# taz.de -- Scholz im Bundestag zu Hamas-Angriff: „An der Seite Israels“
       
       > Bundeskanzler Olaf Scholz verurteilt den Hamas-Terror mit deutlichen
       > Worten. Die Bundesregierung werde Israel konkret unterstützen.
       
 (IMG) Bild: Deutliche Worte auch Richtung Iran: Olaf Scholz bei seiner Rede zum Angriff der Hamas auf Israel
       
       BERLIN taz | Es ist einer der seltenen Momente, in denen der Bundestag
       geschlossen steht. Als Parlamentspräsidentin Bärbel Bas den israelischen
       Botschafter Ron Prosor am Donnerstagmorgen als Ehrengast auf der Tribünde
       begrüßt, erheben sich alle Abgeordneten und klatschen Applaus,
       einschließlich der Abgeordneten der AfD-Fraktion.
       
       Überhaupt ist die Atmosphäre im Plenarsaal an diesem Tag gedrückt und
       nachdenklich – kaum Zwischenrufe, kein höhnisches Gelächter. Bundeskanzler
       Olaf Scholz, SPD, nannte den 7.Oktober, als [1][Terroristen der Hamas in
       Israel einfielen] und an einem Tag mehr als 1.000 Israelis ermordeten,
       einen Alptraum. Er stellte klar: „Israel hat das völkerrechtlich verbriefte
       Recht sich und seine Bevölkerung gegen diesen barbarischen Terror zu
       verteidigen.“ In diesem Moment gebe es für Deutschland nur einen Platz.
       „Den Platz an der Seite Israels“. Das sei gemeint mit dem Satz „Die
       Sicherheit Israels ist deutsche Staatsräson.“
       
       Ein Satz, den zuerst Angela Merkel gebrauchte, als sie 2008 eine Rede in
       der Knesset hielt, die erste Rede, die im israelischen Parlament auf
       Deutsch gehalten wurde. Die Solidarität erschöpfe sich aber nicht in
       Worten, so Scholz. Er habe den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin
       Netanjahu gebeten, ihn über Unterstützungsbedarf zu informieren,
       Unterstützung werde unverzüglich geprüft und gewährt.
       
       Israel hat Deutschland bereits um Munition für Kriegsschiffe gebeten. Das
       sagte Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) am Donnerstagmorgen am
       Rande eines Nato-Treffens in Brüssel. Zudem hat Israel nach Informationen
       der Deutschen Presse-Agentur unter anderem auch wegen Blutkonserven und
       Schutzwesten angefragt.
       
       ## Behörden sollen gegen Samidoun vorgehen
       
       Gleichzeitig kündigte Scholz an, die gesamte Unterstützung für die
       palästinensischen Gebiete auf den Prüfstand zu stellen und kritisierte die
       palästinensische Autonomiebehörde und Palästinenserpräsident Mahmut Abbas:
       Wo bleibe die klare Verurteilung der terroristischen Gewalttaten. Das
       Schweigen sei beschämend.
       
       Der Kanzler kündigte auch an, dass die Bundesregierung härter gegen
       Antismitismus in Deutschland vorgehen werde. Die Regierung werde ein
       [2][Betätigungsverbot für die Hamas in Deutschland erlassen] und den
       palästinensischen Verein Samidoun verbieten. Schon jetzt ist es strafbar,
       Verbrechen der Hamas zu verherrlichen, sie zu unterstützen oder isrealische
       Flaggen zu verbrennen. Der Verein Samidoun hatten [3][den Angriff der Hamas
       gefeiert] und Süßigkeiten im Berliner Stadtteil Neukölln an
       Passant:innen verteilt. Scholz verurteilte auch die Jubelfeiern im Iran
       und gab dem Mullahregime eine Mitschuld: Ohne die lange Unterstützung für
       die Hamas wäre der Angriff nicht möglich gewesen.
       
       Die Lage in der Region ist hochexplosiv, Scholz warnte vor einem drohenden
       Flächenbrand, der auf weitere Länder übergreifen könnte. “Die Hisbollah
       darf nicht in die Kämpfe eingreifen. Es wäre ein unverzeihlicher Fehler,
       Israel anzugreifen.“ Das ist eine klare Drohung, nicht nur an die vom
       Libanon operierende Hibollah, sondern auch an den Iran und Syrien, die die
       Angriffe der Hamas unterstützen.
       
