel herrscht und ein solcher
       auch nicht vorausgesagt wird.“ Er hat offenbar seit Wochen nicht versucht,
       zu duschen.
       
       Von den Problemen, die in anderen Teilen Europas durch extreme
       Wetterphänomene auftreten, wie zum Beispiel Waldbrände, wird Irland
       verschont bleiben. Die Engländer haben die Wälder ja abgeholzt, weil sie
       das Holz für ihre Armada brauchten. Noch ist das irische Wetter aber so,
       wie man es kennt: unvorhersehbar.
       
       12 Jun 2023
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Sotscheck
       
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