# taz.de -- Nervige Handytöne: Dü dü düdeldüdüdü
       
       > Die Kamera macht „Knips“, die Taste macht „Piep“: Menschen die ihre
       > Handytöne laut lassen, offenbaren damit ihre sadistischen Charakterzüge.
       
 (IMG) Bild: Es gibt zu viele störende Nebengeräusche von elektonischen Geräten
       
       Leute, die lästige Töne auf dem Handy nicht ausschalten: Was läuft bei
       denen falsch? Warum braucht man ein „Piep“, wenn man eine Taste drückt,
       oder ein „Knips“, wenn man fotografiert? Ich wollte mal wieder eine
       unpolitische Kolumne schreiben. Jetzt bekommen es jene ab, die ihre
       Mitmenschen mit einer selbstzentrierten Sicht auf diese Welt nerven.
       
       Natürlich habe ich geschaut, ob Tastentöne irgendeine Funktion erfüllen: Im
       Sinne von Barrierefreiheit machen sie schon manchmal Sinn. Bei Menschen
       ohne jegliche Beeinträchtigung betonen die Klänge dagegen nur die eigenen
       sadistischen Charakterzüge.
       
       Ich saß vergangene Woche im feinen Frühstücksraum eines feinen Hotels. Ich
       war zunächst alleine und erholte mich vom arbeitsintensiven Vortag, als
       diese andere Gästin direkt neben mir Platz nahm.
       
       Sie knallte ihren Teller auf den Tisch und zückte ihr Handy. So weit, so
       egal. Dann aber begann der Tastenterror: tk, tk, tktktk, tk, tktktktk, tk,
       tktk, tk… Ihr Telefon machte jedes Mal, wenn sie tippte, einen dumpfen Ton.
       Augenkontakt war unmöglich, weil sie in ihre WhatsApp-Gruppe vertieft war.
       Ich habe meinen O-Saft ausgetrunken und bin gegangen.
       
       ## Kameraton per Gesetz verboten
       
       Aufgefallen ist mir diese akustische Umweltverschmutzung am
       Frühstücksbuffet, weil ich am Vortag im Warteraum eines Busbahnhofs saß und
       neben mir jemand mit noch schrilleren Tönen alle belästigte: piep, piep,
       piep piep, piep piep piep piep… Nullkommanull Prozent Bewusstsein, dass bei
       der Hitze eh alle am Limit waren. Der Typ hat laut getippt, zwischendurch
       bekam er laut Empfangstönen neue Nachrichten. Dann wollte er sich die Zeit
       mit TikTok vertreiben. Auf Laut natürlich.
       
       Beim Kurzvideodienst benutzen gleichzeitig viele User*innen dieselbe
       Hintergrundmusik. Also ertönten die ersten Strophen von „I am a Barbie-Girl
       in a Barbie-Wooooorld“, zwischendurch hörten wir eine Kinderstimme, die auf
       Japanisch gesungen hat. Der Typ, den alle im Wartebereich nur noch hassten,
       war so um die 40 Jahre alt. Peinlich. Eine Oma ging an ihr Telefon, das
       zuvor sehr dezent klingelte, und sagte am Hörer, dass sie kurz rausgehen
       werde, um zu telefonieren. Sie warf einen bösen Blick Richtung
       TikTok-Tastenton-Täter, dem waren die anderen Passagiere im Warteraum aber
       egal.
       
       Während ich beim Warten zum Thema Tastentöne recherchiert habe, tauchte ein
       Artikel auf, der beschrieb, dass in Japan zumindest der Kameraton bei
       Smartphones per Gesetz nicht mehr ausgeschaltet werden kann. Viele Männer
       dort hatten mit ihren Geräten heimlich unter die Röcke von Frauen und
       Mädchen fotografiert. Der laute Knips-Ton soll die Frauen vor dieser
       patriarchalen Gewalt und ihre Privatsphäre schützen. Und so wurde aus einer
       unpolitischen Kolumne die differenzierte Forderung, Männlichkeit ganz und
       Töne auf Telefonen teilweise abzuschaffen.
       
       27 Jul 2023
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Mohamed Amjahid
       
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