       Scholz verteidigt geplante Gespräche mit dem ägyptischen Präsidenten, dem
       Emir von Katar und dem türkischen Präsidenten. „Den Kritiker sage ich: Es
       wäre unverantwortlich in dieser dramatischen Lage nicht alle Kontakte zu
       nutzen, die helfen könnten.“ Einmal erwähnte Scholz die Zweistaatenlösung,
       also die Koexistenz eines jüdischen und eines palästinensischen Staates.
       Dieses Ziel werde man nicht aufgeben, „auch wenn es heute weiter entfernt
       scheint denn je.“
       
       Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz gab sich in seiner Rede anschließend
       ruhig und bekannte sich zur Einigkeit mit den Regierungsfraktionen beim
       Thema Israel. „Ich möchte Ihnen, Herr Bundeskanzler, für die
       Regierungserklärung danken“, sagte der Oppositionsführer mit Blick zur
       Regierungsbank gleich zu Beginn seiner Ansprache. „Unser tief empfundenes
       Mitgefühl gilt dem israelischen Volk“, betonte er. Als Familienvater könne
       er den unermesslichen Schmerz der Menschen in dem Land nur erahnen, sagte
       Merz.
       
       Fraktionsübergreifend erhielt Merz Applaus. Er nahm ebenfalls Bezug auf die
       Hamas-freundlichen Demonstrationen in Deutschland. „Die Bilder von gestern
       Abend sind unerträglich und müssen unterbunden werden.“ Er stellt
       Bedingungen für die Geldzahlungen in die palästinensischen Gebiete. „Wer
       Israel vernichten will oder den Holocaust leugnet, der darf kein deutsches
       Geld bekommen.“
       
       Der Bundestag verurteilte anschließend in einem gemeinsamen
       Entschließungsantrag von SPD, Union, Grünen und FDP die „feigen Terrorakte“
       der Hamas und forderte die Bundesregierung auf, Israel „volle Unterstützung
       und jedwede Solidarität zu gewähren“.
       
       Eine Erklärung, die sicher auch die Linkspartei unterzeichnet hätte, wenn
       es die Union nicht zum Prinzip gemacht hätte, jegliche Zusammenarbeit,
       nicht nur mit der Afd, sondern auch mit der Linkspartei auszuschließen. Der
       Fraktionsvorsitzende der Linken Dietmar Bartsch machte jedenfalls an die
       Bundesregierung gerichtet klar: „Wir stehen an ihrer Seite. Verantwortlich
       ist die Hamas, ohne Wenn und Aber.“
       
       Bartsch fordert aber auch eine Kursänderung in der deutschen Iran-Politik.
       Der Iran wolle Israel zerstören. „Wir wissen alle, dass der Iran die Hamas
       aktiv unterstützt. Wir müssen aufhören, Wissen und Technologie an den Iran
       zu exportieren.“ Auch FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai plädierte für
       eine Kursänderung.
       
       Am Ende der Debatte kam es dann doch noch zum Schlagabtausch. Merz
       Vorgänger als CDU-Chef, Armin Laschet, lobte die vorangegangenen 90 Minuten
       weil die Polarisierung der Gesellschaft beim Thema Israel für kurze Zeit
       aufgehoben gewesen sei – jedenfalls bei den demokratischen Parteien. Das
       sorgte für heftigen Protest aus der AfD-Fraktion, deren
       Politiker*innen Laschet Versäumnisse als Landesintegrationsminister in
       Nordrhein-Westfalen vorwarfen.
       
       Laschet warb für Differenzierung und dafür, stärker auf jene Staaten
       zuzugehen, die seit 2020 das Existenzrecht Israels anerkannt haben. Auch
       Saudi Arabien hatte Zeichen der Annäherung signalisiert. „Wir müssen uns
       stärker engagieren, bei denen, die willens sind zu kooperieren“, so
       Laschet. Die einzige Absicht der Hamas sei es diese Annäherungsprozesse zu
       zerstören.
       
       Aktualisiert und ergänzt am 12.10.2023 um 11:25 Uhr d. R.
       
       12 Oct 2023
       
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