# taz.de -- E-Bike-Hersteller VanMoof insolvent: Hipster-Märchen am Ende
       
       > Der E-Bike-Hersteller VanMoof warb mit Design und grüner Technologie.
       > Jetzt ist die Firma insolvent. Auch für Kund*innen sind das schlechte
       > Nachrichten.
       
 (IMG) Bild: Abstrakte Rahmen: Die Fahrräder von VanMoof
       
       AMSTERDAM taz | Lange zeichnete es sich ab, doch am Ende ging es so
       schnell, wie ein VanMoof-E-Bike im hauptstädtischen Verkehr an anderen
       Fahrrädern [1][vorbeizischt]. Eine Woche, nachdem der Amsterdamer
       Hersteller vor Gericht einen Zahlungsaufschub erwirkte, verkündete er
       seinen Konkurs.
       
       Zuvor waren letzte Verhandlungen über eine neue Injektion frischen Kapitals
       gescheitert. Alle VanMoof-Filialen in Europa sind nun geschlossen. Die 700
       Mitarbeiter*innen erhielten eine E-Mail, in der es heißt: „Wir sind
       euch allen dankbar und finden es schade, dass wir diese Mission nicht
       zusammen vollbringen konnten. Wir sind traurig, aber vor allem stolz auf
       das, was wir erreicht haben.“
       
       Als „Mission“ werden Unternehmungen schnell bezeichnet, wenn sie sich um
       E-Mobilität drehen und damit das Narrativ von Klimaschutz und einer
       besseren Welt für sich in Anspruch nehmen können. So auch VanMoof, 2009 von
       den Brüdern Taco und Ties Carlier in Amsterdam gegründet. Der TV- Sender
       RTLnieuws sprach auf seiner Website nach Bekanntwerden der Insolvenz
       schlicht von einem „Märchen“ zweier „urholländischen Jungs, die die Welt
       erobern wollten“.
       
       VanMoofs Rezept war simpel: ein prägnantes, minimalistisches Design, das in
       kurzer Zeit einen ikonischen Ruf bekam. Technische Gadgets wie die App, mit
       denen die Bikes ab- und aufgeschlossen werden, und bis auf Reifen und Nabe
       eigens produzierte Ersatzteile. Reparieren lassen konnten Kund*innen nur
       beim Hersteller selbst. Kombiniert mit häufigen Pannen und Klagen über
       langwierige Reparaturen, führte das bald zu Zweifeln an der Qualität. Doch
       das [2][hippe, urbane Image] überwog. Investoren und Crowdfunder steckten
       ihr Geld weiter in die Marke. VanMoof setzte auf Wachstum, eröffnete
       Filialen in Tokio, Berlin, Paris, London und New York.
       
       ## Ein 48 Milliarden Dollar schwerer Markt
       
       Bei näherem Hinsehen entpuppt sich das „Märchen“ denn auch als gewöhnlicher
       Start-up-Traum von der Weltmarktdominanz. Nachhaltig ist daran nur die
       Green-Capitalism-Welle, auf deren Kamm VanMoof mitsurfte. Auf rund 48
       Milliarden Dollar schätzte Taco Carlier 2021 noch das globale Potenzial des
       E-Bike-Markts. „Die Niederlande sind schon dabei, in den nächsten fünf
       Jahren werden in Frankreich, Deutschland und Großbritannien auch die Hälfte
       aller [3][Fahrräder] elektrisch sein, dann folgen die USA“, zitierte ihn
       die Wirtschaftszeitschrift Quote.
       
       Beim Marktanteil von E-Bikes liegen die Niederlande bereits seit 2015 an
       Europas Spitze. 2021 betrug er 52 Prozent. Der Boom fällt wiederum zusammen
       mit dem schnellen Aufstieg der VanMoof-Räder zum Kultobjekt einer hippen,
       urbanen Schicht. Insofern kommt der Marke durchaus indirekt das Verdienst
       zu, elektrische Fahrräder, die vorher als Fahrzeug für gebrechliche
       Senior*innen galten, jungen Konsument*innen zugänglich gemacht zu
       haben. Speziell in großen Städten gehörten „VanMoofs“, die mühelos an
       anderen Fahrrädern vorbeischossen, bald zum Alltag auf den Straßen.
       
       Dass die Wachstumsstrategie zu ambitioniert war, zeichnet sich bereits seit
       Längerem ab. Schon Ende 2022 drohte nach Lieferketten-Problemen die
       Insolvenz, obwohl man in den Jahren zuvor Investitionen von rund 200
       Millionen Euro anziehen konnte. Laut NRC Handelsblad stiegen die Verluste
       von 6 Millionen Euro 2019 auf 35 Millionen (2020) und knapp 80 Millionen
       (2021). Für 2022 werden sie im selben Bereich erwartet. In der letzten Zeit
       nahm VanMoof keine neuen Bestellungen mehr an, offiziell war von einer
       Computerstörung die Rede.
       
       Nach der Kunde von der Insolvenz des Unternehmens kamen in Amsterdam vor
       dessen Sitz wütende Kund*innen zusammen. Sie bleiben nun auf ihren
       mehrere tausend Euro teuren Prestigeobjekten sitzen, da niemand diese mehr
       reparieren kann.
       
       Andere wollten ihr in Reparatur befindliches Fahrrad abholen, vergeblich.
       Auf der Gebrauchtwaren-Online-Plattform marktplaats.nl finden sich nun
       zahlreiche VanMoof-Räder zu Dumpingpreisen. Auf Social Media hagelt es
       Spott über prätentiöse, vermeintlich weltverbessernde Yuppies, die „mit
       Hafer-Cappuccino zu ihrem Co-Working-Space wollen“ – und dort nicht mehr
       hingelangen. Ein Twitter-User empfahl, die Welt mit „Fahrrädern ohne Akku“
       zu verbessern.
       
       19 Jul 2023
       
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