# taz.de -- EU-Mercosur-Freihandelsabkommen: Südamerika geht einen eigenen Weg
       
       > Das EU-Mercosur-Freihandelsabkommen hängt weiter in der Luft. Denn die
       > Differenzen der Verhandlungspartner sind in den vergangenen Jahren eher
       > gewachsen.
       
 (IMG) Bild: Militär unterwegs im Regenwald von Brasilien
       
       Beim Freihandelsabkommen EU-Mercosur zeigen die Daumen auch nach dem
       Gipfeltreffen der vier Mitgliedstaaten der südamerikanischen
       Wirtschaftsgemeinschaft weiter nach unten. Auch wenn der brasilianische
       [1][Präsident Lula da Silva] am Dienstag neuen Schwung in die Sache bringt,
       werden die Bremser im brasilianischen Parlament weiter kräftig auf die
       Pedale treten und die von der EU eingeforderte Waldschutzklausel als eine
       Einmischung in die inneren Angelegenheiten des Landes ablehnen.
       
       Mit Argentiniens Präsident Alberto Fernández ist das Abkommen ohnehin nicht
       zu machen. Der setzt weiter auf den [2][Schutz seiner
       produktivitätsschwachen Industrie]. Allerdings hat am Río de la Plata der
       Präsidentschaftswahlkampf begonnen und vieles spricht dafür, dass im
       Dezember ein marktliberaler Nachfolger in den Präsidentenpalast einzieht.
       
       Vor allem aber hat sich in den mehr als zwanzig Jahren andauernden
       Verhandlungen geopolitisch viel verändert. Lateinamerika ist längst nicht
       mehr der willfährige Hinterhof der USA. Jüngstes Beispiel sind die
       gegensätzlichen Positionen zum Ukraine-Krieg und die Weigerung vieler
       Staaten der Region, sich den Sanktionen gegen Russland anzuschließen, allen
       voran Brasilien.
       
       Europa hat noch mehr an Einfluss verloren, der ohnehin nie sehr groß war.
       Das bekam auch die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei ihrem
       [3][Besuch in Brasília und Buenos Aires] Mitte Juni zu spüren. Zwar
       verkündete sie, Europa sei zurück in Lateinamerika und es sei an der Zeit,
       die „strategische Partnerschaft auf eine neue Ebene“ zu heben. Der von ihr
       vorgestellte milliardenschwere Investitionsfonds wurde mit
       Willkommensgrüßen aufgenommen. Aber eine weitere Marktöffnung für
       Industriegüter aus Europa ist eine andere Sache.
       
       Mit ihrer Waldschutzklausel hat sich die EU offensichtlich den
       Verhandlungsspielraum genommen. Deshalb müsste sich der Jubel der
       europäischen NGOs, die sich für die Klausel eingesetzt hatten, in Grenzen
       halten, sollte das Abkommen mit der EU tatsächlich einmal vom Tisch sein.
       Denn was wirklich droht, ist ein Pyrrhussieg.
       
       Das unabhängigere Auftreten Lateinamerikas geht Hand in Hand mit dem
       steigenden Angebot an Investitionen aus China, gerade in Ländern des
       Mercosur. China ist bei der Ausbeutung von Lithium oder Kupfer schon lange
       in Südamerika aktiv und drängt massiv darauf, weitere Lagerstätten für sich
       zu erschließen. Die Nachfrage nach Soja und Fleisch wird die Abholzung der
       Wälder weiter vorantreiben. Umwelt- und Waldschutz oder Nachhaltigkeit
       spielen dabei keine Rolle.
       
       5 Jul 2023
       
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