# taz.de -- Champions-League-Finale in Istanbul: Italienische Knock-out-Experten
       
       > Inter Mailand geht am Samstag als krasser Außenseiter in das
       > Champions-League-Finale gegen Manchester City. An Selbstvertrauen fehlt
       > es dennoch nicht.
       
 (IMG) Bild: Perfekte Ballbeherrschung: Inters Lautaro Martinez, Romelu Lukaku und Hakan Calhanoglu
       
       MAILAND taz | Vor dem Spiel kommt immer der Trash Talk. Das ist im Boxen
       schon lange so. Aber auch im Fußball wird die nullte Halbzeit immer
       wichtiger. „Wer ist das?“, giftete zum Beispiel Romelu Lukaku an die
       Adresse von Noel Gallagher, dem in Manchester geborenen früheren
       Leadgitarristen der Band „Oasis“.
       
       Der hatte sich ausdrücklich [1][Inter Mailand] als Gegner „seiner“ Citizens
       für das Finale der Champions League am Samstag in Istanbul (21 Uhr, DAZN)
       gewünscht. „Die sind einfach nicht gut, und Lukaku spielt ganz besonders
       schlecht“, tönte der Musikant. Ganz klar, dass Lukaku, der selbst eher Rap
       vorzieht und derzeit mit der US-Rapperin Megan Thee Stallion liiert ist,
       Gallagher eine Abfuhr erteilen musste.
       
       Auch zahlreiche Teamkollegen zeigen eine breite Brust. „Wir wollen die
       Trophäe nach Mailand bringen und werden dafür alles tun. Selbst ein Klub
       wie City sollte sich ruhig Sorgen machen. Die Favoriten sind sie, aber sie
       müssen sich schon gut vorbereiten, wenn sie das auch beweisen wollen“,
       sagte Lautaro Martinez, der Top-Scorer der Mailänder in dieser Saison, der
       mit Argentinien im Winter Weltmeister geworden war.
       
       Auch Trainer Simone Inzaghi erstarrt nicht gerade vor Ehrfurcht.
       „[2][Guardiola hat den Fußball verändert]. Es gibt einen Fußball vor ihm
       und jetzt den danach. Seine Mannschaft ist die stärkste der Welt, ist wie
       ein Monster im Finale von Videospielen“, band er zunächst dem Gegner einen
       Lorbeerkranz. „Aber es handelt sich um Fußball. Wir haben keine Angst, nur
       Respekt und Bewunderung für einen Gegner, der nur wenige Schwächen hat. Wir
       müssen ihren Ballbesitz einschränken und als geschlossene Mannschaft
       agieren“, sagte Inzaghi.
       
       ## Räume für die Recken
       
       Er kann sein Zutrauen darauf gründen, dass Geschlossenheit derzeit die
       größte Qualität seines Kaders ist. Gerade in Entscheidungsspielen ist die
       Truppe hellwach und entschlossen. Räume werden extrem verdichtet. In frei
       werdende Räume dringen dann die athletischen Recken Martinez und Lukaku
       vor. Offensiv verfügt Inzaghi noch über die Option Edin Dzeko.
       
       Der Bosnier ist einer der Besten, wenn es darum geht, den Ball zu halten
       und so eine zweite Angriffswelle einzuleiten. Die wird dann bestückt mit
       torgefährlichen Mittelfeldstrategen wie dem italenischen Nationalspieler
       Nicolo Barella, dem armenischen Zauberfuß Henrik Mkhitaryan sowie dem
       früheren Leverkusener Hakan Calhanoglu.
       
       Der reist mit ganz besonderer Motivation nach Istanbul. „Ich liebe die
       Stadt, sie ist für mich die schönste. Ich möchte dort der erste Türke
       werden, der die Champions League gewinnt“, sagte er. Ein ganz besonderes
       Gegenüber hat er natürlich in İlkay Gündoğan, dem Kapitän und Taktgeber im
       Mittelfeld von Manchester City. „Ich glaube, ich muss nicht sagen, was es
       bedeuten würde, dort als Kapitän die Trophäe in den Händen zu halten“,
       sagte der deutsche Nationalspieler, dessen Eltern aus der Türkei stammen,
       dem ZDF.
       
       ## Wider die Statistik
       
       Wäre Fußball die Fortsetzung der Statistik mit fußwerklichen Mitteln,
       seinem Glück stünde nichts im Wege. Manchester City hat die Premier League
       mit 5 Punkten Vorsprung gewonnen, dabei 89 Zähler geholt, 94 Tore
       geschossen und sich dabei nur 5 Niederlagen geleistet. Bei Inter stehen
       nach der gleichen Anzahl von Spielen nur 72 Punkte, 71 Tore und gleich 12
       Niederlagen zu Buche. Gerade der Umgang mit den Niederlagen aber ist
       rückblickend vielleicht die größte Stärke des Inter-Ensembles.
       
       „Wir sind an den Niederlagen gewachsen. Und in den entscheidenden Spielen
       konnten meine Jungs Ressourcen mobilisieren, von denen ich gar nicht
       gedacht hatte, dass sie darüber verfügen“, meint Inzaghi dazu. Sein Team
       wurde vor allem dann zu einer regelrechten Erfolgsmaschine, wenn
       K.-o-Spiele anstanden. In den letzten beiden Spielzeiten holte Inter sowohl
       den italienischen Pokal als auch den nationalen Supercup.
       
       Auch das Saisonfinale in der Serie A gestaltete Inter nach größeren
       Problemen noch erfolgreich. Auslöser dafür war eine Umstellung. Inter steht
       jetzt kompakter, lässt hinten den Gegnern weniger Raum und schaltet
       schneller in den Angrifssmodus um. „Wir Stürmer haben dann mehr Platz und
       machen auch mehr Tore“, analysierte Lukaku. Der hatte vor der Umstellung im
       April nur drei Törchen erzielt, danach kam er in sieben Einsätzen auf
       sieben Treffer.
       
       Inter reist mit dem Wissen nach Istanbul, Rückschläge wegstecken zu können.
       Mit ihren Nehmerqualitäten und einem hartem Punch geben die Nerazzurri
       einen prächtigen Underdog ab, wie ihn sich Finalskriptschreiber eigentlich
       nur wünschen können. Vielleicht kann ja so sogar das Videospielmonster City
       bezwungen werden.
       
       10 Jun 2023
       
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