# taz.de -- Kanzler trifft Katars Emir: Grenzen der Realpolitik
       
       > Der Krieg in Israel zeigt, in welche fatalen Abhängigkeiten sich
       > Deutschland begeben hat – etwa zum Hamas-Unterstützerland Katar.
       
 (IMG) Bild: Aussprache im Bundestag zur Lage in Israel, danach kommt der Emir von Katar zu Besuch
       
       Es ist eine geradezu zynische Gleichzeitigkeit: Während in Gaza und in
       Israel die Bomben fallen, hat sich Bundeskanzler Olaf Scholz in Berlin mit
       Katars Emir Tamim bin Hamad Al Thani getroffen. Wenige Stunden vor dem
       Mittagessen mit einem der wichtigsten Unterstützer der Hamas [1][betonte
       Scholz am Donnerstag im Bundestag den Platz Deutschlands an der Seite
       Israels]. „Unsere Solidarität erschöpft sich nicht in Worten“, so der
       Kanzler bei seiner Regierungserklärung. Dabei ist zu hoffen, dass der
       Kanzler gegenüber dem Emir besser zu sprechen wusste als in erschöpfenden
       Worten.
       
       Mit dem Angriff der Hamas auf Israel sind die realpolitischen Denkmuster,
       die Deutschlands Außenpolitik der vergangenen Jahre geprägt haben, an ihre
       Grenzen gelangt. Diese Ignoranz hat Deutschland erst in Abhängigkeiten mit
       Russland und dann in die Arme der Kataris getrieben.
       
       Schon [2][zu Zeiten des Gasdeals] hatte der Golfstaat im blutigen
       Bürgerkrieg im Jemen seine Finger im Spiel. Dass Katar eine Rückzugsstätte
       der Hamas ist, dass die Terrororganisation dort ihr wichtigstes Büro
       unterhält, dürfte der Bundesregierung schon damals nicht entgangen sein.
       
       Nun also weilt der Emir in Deutschland. Der ursprüngliche Plan, den
       gemeinsamen Geschäftsabschluss zu feiern, müsste beim Kanzler einer
       konsternierten Erkenntnis gewichen sein: sich für das kurzfristige Ziel,
       unabhängiger von Russland zu werden, wieder zum Spielball auf der
       politischen Bühne gemacht zu haben. Nachhaltige Politik sieht anders aus.
       Eine „wertegeleitete Außenpolitik“, die sich die Bundesregierung bei ihrem
       Amtsantritt auf die Fahnen geschrieben hat, auch.
       
       ## Dobrindts perfide Unterstellung
       
       CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt machte am Donnerstag im Bundestag
       die perfide Unterstellung, Ausländer*innen stünden hinter den
       antiisraelischen Protestaktionen in Deutschland. Er sagte, [3][„wer
       Hamas-Terror befeuert und feiert und Gast in Deutschland ist, der hat in
       diesem Land nichts mehr verloren“.] Nach seinen Worten wäre der Emir von
       Katar, der am Morgen mit massivem Polizeiaufgebot in das Berliner
       Diplomatenviertel kutschiert wurde, hochgradig ausreisepflichtig.
       
       Doch darum geht es ihm nicht. Die Kritik ist in Deutschland nur zu gut
       bekannt und verläuft strikt entlang der Abhängigkeiten, auch mit
       Schurkenstaaten wie Katar. Politiker wie Dobrindt nutzten die salbungsvolle
       Debatte im Bundestag dazu, die Größe Deutschlands in seiner Solidarität mit
       Israel zu bekunden und dabei wieder einmal Rassismus und Antisemitismus in
       diesem Land gegeneinander auszuspielen. Für eine wertegeleitete
       Außenpolitik, für die die Bundesregierung angeblich steht, ist dies eine
       katastrophale Basis.
       
       12 Oct 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Scholz-im-Bundestag-zu-Hamas-Angriff/!5966127
 (DIR) [2] /Ukrainekrieg-und-Energieversorgung/!5916231
 (DIR) [3] https://www.cducsu.de/themen/merz-existenzrecht-israels-verteidigen
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Cem-Odos Güler
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Israel
 (DIR) Katar
 (DIR) Schwerpunkt Nahost-Konflikt
 (DIR) Schwerpunkt Nahost-Konflikt
 (DIR) Schwerpunkt Nahost-Konflikt
 (DIR) Schwerpunkt Nahost-Konflikt
 (DIR) Schwerpunkt Nahost-Konflikt
 (DIR) Kolumne Press-Schlag
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Sorge um die israelischen Geiseln: „Sicherheit statt Rache“
       
       Für viele Israelis hat die Befreiung der Geiseln höchste Priorität. Einige
       fordern Verhandlungen statt Bomben. Doch es gibt auch radikale
       Gegenstimmen.
       
 (DIR) +++ Hamas-Angriff auf Israel +++: „Schutz hat höchste Priorität“
       
       Das Auswärtige Amt berät über Ausreise deutscher Staatsangehöriger aus
       Gaza. Außenministerin Baerbock ist in Israel eingetroffen.
       
 (DIR) Unter israelischer Belagerung: Leben am Limit im Gazastreifen
       
       Die Lage im Gazastreifen spitzt sich zu. 340.000 Menschen sind auf der
       Flucht, es gibt nur wenig Strom und Wasser. Israel setzt weiter auf
       Blockade.
       
 (DIR) Scholz im Bundestag zu Hamas-Angriff: „An der Seite Israels“
       
       Bundeskanzler Olaf Scholz verurteilt den Hamas-Terror mit deutlichen
       Worten. Die Bundesregierung werde Israel konkret unterstützen.
       
 (DIR) Experte über Eskalation in Nahost: „Neues Gefühl der Verwundbarkeit“
       
       Mit dem Hamas-Terror glaubte Israel leben zu können, sagt der ehemalige Tel
       Aviver Bürochef der Böll-Stiftung, Steffen Hagemann. Das sei nun vorbei.
       
 (DIR) Sport und Menschenrechte: Milliarden für den Image-Kick
       
       Saudi-Arabien ist auf ganz großer Shoppingtour. Der Golfsport ist schon
       gekauft, jetzt ist der Fußball und Spieler Messi dran.