# taz.de -- Urteil zu Katjes-Reklame: „Klimaneutrales“ Süßes erlaubt
       
       > Katjes täuscht Kunden, klagte die Wettbewerbszentrale. Das Unternehmen
       > stelle aber genügend Informationen bereit, hat nun ein Gericht geurteilt.
       
 (IMG) Bild: Katjes darf seine Fruchtgummis und Lakritze als klimaneutral bewerben
       
       BERLIN taz | Katjes darf seine Fruchtgummis und Lakritze als „klimaneutral“
       bewerben. Das entschied das Oberlandesgericht Düsseldorf am Donnerstag und
       wies damit auch in der Berufung eine Unterlassungsklage der Frankfurter
       Wettbewerbszentrale ab. Die Wettbewerbszentrale hatte den
       Fruchtgummihersteller Katjes und den Marmeladenproduzent Mühlhäuser
       verklagt, weil diese ihre Produkte nicht klimaneutral herstellen, aber
       damit in einer Lebensmittelzeitschrift geworben hatten.
       
       Die beiden Unternehmen gleichen die klimaschädlichen Emissionen allerdings
       lediglich durch die finanzielle Unterstützung von Klimaschutzprojekten aus.
       Die Wettbewerbszentrale hielt es daher irreführend, die Produkte als
       klimaneutral zu verkaufen.
       
       Während Katjes das Label weiterhin verwenden darf, verlor der
       Marmeladenhersteller den Prozess. Entscheidend sei, ob die Unternehmen die
       Verbraucher:innen ausreichend darüber informiere, wie das Label
       zustande kommt, argumentierte Richter Erfried Schüttpelz.
       
       Da Katjes auf der Internetseite „ClimatePartner.com“ angibt, dass sie ihre
       Emissionen durch die finanzielle Unterstützung von Klimaschutzprojekten
       kompensieren, habe das Unternehmen seine Informationspflicht gegenüber den
       Verbraucher:innen nicht verletzt. Der Konfitürenproduzent aus
       Mönchengladbach habe das dagegen nicht transparent gemacht.
       
       ## Foodwatch kritisiert das Urteil
       
       Die Kund:innen seien sich in der Regel bewusst, dass Klimaneutralität
       entweder durch die Vermeidung von Emissionen bei der Produktion oder durch
       einen [1][Emissionsausgleich] erreicht wird. Da manche Produkte und
       Dienstleistungen wie Flugreisen nicht ohne Treibhausgase zur Verfügung
       gestellt werden können, könne man davon ausgehen, dass Verbrauer:innen
       das Label „klimaneutral“ auch im Sinne der Kompensation von Emissionen
       verstehen. Deshalb sei die Werbung an sich nicht irreführend, urteilte das
       Gericht.
       
       Die Verbraucherschutzorganisation Foodwatch dagegen findet weiter, dass die
       Bezeichnung „klimaneutral“ Verbraucher:innentäuschung ist. „Das
       Gericht behauptet zwar, Klimaneutral-Werbung würde von
       Verbraucher:innen korrekt verstanden. Das ist laut aktuellen
       Forschungsergebnissen jedoch falsch: Nur etwa zehn Prozent der Menschen
       verstehen den Begriff „klimaneutral“ korrekt“, sagt Manuel Wiemann von
       Foodwatch und beruft sich dabei auf einen [2][Bericht der Universität
       Göttingen].
       
       Das Unternehmen Katjes gibt auf seiner Website an, dass es seit 2020 seine
       Emissionen ausgleicht, indem es unter anderem vier Klimaschutzprojekte
       mitfinanziert. „Es braucht dringend ein [3][gesetzliches Verbot von
       Klimaneutral-Werbung], damit auch Katjes den irreführenden Claim
       einstellt“, fordert Wiemann. „Klimaneutrale Lebensmittel gibt es nicht.“
       Auf die Kompensationsprojekte sei kein Verlass. So sei etwa im April dieses
       Jahres eines der Waldschutzprojekte von Katjes vom Landgericht Düsseldorf
       als nichtig erklärt worden.
       
       Im Fall von Katjes hatte das Landgericht Kleve bereits im Juni 2022 die
       Klage der Wettbewerbszentrale abgewiesen. Im Fall von Mühlhäuser hatte das
       Landgericht Mönchengladbach im Februar 2022 der Klage der
       Wettbewerbszentrale stattgegeben. Das OLG ließ wegen der grundsätzlichen
       Bedeutung in beiden Fällen die Revision zum Bundesgerichtshofs zu.
       
       6 Jul 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Klimaschutz-im-IPCC-Bericht/!5856028
 (DIR) [2] https://www.vzbv.de/sites/default/files/2023-03/22-01-15_Gr%C3%BCne-Marketingclaims.pdf
 (DIR) [3] /Unterstuetzung-fuer-EU-Gesetzentwurf/!5944347
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Hanna Koban
       
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