# taz.de -- Sportkritik und Fußball-WM: Freiheit, die von der Fifa kommt > Die WM in Australien und Neuseeland hat gezeigt, wie gerne sich der > Fußballweltverband als progressive NGO inszeniert. Indigene waren oft ein > Accessoire. (IMG) Bild: Echte Glücksgefühle: Spanische Fans in Australien Die WM ist aus, und nach allen Regeln des Business ist sie ein großer Erfolg gewesen. Gut, nicht für Deutschland. Alles, was nun aus vielstimmigen Leaks nach außen dringt – von Kritikverboten und fehlender Kommunikation, von unklarer Taktik und fehlender Wertschätzung – lässt Schlechtes ahnen für den deutschen Fußball. Schaurig vor allem, dass einer internen Ansprache offenbar keine Aussicht auf Erfolg beigemessen wird. Dem Rest der Welt und der Fifa kann es gleich sein. [1][570 Millionen] Dollar hat der Weltverband nach eigenen Angaben eingenommen, man habe die Gewinnschwelle erreicht. „Ich sage allen Frauen, dass sie die Macht haben, etwas zu verändern“, sagte Infantino gönnerhaft in seiner Abschlussrede. „Die Türen bei der Fifa sind offen. Wir sind immer für Sie da.“ Wir sind ein Asset geworden. Feminismus ist mit diesem Turnier im Fußball ein Asset geworden; im Sommer des Barbie-Hypes wenig überraschend, dass jetzt auch ein Fifa-CEO Millionen mit dem Kampf gegens Patriarchat macht. Australien ist eh gut darin, Bewegungen zu Assets zu machen. In Sydney an der Oxford Street zieren Regenbogenflaggen quasi jeden Laden. Es ist ein Reiche-Leute-Viertel mit vielen weißen Gesichtern; eines, wo meine Vermieterinnen, ein lesbisches Paar, beide berufstätig, zwei ihrer Zimmer untervermieten müssen, um die Miete stemmen zu können. Dafür können sie draußen Designerklamotten kaufen, die mit [2][Regenbogen]flügeln verziert sind. Kaufe Gleichberechtigung. ## Indigene als Schmuck hergehalten Ein Accessoire waren oft auch Indigene. Überall bei der WM First Nations Flaggen und Tänze, während die Gemeinten kaum zu sehen waren: Nach Angaben der National Rural Health Alliance ist nur ein Prozent der Bevölkerung in großen Städten indigen, aber 45 Prozent der Bevölkerung in sehr abgelegenen Gebieten, viele in bitterer Armut. Aber Armut taugt nicht als Asset. Bunt soll man sein, doch zahlen muss man schon. Im Fußball der Frauen wird diese Kapitalisierung entweder bejubelt oder (auffällig oft durch Männer) beklagt: Nun werde alles wie bei den Männern. Beide Fraktionen nerven. Ein armer kapitalistischer Fußball der Frauen war nicht besser als ein reicher. Egal, was wir kaufen, es löst kaum Probleme. An einer Bushaltestelle wirbt ein Plakat für eine antikapitalistische Konferenz in Sydney, just am Finalwochenende. Es gibt Bilder von Regenbogensocken („Warum wir uns nicht zur Befreiung kaufen können“) und einen verlinkten Artikel („Wenn ethischer Konsum etwas verändern würde, würden sie ihn verbieten“). Aber ganz so einfach natürlich ist es nicht. Für die [3][Spielerinnen], die mit der WM ihren Lebensunterhalt sicherten, für viele nun begeisterte Jungs und Mädchen, für viele australische Amateurteams auf der Suche nach Sponsoren bringt diese WM durchaus eine Befreiung. Nur mit echter Freiheit verwechseln sollte sie niemand. Zur Konferenz will ich dann doch nicht, keine Zeit. Man bezahlt mich, diese Kolumne zu schreiben. 20 Aug 2023 ## LINKS (DIR) [1] /Frauenfussball-vor-dem-Durchbruch/!5950491 (DIR) [2] /Die-achtfache-WM-Armbinde/!5945222 (DIR) [3] /Frauenfussball-in-Australien/!5945091 ## AUTOREN (DIR) Alina Schwermer ## TAGS (DIR) Kolumne Unten (DIR) Frauen-Fußball-WM 2023 (DIR) Australien (DIR) Fußballweltmeisterschaft (DIR) Weltmeisterschaft (DIR) Kolumne Press-Schlag (DIR) Fifa-Präsident (DIR) Frauen-Fußball-WM 2023 (DIR) Frauen-Fußball-WM 2023 (DIR) Frauen-Fußball-WM 2023 (DIR) Kolumne Unten ## ARTIKEL ZUM THEMA (DIR) Fifa und Weltpolitik: Gianni der Friedensengel Die Weltfußballverband geriert sich gern als Friedensstifter. So richtig gut geklappt hat das in den vergangenen Jahren aber nicht. (DIR) Fußball-WM-Vergabe 2030: Ein schriller Coup der Fifa Der Fußballweltverband schickt die 48 WM-Teams im Jahr 2030 auf eine weite Reise über drei Kontinente: Südamerika, Afrika und Europa. (DIR) Fußball-WM der Frauen: Gitanas werden immer sichtbarer Olga Carmona, Torschützin im WM-Finale, ist Romni, heißt es. Doch so selten sind Sinti und Roma im Spitzensport nicht. (DIR) Fußballfieber in Australien: Wie der Ball ans Ende der Kugel kam Wer denkt, Fußball finde nur auf dem Feld statt, liegt falsch. Krankheitsbedingt hat unsere Autorin außerhalb der Stadien das Turnier ganz neu erlebt. (DIR) WM im Cathy Freeman Park in Sydney: Schallmauer durchbrochen Cathy Freeman war die erste Aboriginal Person, die Gold bei den Commonwealth Games gewann. Auch auf ihren Schultern steht das australische Fußballteam. (DIR) Australische Fußballbegeisterung: Euphoriewellen und Toilettengänge In Australien wächst die Begeisterung an den eigenen Fußballerinnen, die nun ins Halbfinale einziehen. Das lässt sich an erstaunlichen Statistiken ablesen.