# taz.de -- Benjamin Netanjahus Kriegsrhetorik: Uneindeutigkeit als Taktik
       
       > In seiner Rede referiert Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu
       > über das biblische Volk Amalek. Daraus kann jeder lesen, was er will.
       
 (IMG) Bild: Bibelfest: Israels Premierminister Benjamin Netanjahu während seiner Pressekonferenz am Samstagabend
       
       taz | Es ist eine Rede mit viel Pathos. [1][Samstagabend verkündet
       Premierminister Benjamin Netanjahu vor der Öffentlichkeit, dass Israel in
       eine neue Phase des Krieges trete]. Er redet von den „Hallen des Bösen“, in
       denen sich die Bodentruppen Israels nun befinden. Auch eine biblische
       Referenz webt er ein: „Ihr müsst euch erinnern, was Amelek euch angetan
       hat, sagt unsere heilige Schrift.“
       
       Diese Aufforderung ist ein wörtliches Zitat aus dem fünften Buch Mose. Gott
       verweist darin auf den Überfall des Volks Amaleks auf die Juden, als diese
       geschwächt und ausgehungert aus Ägypten ausziehen. Und er gebietet dem Volk
       Israel, die Amalekiter auszurotten, sobald sie Sicherheit gefunden haben
       auf dem Land, das Gott ihnen geschenkt hat. „Vergesst das nicht“, so die
       Aufforderung.
       
       Netanjahus beabsichtigte Stoßrichtung scheint klar: Wer Grausamkeit
       erlitten hat, darf grausam zurückschlagen. In seinem großen Werk über das
       jüdische Rechtssystem schreibt der Philosoph und Theologe Maimonides im 12.
       Jahrhundert: Der Befehl, die Amalekiter auszulöschen, falle so harsch aus,
       weil sie sich weigerten, Frieden zu schließen.
       
       Oder will Netanjahu auf einen anderen Aspekt der biblischen Erzählung
       hinaus: Wer keinen Frieden schließen will, muss von der Erde verschwinden?
       Will er betonen, dass die Hamas Israel in dem Moment attackierte, [2][als
       es kurz Schwäche zeigte] – so wie einst das Volk Amalek?
       
       ## Interpretationsoffene Bilder
       
       Maimonides schreibt: Frieden zu schließen bedeute, die sieben Gesetze Noahs
       anzuerkennen, die unter anderem das Morden verbieten – ein früher,
       universeller Menschenrechtsstandard. Will Netanjahu das noch einmal
       betonen? Dass die Hamas eine solche Ethik ablehnt, ein Frieden also niemals
       möglich sein wird?
       
       Historische und religiöse Referenzen sind immer offen für
       Interpretationen. Das ist praktisch für Netanjahu. Er bewahrt sich eine
       gewisse Uneindeutigkeit und bestätigt gleichzeitig jedem, was er hören
       möchte. Eine praktische Taktik [3][für einen angeschlagenen Anführer unter
       hohem Druck].
       
       29 Oct 2023
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Lisa Schneider
       
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