# taz.de -- Schwangerschaftsberatungsstellen: „Schlicht frauenfeindlich“
       
       > Der Entwurf des Landeshaushalts 2024/25 sieht massive Kürzungen bei den
       > Schwangerschaftsberatungsstellen vor. Der Paritätische kündigt Protest
       > an.
       
 (IMG) Bild: Eine Möglichkeit der Hilfe: Broschüren in einer Schwangerschaftsberatung klären auf
       
       BERLIN taz | Der Paritätische schlägt Alarm: Im Entwurf des Berliner
       Landeshaushalts 2024/25 sind massive Kürzungen bei den
       Schwangerschaftsberatungsstellen vorgesehen. Aus Anlass der [1][ersten
       Lesung des Haushalts] im Gesundheitsausschuss des Abgeordnetenhauses
       kündigte der Verband Proteste an.
       
       In einem offenen Brief beklagt der Paritätische, dass der Senat rund 1
       Million Euro weniger für die Beratungsstellen einplant als noch 2023. Nach
       aktuellem Entwurf sind für 2024 knapp 4.455.800 Euro vorgesehen, und
       4.773.800 für 2025, im laufenden Jahr waren es noch 5.400.000 Euro. Gekürzt
       werden soll demnach bei Beratungen zu Verhütung, Familienplanung und
       Schwangerschaft und auch bei den gesetzlich vorgeschriebenen
       Pflichtberatungen zu Schwangerschaftsabbrüchen.
       
       Der Verband bezeichnete die Kürzungen als „schlicht frauenfeindlich“. Es
       sei ein Unding, dass Berlin es seit Jahren nicht schaffe, den gesetzlichen
       Versorgungsauftrag zu erfüllen. Vor Beginn des Ausschusses demonstrierten
       daher Mitarbeitende von Schwangerschaftsberatungsstellen und des
       Paritätischen Berlin vor dem Abgeordnetenhaus für die Rücknahme der
       Kürzungen und eine Erhöhung des Etats.
       
       Familienplanungszentren wie Pro Familia befürchten durch die Kürzungen den
       Wegfall von Stellen sowie eine deutliche Einschränkung der Versorgung. Die
       sei jetzt schon gefährdet: Nach Angaben des Paritätischen haben die
       Beratungsstellungen in Paritätischer Mitgliedschaft bereits im ersten
       Halbjahr 2023 über 1.600 Hilfesuchende und Anfragen von Schulen zu
       sexualpädagogischen Angeboten abweisen müssen.
       
       ## Schon jetzt zu wenig
       
       Weiter warnte der Verband, dass schon jetzt 18 Vollzeit-Beratungskräfte im
       Land Berlin fehlen würden und Konfliktberatungen nicht mehr in der
       gesetzlich vorgeschriebenen Zeitvorgabe erfüllt werden könnten.
       
       Laut den Spitzenverbänden der freien Wohlfahrtspflege Berlin besteht eine
       Unterversorgung von 19,67 Prozent. Dabei werde die Versorgung gerade in
       Berlin besonders benötigt: Dem Paritätischen zufolge ist die Zahl der
       Schwangerschaftsabbrüche in Berlin fast doppelt so hoch wie im
       Bundesdurchschnitt. So wurden 2022 in Berlin 111 Abbrüche pro 10.000 Frauen
       mit Wohnsitz in Berlin vorgenommen, im Bundesdurchschnitt waren es 62.
       
       Die Grünen-Sprecherin für Gesundheit, Catherina Pieroth, kritisierte den
       Entwurf als „massiven Rückschritt in Sachen Selbstbestimmung Schutz von
       Frauen“. Ähnlich äußerte sich Tobias Schulze, gesundheitspolitischer
       Sprecher der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus.
       
       „Die Finanzierung der Beratung für Schwangerschaftsabbrüche war bisher
       schon prekär“, sagte Schulze der taz. Es handle sich um eine Pflichtaufgabe
       des Landes. „Aber alle zwei Jahre bangen die Stellen wegen der unsäglichen
       Projektfinanzierung.“ So seien keine dauerhaften Arbeitsverträge möglich.
       „Wir werden beantragen, dass die Kürzungen zurückgenommen werden und dass
       die Finanzierung aufgestockt und verstetigt wird“, sagte er.
       
       11 Sep 2023
       
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