# taz.de -- Haushalt in Berlin: Wenig Zukunft beim Sparbetrieb
       
       > Es deutet sich an: beim kommenden Haushalt wird bei der Kinder- und
       > Jugendarbeit gespart. Das macht langfristiges Handeln unmöglich.
       
 (IMG) Bild: Auch Berlins Jugendliche brauchen Geld für eine ordentliche Betreuung
       
       Noch ist der Doppelhaushalt für 2024/2025 nicht verabschiedet, noch sind
       nicht einmal die Eckpunkte bekannt. Letztere werden am Dienstag bekannt
       gegeben. Was man aber bereits weiß: Berlins Regierungskoalition, sagt die
       Senatsverwaltung für Finanzen, sieht keinen Spielraum, mehr Geld
       auszugeben. Auch ohne konkrete Zahlen ist damit schon klar: bei steigenden
       Kosten durch Inflation und höhere Personal- und Energiekosten bedeutet
       diese haushaltspolitische Einstellung de facto eine Streichung. Und es
       steht zu befürchten – Brandbriefe der Berliner Sozialarbeiter:innen
       und [1][Ankündigungen der Bezirke zeigen] es –, dass es die Kinder- und
       Jugendarbeit am stärksten treffen wird.
       
       Laute Einsparrethorik gehört genauso zum Vorspiel der
       Haushaltsverhandlungen wie die Warnungen von Verbänden, doch dieses Mal
       sieht es wirklich danach aus, [2][als gäbe es nicht ausreichend Gelder,] um
       die Kinder- und Jugendeinrichtungen Berlins auf dem derzeit bestehenden
       Niveau weiter betreiben zu können. Und selbst, wenn sich am Ende doch
       genügend Geld auftreiben ließe, bleibt klar: Die Finanzierung für die so
       wichtigen Einrichtungen dürfte weiterhin auf wackeligen Beinen stehen, denn
       mehr Einnahmen für das Land sind nicht in Sicht.
       
       Das ist besonders für diejenigen nicht gut, deren Gehälter von dem durch
       den Senat verhandelten Haushalt abhängig sind. Wenn Kinder- und
       Jugendsozialarbeiter:innen bei jedem neuen Haushalt von ihren
       Einrichtungen signalisiert bekommen, „eventuell stehen Einsparungen an“,
       macht die unklare Gehaltslage die Planung des eigenen Lebens unmöglich. Die
       Neuköllner Jugendamtsdirektorin Katrin Dettmer formulierte es am Donnerstag
       bei einer Ausschusssitzung so: „Die Kolleg:innen wollen nicht jedes Jahr
       fünf Stunden weniger arbeiten.“ Genau das erwarten die Einrichtungen aber,
       wenn die Inflationskosten nicht ausgeglichen werden.
       
       Solche unsicheren Perspektiven werden Abwanderung zur Folge haben. Entweder
       in andere Bezirke, die noch Rücklagen haben. Oder aber in andere Berufe.
       Besonders letzteres wäre fatal, da der [3][Fachkräftemangel] im Bereich
       Sozialarbeit bereits jetzt immens ist. Der Effekt wird sich mit einer
       stramm sparenden Haushaltsdisziplin noch verstärken: Wenn die Perspektive
       fehlt, wird der Arbeitsplatz unattraktiv, wenn die Kolleg:innen
       abwandern, wird die Arbeit irgendwann unleistbar, der Rest der Belegschaft
       wird immer mehr belastet, der Beruf noch unbeliebter.
       
       Aber nicht nur die Belegschaft kann nicht mehr langfristig planen, auch die
       Jugendämter stehen ratlos da. Laut Sozialgesetzgebung sollen sie das
       soziale Angebot eigentlich erweitern, sollen genügend Plätze anbieten.
       Gerade nach den [4][Debatten um die Silvester-Ausschreitungen] wurde dieser
       Auftrag nochmals bekräftigt. Jetzt fehlt auf einmal die finanzielle
       Perspektive. Angemietete Räume stehen leer oder müssen abgegeben werden,
       nur um dann in ein paar Jahren für ein Vielfaches der aktuellen Miete
       vielleicht wieder gepachtet zu werden.
       
       Diese absehbare Finanzpolitik im Sparbetrieb ermöglicht also weder kurz-
       noch langfristig ein angemessenes soziales Angebot, die Stabilität fehlt.
       Um die zu garantieren, müsste sich aber die Haushaltspolitik grundsätzlich
       ändern. Langfristige Haushaltsposten müssen zugesichert werden, genauso wie
       die Anpassung an die Kostensteigerung. Das gilt für die Bezirke, die die
       Einrichtungen finanzieren, aber auch für die landeseigene Kinder- und
       Jugendarbeit.
       
       Ein Regierungswechsel verschiebt Prioritäten und damit auch Gelder, ja,
       aber es gibt Haushaltsposten, die für eine funktionierende Gesellschaft
       essentiell sind. Hier zu sparen, wäre wie an der Infrastruktur zu sparen.
       Oh, da ist schon das nächste Thema…
       
       8 Jul 2023
       
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