# taz.de -- Nach dem Mord in Ecuadors Wahlkampf: Das ist die neue Kandidatin
       
       > Andrea González Náder folgt im Kampf um die Präsidentschaft auf den
       > ermordeten Villavicencio. Die 36-Jährige ist Umweltaktivistin.
       
 (IMG) Bild: Ecuadors Sicherheitsbehörden sind um Schutz bemüht: Andrea Gonzáles Náder bei einer Pressekonferenz
       
       HAMBURG taz | Die schusssichere Weste von Andrea González Náder trug den
       Aufdruck „Policia“, als die neue Präsidentschaftskandidatin der Partei
       Construye (ins Deutsche übersetzt „Baue!“) zum ersten Mal öffentlich
       zeigte. Am Samstag sprach sie bei der Gedenkveranstaltung für den
       ermordeten Fernando Villavicencio, den Präsidentschaftskandidaten vor ihr.
       Auch Sicherheitsbeamte war dieses Mal in großer Zahl präsent. Schutz für
       die Kandidat:innen schreiben Ecuadors Ordnungskräfte neuerdings groß.
       Offenbar wollten sie weitere Fehler vermeiden.
       
       Vergangenen Mittwoch hat ein siebenköpfiges Killerkommando Fernando
       Villavicencio bei einer Wahlkampfveranstaltung getötet. Mit drei Schüssen
       richteten sie ihn quasi hin. Die Sicherheitsbehörden in Ecuador wollen
       offenbar verhindern, dass sich das wiederholt. Entsprechend hermetisch
       riegelten sie die Gedenkveranstaltung ab und schützen Villavicenicios
       Nachfolgerin Andrea González Náder.
       
       Die 36-jährige Ingenieurin und Umweltaktivistin, engagiert sich für den
       Schutz der Ozeane und Mangrovenwälder, tritt gegen den Schmuggel von
       Wildtieren und die Abholzung von Wäldern ein.
       
       An diesem Sonntag steht sie zum ersten Mal im Scheinwerferlicht, wenn sie
       bei der Fernsehdebatte der Kandidat:innen für die
       Präsidentschaftswahlen nächste Woche auftritt. Das hat der nationale
       Wahlrat entschieden, obwohl es formaljuristisch nicht ganz korrekt ist.
       
       ## Nur eine kurze Amtszeit
       
       Zwar darf eine Kandidatin oder ein Kandidat durch Artikel 99 der
       Wahlgesetzgebung nachrücken. Aber laut Mario Melo, Dekan der juristischen
       Fakultät der Päpstlichen katholischen Universität von Quito, ist es nicht
       vorgesehen, dass eine Kandidatin oder ein Kandidat für die
       Vizepräsidentschaft diese Kandidatur storniert, um anschließend für das
       höchste Staatsamt zu kandidieren. Der Wahlrat hat angesichts der
       politischen Situation da offenbar eine Konzessionsentscheidung getroffen.
       
       González Náder, die aus der größten Stadt Ecuadors, Guayaquil, stammt, hat
       nach ihrem umwelttechnologischen Studium in Guayaquil vorwiegend als
       Umweltexpertin für Nichtregierungsorganisationen gearbeitet, aber auch die
       Radiosendung EcoVerde aufgebaut und als Direktorin geleitet. Sie ist an
       Ecuadors Pazifikküste zu einer Stimme für einen nachhaltigen und
       ressourcenschonenden Umbau der ecuadorianischen Wirtschaft geworden.
       
       Gemeinsam mit Fernando Villavicencio, mit dem sie über Jahre
       zusammengearbeitet hat, engagierte sie sich bei zwei Referenden, die
       parallel zu den Präsidentschaftswahlen am 20. August stattfindenden. Beim
       ersten könnte das Wähler:innen-Votum für ein Ende der Erdölförderung im
       Bloque 43 des Yasuní Nationalparks sorgen. Beim anderen wirbt Gonzáles
       Náder für ein Verbot des Bergbaus im Chocó Andina. Der von der UNESCO zum
       Biosphärenreservat deklarierte Chocó Andino liegt im Nordwesten der
       Hauptstadt Quito und ist von Dutzenden von Bergbau-Konzessionen bedroht.
       
       In Ecuador sind die beiden Referenden mindestens so wichtig wie die
       Präsidentschaftswahl. Die hat erst durch die Ermordung von Fernando
       Villavicencio an Bedeutung gewonnen haben.
       
       Denn klar ist, dass die oder der neue Präsident(in) nur die
       Legislaturperiode des bisherigen Präsidenten Guillermo Lasso zu Ende führen
       wird. Es geht daher um etwa 18 Monate. Lasso war [1][wegen Korruption und
       seiner eigenen Inkompetenz gescheitert]. Es gilt in Ecuador als leidlich
       sicher, dass die nachfolgende Regierung nur wenig bewegen kann.
       
       Ein eindeutiges Wahlergebnis könnte das zwar ändern – das ist aber wenig
       wahrscheinlich. Vor allem für Andrea González Náder wird es schwer. Die
       neue Kandidatin der Partei Construye in vielen Regionen des Landes kaum
       bekannt.
       
       13 Aug 2023
       
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