# taz.de -- Die Wahrheit: Die heißen Kirschen des Universums
       
       > Gegen das böse Raunen der Obskurantisten hilft nur eins:
       > menschenfreundlichere Verschwörungserzählungen von Einhörnern und anderen
       > sanften Wesen.
       
       Verschwörungstheorien werden immer beliebter, das beweisen nicht nur
       Gespräche mit Echsenmenschen am Stammtisch der Hohlwelt-Enthusiasten und
       nächtelange Wühlarbeiten in modrigen Youtube-Kanälen. Auch die
       Wissenschaft, die bekanntlich von der Impfmafia und von Klima-Hysterikern
       gesteuert wird, kommt zu einem ähnlichen Schluss. „Jeder Vierte glaubt an
       ‚geheime Mächte‘ in der Politik“, lautete jüngst das verheerende Ergebnis
       einer Studie, die von der Universität Hohenheim publiziert wurde.
       
       Das sind 25 knallirre Prozent der Gesamtbevölkerung, wenn man der
       Mathematik überhaupt noch trauen kann. In den Kreisen der Skeptiker und
       Leugner mag man solchen Zahlen selbstverständlich nicht glauben, denn
       dahinter stecken doch wieder jene finsteren Mächte, die stets das Böse
       wollen und die falschen Fakten schaffen. Aber demnach wähnt sich immerhin
       ein Fünftel der Deutschen von Massenmedien „systematisch“ belogen.
       
       Offenbar ist gegen den Obskurantismus kein Kraut gewachsen, das Hirnvakuum
       der Verschwörungsgläubigen ist längst luftdicht verfugt. „Insgesamt gut ein
       Drittel der Bundesbürger haben ein im erweiterten Sinn rechtspopulistisches
       Weltbild“, fassen die Kommunikationswissenschaftler die alarmierenden
       Befunde ihrer repräsentativen Befragungen zusammen. Aber wer je einen
       rechtspopulistisch angezündeten Wutbürger in freier Wildbahn hat röhren
       hören, weiß: Deren Weltbild hängt nicht bloß schief, es kippt weg ins
       barbarisch Bodenlose.
       
       Höchste Zeit also, die bösartigen Narrative der Verschwörungsraunenden mit
       Verve zu bekämpfen. Aber nicht mit Aufklärung, die verfängt längst nicht
       mehr. Es braucht humanistisch grundierte und garantiert harmlose
       Verschwörungstheorien für den Gegenangriff auf die Reichsbürgerwehr des
       Geistes. Die Wahrheit präsentiert die freundlichsten und niedlichsten
       Schwurbel-Erzählungen, die Sie sogar ihrer Echsen-Oma aus Neuschwabenland
       zur guten Nacht erzählen können.
       
       ## Einhörner im Ponyhof
       
       Nicht nur das Leben ist ein Ponyhof, die ganze Welt ist einer. Die Welt
       wurde vor 6.000 Jahren von einer außerirdischen Rasse mit niedlichen
       Knopfaugen, langen Wimpern und seidigen Mähnen geschaffen und ist so pink,
       dass es das menschliche Auge einfach nicht erfassen kann. Nur präpubertären
       Mädchen gelingt es, das wahre Wesen der Welt zu ergründen, dann kieksen sie
       begeistert, weil alles so niedlich wie ein Einhorn ist. Vor dem Aufwachen
       werden alle Menschen sanft gestriegelt, dann werden unsere Zöpfchen
       geflochten und schließlich werden wir an glitzerndem Zaumzeug in der Manege
       herumgeführt, die wir „das Leben“ nennen.
       
       ## Glückwunsch mit Chips
       
       Selbstverständlich wurde während der Corona-Impfungen allen Impflingen ein
       Chip eingepflanzt. Die stammten jedoch aus alten Glückwunschkarten, deren
       Halbleiter in der Eile nur geringfügig modifiziert werden konnten. Deshalb
       dudelt aus Geimpften sofort ein fröhliches „Happy Birthday“ heraus, sobald
       sich ihnen ein Jubilar auch nur auf Hörweite nähert. Kein Wunder, dass
       Geimpfte häufiger als Ungeimpfte zu Geburtstagsfeiern eingeladen werden und
       viel mehr Freunde haben.
       
