# taz.de -- Gleissperrung endet nach zehn Monaten: U2 kehrt zur Normalität zurück
       
       > Der U-Bahn-Tunnel unter der Hochhausbaustelle ist repariert, sagen BVG
       > und Investor Covivio. Die Grünen sind skeptisch.
       
 (IMG) Bild: Die Baugrube des Covivio-Hochhauses, die vermutlich für das Absacken des Tunnels verantwortlich ist
       
       BERLIN taz | Nach fast elf Monaten Pendelverkehr kehrt die U2 ab
       Montagmorgen zum regulären Betrieb zurück. „Der Tunnel wurde in dem
       betroffenen Bereich wie vorgesehen stabilisiert und ist selbstverständlich
       betriebssicher“, sagt der Sprecher der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG),
       Jannes Schwentu, der taz.
       
       Auslöser der Gleissperrung war ein Absacken des U-Bahn-Tunnels am
       Alexanderplatz um mehrere Zentimeter. Nachdem sich Risse in der Tunnelwand
       gebildet hatten, konnte die BVG die Betriebssicherheit nicht mehr
       gewährleisten und sperrte Anfang Oktober 2022 ein Gleis komplett. Seitdem
       bestand auf einer der wichtigsten und meist frequentierten U-Bahn-Linien
       der Stadt zwischen den Stationen Klosterstraße und Senefelderplatz
       Pendelverkehr.
       
       Verursacht wurde die Setzung vermutlich durch die Baugrube einer
       Hochhausbaustelle des französischen Immobilienkonzerns Covivio, die sich in
       unmittelbarer Nähe zum U-Bahn-Tunnel befindet. Gemäß einer
       „nachbarschaftlichen Vereinbarung“, die die BVG im Vorfeld der Bauarbeiten
       mit dem Konzern schloss, übernahm Covivio die Sanierung des U-Bahn-Tunnels.
       
       Der Investor versuchte mit Betoninjektionen den Tunnel wieder anzuheben.
       „Die Stabilisierung des U2-Tunnels konnte dank der engen Zusammenarbeit
       aller Beteiligten planmäßig abgeschlossen werden“, teilte Covivio-CEO
       Daniel Frey bereits vergangene Woche in einer gemeinsamen Pressemitteilung
       von BVG und Covivio mit.
       
       ## Überwachung mit sensibler Messtechnik
       
       Obwohl der Tunnel wieder stabilisiert ist und [1][die Technische
       Aufsichtsbehörde (TAB)] die Betriebssicherheit wiederhergestellt hat,
       können weitere Absenkungen des Erdreichs nicht völlig ausgeschlossen
       werden, sagt ein Covivio-Sprecher der taz: „Da der Boden im Bereich des
       U-Bahn-Tunnels viel lockerer ist als in der Umgebung, sind Setzungen
       generell möglich, und der U2-Tunnel wird weiterhin mit sensiblen
       Messsystemen fortlaufend überwacht.“
       
       Die BVG weist allerdings darauf hin, dass es sich dabei eher um Setzungen
       im Millimeterbereich handeln dürfte und nicht um ein unkontrolliertes
       Absacken um mehrere Zentimeter, wie es im vergangenem Jahr registriert
       wurde.
       
       Derweil hat Covivio die Arbeiten an der Baugrube schon im März wieder
       aufgenommen. „Die Bauarbeiten sind wichtig, da sie zu einer dauerhaften
       Aussteifung der Baugrube führen und somit auch zur nachhaltigen
       Stabilisierung der Tunnelhebung beitragen“, sagte der Sprecher des
       Unternehmens der taz.
       
       Insgesamt hat Covivio nach eigenen Angaben 10 Millionen Euro für die
       Sanierung veranschlagt. Ob noch weitere Kosten auf das Unternehmen zukommen
       – zum Beispiel Schadenersatzforderungen durch die ausgefallenen Einnahmen
       aus dem U-Bahn-Betrieb durch die BVG –, ist noch unklar. Abzuwarten bleibt
       das gerichtliche Beweisverfahren, in dem geklärt wird, ob Covivio
       tatsächlich für das Absacken des Tunnels verantwortlich ist.
       
       ## Hochhausbau in der Kritik
       
       Auch wenn der reguläre U-Bahn-Betrieb wiederhergestellt ist, bleibt die
       Frage offen, ob das Absacken des Tunnels nicht langfristige Folgen für das
       über hundert Jahre alte Bauwerk haben wird. „Die Stabilität des gesamten
       U-Bahn-Tunnels ist nachhaltig geschädigt“, vermutet Antje Kapek,
       [2][verkehrspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus.]
       Das Fundament des Tunnels habe einen seitlichen Bruch erlitten. Es könne
       nicht ausgeschlossen werden, dass in zehn bis fünfzehn Jahren ein
       kompletter Neubau notwendig werde, so Kapek unter Berufung auf Insider.
       
       Der Fall hat eine Debatte über den Umgang mit Hochhausprojekten in der Nähe
       von U-Bahn-Infrastruktur ausgelöst. So forderte die Linke einen generellen
       Bau- und Planungsstopp für solche Projekte. Am Alexanderplatz plant der
       Investor Hines einen 150 Meter hohen Turm, auch der ursprünglich von Signa
       geplante 130 hohe Mynd Turm wird neben der U8 gebaut. Am Hermannplatz plant
       Signa [3][den Neubau des Karstadtgebäudes] direkt über dem Bahnhof der U8.
       
       „Es ist wirklich eine bescheuerte Idee, Hochhäuser auf U-Bahn-Tunneln zu
       bauen“, sagt Kapek. Gerade in Mitte sei der gesamte Baugrund derart
       instabil, dass Setzungen nie sicher ausgeschlossen werden können.
       
       Gefordert wird auch, sich zumindest mit nachbarschaftlichen Vereinbarungen
       umfassend gegen etwaige Schäden abzusichern. Die BVG bestätigt, dass sie
       derzeit bei den Projekten am Alex und am Hermannplatz mit den
       Investor:innen im Gespräch ist.
       
       27 Aug 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.berlin.de/sen/uvk/mobilitaet-und-verkehr/verkehrsplanung/oeffentlicher-personennahverkehr/technische-bahnaufsicht/
 (DIR) [2] https://gruene-fraktion.berlin/kontakt/antje-kapek/
 (DIR) [3] /Grossprojekte-gefaehrden-Infrastruktur/!5893861
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jonas Wahmkow
       
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