# taz.de -- Iran vor wichtigem Jahrestag: „Sie nehmen uns gezielt fest“
       
       > Vor dem Jahrestag des Todes von Jina Mahsa Amini geht Irans Regime gegen
       > die Protestbewegung vor. Festnahmen sollen die Menschen einschüchtern.
       
 (IMG) Bild: Straßenszene in Teheran: Frau ohne Kopfbedeckung
       
       BERLIN taz/afp | Vor dem ersten Todestag von Jina Mahsa Amini haben die
       Behörden in Iran einen Onkel der jungen Kurdin festgenommen, deren Tod vor
       einem Jahr beispiellose Proteste ausgelöst hatte. Der 30-jährige Safa Aeli
       sei am Dienstag in Sakes, der Heimatstadt der Familie im Westen des Landes,
       von Sicherheitskräften in Gewahrsam genommen und an einen unbekannten Ort
       gebracht worden, erklärten die Organisation Hengaw, die in Frankreich
       ansässige Organisation Kurdistan Human Rights Network (KHRN) und der
       Online-Mediendienst 1500Taswir in separaten Mitteilungen.
       
       Den Berichten zufolge wurde Aeli in seinem Haus in Sakes, der Heimatstadt
       Aminis, festgenommen. Die 22-jährige Kurdin [1][Amini war am 16. September
       2022 nach der Festnahme durch die Sittenpolizei in Teheran gestorben].
       Angeblich soll sie gegen die Vorschriften zum Tragen eines Kopftuchs
       verstoßen haben.
       
       „Sie nehmen uns vor dem Jahrestag gezielt fest, sodass es schwierig wird,
       Proteste zu organisieren“, sagt eine Gesprächspartnerin in Nordiran
       gegenüber der taz am Telefon. Dass Menschen rund um den Jahrestag wieder
       verstärkt auf die Straße gehen, hält sie für sehr wahrscheinlich. Die
       Festnahmen sollten den Menschen Angst machen und sie davon abhalten, an
       Protesten teilzunehmen. „Aber die jungen Frauen in Iran sind Hämmer“, sagt
       sie, „die geben nicht auf.“
       
       In den vergangenen Wochen hat der iranische Staat etliche
       Aktivist*innen sowie Familienangehörige von Ermordeten festgenommen.
       So wurden laut Hengaw etwa auch der Vater und die Schwester von Mohammad
       Hassazadeh festgenommen. Der junge Kurde war im vergangenen November bei
       Protesten getötet worden.
       
       In der nordiranischen Provinz Gilan hatten Regimekräfte bereits im August
       neun Frauenaktivist*innen festgenommen. Zwei von ihnen, Jelveh
       Javaheri und Forough Saminia, sind bislang nicht wie die anderen gegen
       Zahlung einer Kaution freigelassen worden.
       
       Auch der bekannte Popsänger Mehdi Yarrahi, der sich kürzlich in einem
       [2][neuen Song] erneut mit der sogenannten Frau-Leben-Freiheit-Bewegung
       solidarisierte, wurde im August festgenommen. In dem Song singt er: „Lass
       dein Haar frei.“ Laut Hengaw beträgt allein die Zahl der verhafteten
       Angehörigen von Ermordeten seit März 75.
       
       Unter ihnen sind auch Journalist*innen wie [3][Nasila Marufian], eine
       kurdische Journalistin, die den Vater Aminis interviewt hatte. Seither ist
       sie mehrfach festgenommen worden. Sie war erst kürzlich gegen Kaution
       freigekommen. Von Marufian wurde am Mittwoch eine Audionachricht bekannt,
       in der sie berichtet, dass sie bei der Festnahme geschlagen und sexuell
       angegriffen wurde. Marufian befindet sich aktuell im Hungerstreik.
       
       „Die Lage ist angespannt. In Kurdistan (Provinz im Nordwesten Irans, d.
       Red.) ist richtig was los“, berichtet ein Kontakt, der in der Partei Kumala
       aktiv ist, die ihre Basis in den iranischen Kurdengebieten, ihren Sitz aber
       im Nachbarland Irak hat, weil sie in Iran verboten ist. Deshalb würde das
       iranische Regime die Lage in den kurdischen Gebieten nun militarisieren und
       sogar versuchen, Streit zwischen iranischen Kurd*innen im Irak und der
       Zentraregierung in Bagdad zu sähen, um Irak davon zu überzeugen, die
       iranischen Parteien aus dem Land zu werfen.
       
       In einem Zeichen der Geschlossenheit riefen am Mittwoch sechs
       kurdisch-iranische Parteien in einem gemeinsamen Statement zu einem
       Generalstreik am 16. September in Kurdistan sowie im restlichen Iran auf.
       Die Kumala-Partei lud in einem separaten Statement die gesamte iranische
       Bevölkerung ein, Streiks der Menschen in den kurdischen Regionen zu
       unterstützen.
       
       7 Sep 2023
       
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