# taz.de -- Israels Präsident in den USA: Herzog will beruhigen
       
       > Israels Präsident versucht in den USA, Sorgen um Israels Rechtsstaat zu
       > zerstreuen. Die Demokratiebewegung mobilisiert erneut.
       
 (IMG) Bild: Statt Netanjahu hat der US-Präsident erstmal den israelischen Präsidenten Herzog empfangen
       
       BERLIN taz | Bei seinem Staatsbesuch in den USA hat Israels Präsident
       Itzchak Herzog versucht, die Sorgen um Rechtsstaat und Demokratie in Israel
       zu zerstreuen. „Die israelische Demokratie ist solide, stark und
       unverwüstlich“, sagte Herzog am Dienstag. Er gab jedoch zu, dass die
       innenpolitische Lage in Israel schwierig sei. „Wir sollten immer versuchen,
       einen gütlichen Konsens zu finden.“ Er setze sich dafür ein, einen Ausweg
       aus der „Krise“ zu finden.
       
       US-Präsident Biden sagte bei dem Gespräch im Weißen Haus in Washington, die
       Freundschaft beider Staaten sei „einfach unzerbrechlich“. Die USA stünden
       „fest“ an der Seite Israels. Am heutigen Mittwoch will Herzog eine Rede vor
       dem US-Kongress halten.
       
       Am Montag, kurz vor dem Staatsbesuch, hatte Biden seine monatelange Linie
       aufgegeben und dem israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu eine
       Einladung ausgesprochen. Seit Amtsantritt von dessen rechtsextremer
       Regierung Ende Dezember hatte Biden diesen Schritt gescheut. Er äußerte
       deutliche Kritik an Netanjahus Politik und sagte, er habe „bis auf
       Weiteres“ nicht vor, Netanjahu zu treffen.
       
       Die Einladung, die laut John Kirby, dem Sprecher des Nationalen
       Sicherheitsrats, bei einem Telefonat zwischen Biden und Netanjahu
       ausgesprochen wurde, beinhaltete allerdings noch keinen Termin. Selbst die
       Frage, ob es eine Einladung ins Weiße Haus sei oder lediglich der
       Vorschlag, sich im Herbst am Rande der UN-Generalversammlung in New York zu
       treffen, ließ Kirby offen.
       
       Auch Herzogs Besuch in Washington führt in den USA zu Kontroversen. Während
       ihn die meisten als Bekräftigung der US-Solidarität mit Israel unter
       Beibehaltung der Kritik an Netanjahu und seiner geplanten Justizreform
       verstehen, wollen etliche demokratische Abgeordnete des linken Progressive
       Caucus der Rede Herzogs vor beiden Kammern des Kongresses fernbleiben.
       
       Sie sehen in dem Besuch zu diesem Zeitpunkt eine Normalisierung der
       israelischen Rechtsregierung – auch [1][wenn Herzog als Präsident nicht
       Teil davon ist und vor zehn Jahren selbst Herausforderer Netanjahus] war.
       
       ## Protest in Israel gegen die Justizreform
       
       Die Chefin der linken Abgeordneten-Gruppierung, Pramila Jayapal, hatte
       Israel am Wochenende bei einer Konferenz als „rassistischen Staat“
       bezeichnet, sah sich daraufhin einer Welle der Kritik auch aus den Reihen
       der Demokraten ausgesetzt und musste zurückrudern. Nicht die Idee eines
       israelischen Staates an sich sei rassistisch, sagte sie in ihrer
       Entschuldigung, aber Teile der Politik dieser Regierung trügen klar
       rassistische Züge.
       
       Im US-Repräsentantenhaus sprang die republikanische Mehrheit sofort auf die
       Kritik auf: Noch am Dienstag wollten sie eine Resolution verabschieden, in
       der die Beschreibung Israels als rassistisch oder als Apartheidsstaat
       zurückgewiesen und als antisemitisch gebrandmarkt wird.
       
       In Israel hat derweil die [2][Auseinandersetzung zwischen Regierung und
       Protestbewegung] einen neuen Höhepunkt erreicht. Bevor sich das Parlament
       Ende des Monats in die Sommerpause verabschiedet, will die Regierung noch
       einen Teil der Justizreform in Gesetz gießen. Dagegen gingen am Dienstag
       bis spät in die Nacht wieder Zehntausende auf die Straße.
       
       Ein Protestkonvoi behinderte den Verkehr auf der zentralen
       Ayalon-Schnellstraße bei Tel Aviv. Hunderte protestierten zudem vor den
       religiösen Rabbinergerichten in Tel Aviv und Rechovot, die durch die
       Justizreform mehr Befugnisse bekommen sollen. Auch das Armeehauptquartier
       in Tel Aviv wurde blockiert. Landesweit wurden rund 50 Protestierende
       festgenommen.
       
       Die Uhr tickt, denn schon am Sonntag, 30. Juli, könnte das machtvolle
       oberste Gericht um eine seiner Kernkompetenzen beschnitten werden. Während
       andere Teile der Justizreform eingefroren sind, dreht sich aktuell alles um
       die „Angemessenheitsklausel“, die dem Gericht derzeit noch die Möglichkeit
       gibt, Entscheidungen von Regierungsmitgliedern und anderen Amtsträgern als
       „unangemessen“ einzustufen, wenn sie nach Meinung der Richter*innen
       nicht im Interesse der Allgemeinheit sind.
       
       ## Alle Augen auf Bar-David
       
       Vergangene Woche hatte das Parlament in erster Lesung für die Abschaffung
       der Klausel gestimmt. In diesem Fall würde die Justiz der Regierung künftig
       nicht mehr so leicht dazwischenfunken können. Andere Kontrollmöglichkeiten
       blieben der Justiz allerdings erhalten. Die Angemessenheitsklausel, die
       ihre Wurzeln im britischen Recht hat, existiert in Israel seit der
       Staatsgründung 1948.
       
       Diese und nächste Woche sind die Augen auf den mächtigen
       Gewerkschaftsführer Arnon Bar-David gerichtet. Der hat vergangene Woche mit
       einem Generalstreik gedroht. „Beende das verrückte Chaos“, forderte er
       Netanjahu auf. Bislang ist er aber auf die Forderung der Protestbewegung
       nicht eingegangen, seine Drohung in die Tat umzusetzen.
       
       Einflussreiche Unternehmer*innen kündigten ein Protestcamp am
       Donnerstag in Jerusalem an. „Unilaterale Gesetzgebung wird die Wirtschaft
       und das Land zerstören“, hieß es als Erklärung. Sie riefen zu Verhandlungen
       und einem Kompromiss auf. Im Gesundheitssektor ist ein kurzer Warnstreik
       für Mittwoch geplant.
       
       19 Jul 2023
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bernd Pickert
 (DIR) Jannis Hagmann
       
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