       ## Schnappschuss aus Hubschrauber
       
       Die freundlichen Bilderberger, die eine neue Weltordnung anstreben, legen
       tatsächlich Fotoalben für die gesamte Weltbevölkerung an. Dazu musste die
       von ihnen kontrollierte Weltregierung eine lückenlose Überwachung aller
       Menschen einrichten, sonst verpassen sie ja die besten Schnappschüsse. Nur
       deswegen kreisen die ganzen schwarzen Helikopter über den Häusern.
       
       ## Sahnewolken mit Streusel
       
       Die Erde ist nicht bloß irgendeine flache Scheibe, sondern ein lecker
       dampfender Pfannkuchen mit heißen Kirschen und Schlagsahne obendrauf. Wir
       Menschen sind die heißen Kirschen des Universums! Daran sollten wir denken,
       wenn uns die Last des Daseins mal wieder zu Boden drückt. Schauen wir
       lieber in den blauen Himmel, wo locker aufgeschlagene weiße Sahnewolken
       über uns hinwegziehen. Manchmal regnet es daraus sogar Schokostreusel.
       
       ## Echsen im Haushalt
       
       Echsenmenschen sind in jedem Haushalt eine unverzichtbare Hilfe, weil sie
       wesentlich besser in engen Ritzen und Spalten auswischen können als
       herkömmliche Menschen. Außerdem sind Echsenmenschen wichtig für das
       Ökosystem, weil sie massenhaft Fliegen und Mücken vertilgen, ohne
       verheerende Pestizide einzusetzen. Auch ohne Tattoos haben Echsenmenschen
       coole Muster auf der Haut und können ihre Schwänze abwerfen, wenn sie
       nervigen Identitätsdebatten entkommen wollen. Jeder sollte einen
       Echsenmenschen zum Freund haben. Im Winter kann man ihnen warme Mäntelchen
       stricken, im Sommer mit ihnen gemütlich auf kühlen Mäuerchen liegen.
       
       ## Papst auf der Suche
       
       Chemtrails entstehen, wenn Engel masturbieren. Und wenn der Papst diese
       Woche auf den Spuren Marco Polos nach Osten gereist ist, um seine innere
       Mongolei zu suchen, dann auch, um endlich die mittelalterliche Frage zu
       klären, wie viele onanierende Engel auf einer Nadelspitze Platz finden.
       
       ## Gendern als Rettung
       
       Keinesfalls wurde der Klimawandel von Menschen verursacht. Der böse Riese
       Boomer, der die Menschen hasst, sitzt in einer unterirdischen Höhle und hat
       ein Feuer entzündet, das die Atmosphäre immer weiter aufheizt. Das Einzige,
       was dieser böse Riese noch mehr hasst als Menschen, ist Gendern. Und wie es
       der Zufall will, liegt auch darin die Rettung. Denn wenn alle gendern, regt
       sich Boomer derart auf, dass er vor Wut sein Feuer auspinkelt, und zwar im
       Stehen. Mag es auch albern klingen: Gendern ist der einzige Weg, die Welt
       zu retten. Das stimmt wirklich, denn so steht es geschrieben. Und zwar
       hier.
       
       ## Hundewuff statt Kinderblut
       
       Es trifft leider nicht zu, dass man aus dem Blut unschuldiger Kinder ein
       Mittel namens Adrenochrom gewinnen kann, das ewige Jugend verspricht. Ewige
       Jugend ist nur zu erreichen, wenn man seine Begeisterung für Pups- und
       Popelwitze nicht abflauen lässt und nur wuffige Fernsehserien wie „Paw
       Patrol“ schaut. Aber wer will das schon.
       
       ## Dem Frieden eine Chance
       
       Selbstverständlich lebt Yoko Ono noch, und John Lennon ist tot. Er könnte
       aber problemlos wieder auferstehen, wenn nur jeden Tag in jedem Land der
       Welt sein Song „Give Peace A Chance“ stündlich im Radio gespielt würde.
       
       ## Untergang überstanden
       
       Wenn es stimmt, dass die Welt nach der Maya-Prophezeiung im Jahr 2012
       untergegangen ist, dann haben wir bereits das Schlimmste überstanden.
       
       ## Das Ende ist nahe
       
       Alles wird gut.
       
       2 Sep 2023
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Bartel
       
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