# taz.de -- Neuer Prozess gegen „Letzte Generation“: Blockieren als „moralische Pflicht“
       
       > Letzte-Generation-Sprecherin Carla Hinrichs steht erneut wegen
       > Straßenblockaden in Berlin vor Gericht. Der Richter hat sie bereits
       > einmal verurteilt.
       
 (IMG) Bild: „Ich kann nicht anders“: Carla Hinrichs von der „Letzten Generation“ vor Gericht in Berlin
       
       BERLIN taz | Wenn Carla Hinrichs vor Gericht steht, ist Presserummel
       gewiss. Die 25-Jährige ist das bekannteste Gesicht der „Letzten Generation“
       (LG) und als deren Sprecherin bundesweit bekannt. Mehrfach wurde die
       Klimaaktivistin [1][bereits wegen Straßenblockaden verurteilt]; für
       Richter*innen erfüllen solche Aktionen meist den Tatbestand der
       Nötigung.
       
       An diesem Donnerstag geht es gleich um ein halbes Dutzend Blockaden, an
       denen Hinrichs zwischen August 2021 und Mai 2023 teilgenommen hat. Doch
       trotz der großen Aufmerksamkeit für solche Fälle gibt es nur den kleinen
       Raum 3007 im Amtsgericht Kirchstraße – nicht alle Leute, die zu ihrer
       Unterstützung gekommen sind, finden Platz.
       
       Ihnen entgeht ein fulminanter Auftritt. Eindringlich und routiniert
       zugleich trägt die Jurastudentin vor, warum sie angesichts der
       Dringlichkeit der Klimakrise die „moralische Verpflichtung“ spüre, das zu
       tun, was sie tut. Es gehe ihr nicht gut damit, körperlich wie seelisch,
       „doch ich kann nicht anders“, sagt sie und verweist auf ihre im Saal
       anwesenden Eltern und ihre Schwester. Ihre Stimme bricht, in den Augen
       werden feucht.
       
       Ob sie Richter Christoph Weyreuther überzeugen kann, ist fraglich, die
       beiden kennen sich bereits: Weyreuther hat Hinrichs im März wegen einer
       Blockade im Februar 2022 zu 600 Euro Geldstrafe verurteilt. Zitiert wurde
       er danach mit der Behauptung, dass die Menschheit sowieso aussterben werde.
       
       ## Unterbrechung des Alltags
       
       Auch an diesem Donnerstag scheint Weyreuther viele Schritte von Hinrichs
       Argumentation nicht mitgehen zu können oder zu wollen. Wiederholt will er
       wissen, warum sie meine, nicht mit angemeldeten Versammlungen für ihr
       Anliegen eintreten zu können. Das habe sie getan, erwidert die
       LG-Sprecherin, sie habe gemeinsam mit Fridays for Future demonstriert. Dies
       erzeuge aber weniger Aufmerksamkeit und Debatte als ziviler Ungehorsam.
       „Ich nutze das, was schon viele in der Geschichte getan haben, ich
       unterbreche den Alltag in einer Form, in der man sich damit
       auseinandersetzen muss.“
       
       Immerhin: Dem Antrag von Hinrichs Rechtsanwalt Adrian Wedel, Polizeivideos
       als Beweismittel anzusehen, gibt der Richter statt. So soll nun geklärt
       werden, wie viel Rückstau die Aktionen bewirkt haben, was offenbar bei
       der Beurteilung der Frage, ob die Blockaden eine Nötigung waren, eine Rolle
       spielt. Offen bleibt, was der Richter zu den anderen Beweisanträgen der
       Verteidigung sagt. Die möchte zwei Sachverständige hören zum Thema Kleben
       auf den Asphalt. Ist das „vorweggenommener gewalttätiger Widerstand“, wie
       die Staatsanwaltschaft meint? Oder eine symbolische Handlung und
       mittlerweile Markenzeichen der LG, wie die Verteidigung sagt?
       
       Sollten diese Fragen zur Sprache kommen, könnte es spannend werden. Aber
       erst in ein paar Monaten. Das Gericht ist überarbeitet.
       
       24 Aug 2023
       
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 (DIR) Susanne Memarnia
       
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