# taz.de -- US-Urteil zur Bevorzugung von Schwarzen: Supreme Court dreht das Rad zurück
       
       > Die konservative Mehrheit am Obersten Gerichtshof kippt die „Affirmative
       > Action“ an den Unis. Damit dürfen Minderheiten nicht mehr gefördert
       > werden.
       
 (IMG) Bild: Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs der Vereinigten Staaten ist eine historische Zäsur
       
       WASHINGTON afp | Der Oberste Gerichtshof der USA hat Universitäten in einem
       historischen Urteil grundsätzlich untersagt, bei der Auswahl von
       Studienplatzbewerbern deren Hautfarbe zu berücksichtigen. Der Supreme Court
       in Washington urteilte am Donnerstag, die unter dem Begriff „Affirmative
       Action“ bekannte Praxis verstoße gegen die Verfassung. Mit dem Vorgehen
       hatten Hochschulen über Jahrzehnte versucht, einen besseren Zugang von
       Minderheiten – insbesondere Afroamerikanern – sicherzustellen.
       
       Das Urteil wurde mit der [1][konservativen Mehrheit] am Supreme Court von
       sechs zu drei Richterstimmen gefällt. „Der Student oder die Studentin muss
       auf Grundlage seiner oder ihrer Erfahrung als Individuum behandelt werden –
       nicht auf Grundlage von Rasse“, schrieb Gerichtspräsident John Roberts in
       der Urteilsbegründung. In den USA ist der Begriff „race“ (Rasse) zur
       Unterscheidung von Bevölkerungsgruppen anhand ihrer Hautfarbe üblich.
       
       „Viele Universitäten haben zu lange den falschen Schluss gezogen, dass der
       Prüfstein für die Identität eines Individuums nicht überwundene
       Herausforderungen, erworbene Fähigkeiten oder gelernte Lektionen sind,
       sondern die Farbe seiner Haut“, führte Roberts aus. „Die
       Verfassungsgeschichte dieser Nation toleriert diese Auswahl nicht.“
       
       Zugleich erklärte der Gerichtshof, Universitäten könnten Schilderungen von
       Bewerbern berücksichtigen, wie ihre Hautfarbe ihr Leben geprägt habe –
       allerdings nur mit Bezug zur „Charakter-Qualität oder einmaligen Fähigkeit,
       die der Bewerber zur Universität beitragen kann“.
       
       ## Affirmative Action schon lange unter Druck
       
       In dem Urteil ging es um Klagen der Studentenorganisation Students for Fair
       Admissions (Studenten für faire Zulassungen) gegen die private
       Elite-Universität Harvard und die staatliche University of North Carolina
       (UNC). Die Kläger argumentieren unter anderem, durch die insbesondere auf
       Afroamerikaner abzielenden Auswahlverfahren würden Bewerber mit asiatischen
       Wurzeln benachteiligt.
       
       Maßnahmen unter dem Schlagwort [2][Affirmative Action] waren in den 1960er
       Jahren im Zuge der US-Bürgerrechtsbewegung eingeführt worden. Ziel war es,
       Afroamerikanern nach Jahrhunderten der Unterdrückung, Diskriminierung und
       Benachteiligung einen besseren Zugang zu guten Bildungseinrichtungen zu
       ermöglichen. Von den Progammen sollten auch Hispanoamerikaner und Indigene
       profitieren.
       
       Entsprechende Programme waren aber von Anfang an umstritten. So zogen weiße
       Studienbewerber mit dem Argument vor Gericht, sie würden Opfer einer
       „umgekehrten Diskriminierung“. Kritiker führen auch an, die Hautfarbe zu
       berücksichtigen, zementiere die Unterteilung von Menschen in
       unterschiedliche Gruppen und spalte so die Gesellschaft.
       
       1978 urteilte der Supreme Court zwar, Universitäten dürften bei der Auswahl
       von Bewerbern keine festen Quoten anhand der Hautfarbe nutzen. Die
       Hautfarbe oder die ethnische Herkunft könnten aber als eines von mehreren
       Kriterien genutzt werden, um Vielfalt in der Studentenschaft
       sicherzustellen.
       
       Jetzt kippte der in den vergangenen Jahren nach rechts gerückte Gerichtshof
       das Prinzip der Affirmative Action an Hochschulen – eine historische Zäsur.
       
       Die linksliberale Verfassungsrichterin Sonia Sotomayor kritisierte den
       Mehrheitsbeschluss scharf. Mit dem Urteil würden „Jahrzehnte“ des
       Fortschritts zurückgerollt. „Das Gericht zementiert eine oberflächliche
       Regel der Blindheit gegenüber Hautfarbe als Verfassungsprinzip in einer
       endemisch (nach Hautfarbe) getrennten Gesellschaft.“
       
       29 Jun 2023
       
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