# taz.de -- Protest in Israel gegen Justizreform: Mit Pferden gegen Demos
       
       > Am „Tag der Störung“ kommt es zu Massenprotesten. Rund 10.000 Personen
       > blockieren den Flughafen von Tel Aviv. Dutzende werden festgenommen.
       
 (IMG) Bild: Die Polizei in Tel Aviv geht rabiat gegen Demonstrant*innen bei ihrem „Tag der Störung“ vor
       
       BERLIN taz | Es ist eine schockierende Szene: Unter Gebrüll und Gepfeife
       Dutzender Menschen treibt ein Polizist mit seinem Pferd einen Mann vor sich
       her. Der fällt zu Boden, das Pferd trampelt über ihn. Ein [1][Video] des
       Vorfalls auf der Kaplan Straße in Tel Aviv verbreitete sich am
       Dienstagnachmittag rasend schnell im Internet.
       
       Schon zuvor waren in der israelischen Küstenmetropole [2][Polizisten mit
       ihren Pferden] bedrohlich nah an Demonstrierende herangeritten, die gegen
       die geplante Justizreform der Regierung unter Ministerpräsident Benjamin
       Netanjahu protestierten.
       
       Achtung: Der folgende Tweet zeigt die Gewaltszene 
       
       Die Gegner*innen der Reform hatten den Dienstag zum landesweiten „Tag
       der Störung“ erklärt. Nachdem das Parlament in der Nacht in erster Lesung
       einen Teil der Reform gebilligt hatte, begann der Tag schon am Morgen mit
       Straßenblockaden und Demonstrationen. Videos zeigten brennende Autoreifen
       nahe der Stadt Herzliya. Auch in Jerusalem kam es zu Protesten. Bis zum
       Nachmittag wurden landesweit mehr als 70 Personen festgenommen, von denen
       mehr als die Hälfte später wieder freigelassen wurde. Wie viele Personen
       verletzt wurden, war zunächst unklar.
       
       Im Zentrum von Tel Aviv ging die Polizei auch mit Wasserwerfern gegen
       Demonstrierende vor, um die Menge aufzulösen. Laut dem israelischen
       Nachrichtenportal Times of Israel war es das erste Mal seit mehreren
       Wochen, dass Wasserwerfer eingesetzt wurden – abgesehen von der Räumung von
       Straßen.
       
       ## Kritik an der Justizreform
       
       Am Nachmittag versammelten sich nach Schätzungen israelischer Medien rund
       10.000 Demonstrierende am internationalen Flughafen von Tel Aviv. Die
       Blockade sollte ein Höhepunkt des Aktionstags werden.
       
       Die Protestierenden sehen in der Justizreform eine Gefahr für Demokratie
       und Rechtsstaat in Israel. Die Regierung möchte mit der Reform die
       Befugnisse der Justiz einschränken und im Gegenzug das Parlament und die
       Regierung stärken.
       
       Kritiker*innen sehen darin eine übermäßige Schwächung der Justiz und
       argumentieren, die Gewaltenteilung werde so abgeschafft. Doch die
       Regierungskoalition treibt das Gesetzgebungsverfahren – es geht um ein
       Bündel von Gesetzen – aktuell noch vor der Sommerpause des Parlaments
       voran. Diese beginnt Ende des Monats.
       
       Zu einem Test für den israelischen Rechtsstaat wird indes auch der Umgang
       mit den Protestierenden. Oppositionspolitiker Benny Gantz forderte die
       Polizei am Dienstag zu Zurückhaltung auf und betonte, die Protestierenden
       seien keine Feinde. „Man wendet diese Gewalt nicht gegen Bürger*innen
       an“, sagte er auf einer Kundgebung in Tel Aviv.
       
       Insbesondere über die Frage, wie die Blockaden von Straßen und des
       Flughafens vermieden werden können, zeichnet sich ein Streit ab.
       Verkehrsministerin Miri Regev von Netanjahus Likud-Partei sprach sich am
       Dienstag für ein härteres Vorgehen gegen Blockierer*innen aus. „Der
       Ben-Gurion-Flughafen ist kein Einkaufszentrum oder öffentlicher Platz. Er
       ist ein strategischer Ort“, erklärte sie.
       
       Damit stellt sie sich gegen Generalstaatsanwältin Gali Baharav-Miara, die
       die Demonstration am Flughafen genehmigt hatte. Diese ließ über ihren
       Stellvertreter am Dienstag erklären, der Flughafen sei ein öffentlicher
       Ort, jeder Mensch dort habe das Recht auf freie Meinungsäußerung.
       
       Baharav-Miara musste sich schon am Sonntag auf einer Kabinettssitzung
       kritischen Fragen stellen. Regev hatte sogar ihre Entlassung gefordert. Sie
       erwarte von der Generalstaatsanwältin, dass sie Gesetzesbrecher*innen
       nicht die Hand reiche, erklärte Regev nun. Unterstützt wird sie vom
       Minister für Nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir. Der sagte in Richtung
       der Generalstaatsanwältin: „Hören Sie auf, Randalierer*innen zu
       unterstützen! Setzen Sie das Gesetz durch!“
       
       11 Jul 2023
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) Jannis Hagmann
       
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