# taz.de -- Erster Bevölkerungsschutztag: Preppen als Volksfest
       
       > Ohne Ehrenamt ist der Einsatz bei Bränden oder Hochwasser unmöglich.
       > Innenministerin Faeser will mit Härte gegen Gewalt gegen Rettungskräfte
       > vorgehen.
       
 (IMG) Bild: Tag des Bevölkerungsschutzes in Potsdam: Bundesinnenministerin Faeser im Kreise der Bundespolizei
       
       POTSDAM taz | Als pünktlich um 13 Uhr der Alarm schrillt, Handys vibrieren,
       hat [1][Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD)] schon viel gelacht. Mit
       den Jugendlichen vom Technischen Hilfswerk THW, beim Blackout-Quiz vom
       Katastrophenschutzamt, mit dem Ministerpräsidenten Brandenburgs, Dietmar
       Woidke. Faeser ist an diesem Samstag nach Potsdam gereist, zum ersten
       sogenannten Bevölkerungsschutztag, den Bund und das Land Brandenburg
       gemeinsam ausrichten. [2][Der Alarm ist eine Probewarnung.] Quasi eine Art
       Showeinlage neben der simulierten Höhenrettung, dem Katastropheneinsatz am
       Wasser, dem Probesitzen im Bundeswehrlaster.
       
       Das Thema ist sperrig. Nur wenige wollen sich in Zeiten, wenn keine Gefahr
       droht, mit möglichen Bedrohungen auseinandersetzen. Hochwasser, Brände,
       Stromausfälle, Cyberangriffe: Ja, das gibt es, sagen viele
       Besucher:innen in Potsdam. Aber ist doch unwahrscheinlich, dass es mich
       trifft, lautet der nachfolgende Satz. Einen Notfallrucksack mit
       Lebensmitteln, eine Dokumentenmappe, Medikamente, Taschenlampen oder
       Wasser- und Essensvorräte für zwei Wochen (28 Liter Wasser pro Person
       empfiehlt die ausgelegte Checkliste) haben die wenigsten gepackt oder
       parat.
       
       Wer die Menschen trotzdem zu Preppern machen will, muss Spaß am Schutz
       verbreiten. Freude am Ehrenamt allemal. So werden denn auch Faeser, Woidke
       und Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert an diesem Tag nicht müde, sich
       immer und immer wieder bei den vielen Einsatzkräften der Freiwilligen
       Feuerwehr, der Rettungskräfte, beim THW, bei Polizei in Bund und Länder und
       der Bundeswehr zu bedanken.
       
       Allein in Brandenburg sind es an die 40.000 Personen, die ehrenamtlich,
       also ohne Bezahlung, ausrücken, wenn der Wald brennt, wenn Hochwasser die
       Keller füllt oder Häuser in Flammen stehen. Sie setzen damit auch ihr Leben
       aufs Spiel, merkt Faeser an. Und: Gewalt jeglicher Art gegen Einsatzkräfte
       dulde sie nicht. Sie erinnert dabei an [3][die Krawalle in Berlin in der
       Silvesternacht], an die Angriffe auf Krankenwagen und Feuerwehrleute. Wer
       die attackiere, werde „die volle Härte des Rechtsstaats“ zu spüren
       bekommen, sagt Faeser.
       
       ## Klimakrise wird sichtbarer
       
       Dass der Bevölkerungsschutz raus aus der Nische muss, das ist das Credo der
       Vertreter:innen von Kommunen, Land und Bund, und sie belegen es mit
       Beispielen aus der jüngsten Zeit. Faeser erzählt vom Jahrhunderthochwasser
       in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz vor zwei Jahren. Woidke spricht
       von den Waldbränden in Jüterborg vor wenigen Wochen und in Treuenbritzen im
       vergangenen Jahr. Brandenburg hat viel trockenes, sandiges Land. Die Folgen
       der Klimakrise werden von Jahr zu Jahr sichtbarer – und damit steigt auch
       die Gefahr für Waldbrände.
       
       Hinzu kommt, dass Brandenburg das Bundesland mit der höchsten Anzahl mit
       durch Munition verseuchten Flächen ist. Bei der zuständigen
       Kampfmittelbeseitungseinheit, die in Potsdam einige ihrer „Fundstücke“ an
       Minen, Mörsern oder Granaten ausstellt, geht man von Stückzahlen in
       Millionenhöhe aus, die noch immer in den Böden vergraben sind. Potsdams
       Oberbürgermeister Schubert macht dann noch eine weitere Baustelle auf:
       Cyberattacken auf Verwaltungen. Ende 2022 kämpfte die Stadtverwaltung gegen
       einen digitalen Angriff. Erst Wochen später waren alle Behörden online
       wieder vollständig erreichbar.
       
       Die Baustellen sind da, jede Menge wird getestet, mit Robotern, die im
       Katastrophenfall zum Einsatz kommen, dazu, wie Krisenstäbe gut
       zusammenarbeiten, wie Informationen im Notfall schnell an die Bevölkerung
       kommen. Zum Beispiel [4][via Cellbroadcast], einer Warnung, die alle
       fähigen Mobiltelefone im Ernstfall bekommen, sofern die Funkzellen
       funktionieren.
       
       Jetzt muss nur noch die Bevölkerung mitmachen. Und die muss erstmal
       verstehen, wer eigentlich wofür zuständig ist. Die Bundeswehr für die
       Landesverteidigung oder wenn sie im Katastrophenfall um Amtshilfe angefragt
       wird. Die Länder für den Katastrophenschutz, beispielsweise bei Hochwasser.
       Die Freiwillige Feuerwehr läuft über die Kommunen.
       
       Zeitenwende – der Begriff fällt in etlichen Grußworten. Und auch an den
       Ständen machen die Sprecher:innen klar, dass spätestens mit dem
       russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und mit der sich verschärfenden
       Klimakrise andere Zeiten begonnen haben. Es ist der erste
       Bevölkerungsschutztag dieser Art. Künftig soll es jedes Jahr eine solche
       Aktion geben, bundesweit und in verschiedenen Städten.
       
       24 Jun 2023
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Tanja Tricarico
       
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