# taz.de -- Geschichte des Maoismus: Karriere eines Totalitarismus
       
       > Die britische Sinologin Julia Lovell analysiert in ihrer preisgekrönten,
       > monumentalen Globalgeschichte „Maoismus“ den weltweiten Einfluss Mao
       > Zedongs.
       
 (IMG) Bild: Figur von Mao vor Porträt des aktuellen Präsidenten Xi Jinping in einem Souvenirshop in Peking
       
       Sich mit der jüngeren Geschichte Chinas zu beschäftigen, erscheint
       angesichts der sich verändernden Weltordnung besonders sinnvoll. Erst
       recht, weil ein elementarer Teil dieser Geschichte im heutigen China
       fortwirkt. Bezüge zur brutalen Herrschaft Mao Zedongs sind nicht nur in der
       chinesischen Alltagskultur in Form von nostalgischer Diktatorenverehrung zu
       finden. Auch im Politikstil des amtierenden Staatspräsidenten Xi Jinpings
       spielen sie eine bemerkenswerte Rolle.
       
       Dass sich [1][im Westen Politsekten und Terrororganisation] auf Mao als
       ideologischen Stichwortgeber und Pop-Ikone beriefen, dürfte weitgehend
       bekannt sein. Darüber hinaus entfaltete der Maoismus seine Wirkung aber
       auch im asiatischen Raum, in Afrika sowie in Südamerika.
       
       Wie das im Detail funktionierte, zeigt das Buch „Maoismus. Eine
       Weltgeschichte“. Die [2][Autorin Julia Lovell lehrt als Professorin] für
       moderne chinesische Geschichte und Literatur an der University of London.
       Ihre 700-seitige Studie wurde mehrfach ausgezeichnet.
       
       Die Rezeption von Maos Ideen in den USA und in Westeuropa behandelt Lovell
       stark komprimiert. Der Fokus ihres Buches liegt auf den zahlreichen Ländern
       des Globalen Südens. Lovell zeigt zudem, wie China selbst zur Hoch-Zeit des
       Kalten Krieges als eigenständiger und wirkmächtiger Player der Weltpolitik
       agierte.
       
       ## Regime und Bewegungen
       
       Im ersten Drittel ihres Buches beschreibt Lovell zunächst die
       [3][ideologischen Grundlagen der sich ursprünglich an chinesische Bauern
       richtenden Ideen Maos]. Hier bleibt die Autorin dicht an den autoritativen
       Texten des „Großen Steuermanns“, dessen Aphorismen so vielen Radikalen
       fernab von China als pathetische Agitations- und Welterklärungsformeln
       dienten. Ein weiterer Teil der Studie widmet sich der blutigen Etablierung
       der Herrschaft Maos nach dem chinesischen Bürgerkrieg.
       
       Besonders faszinierend lesen sich die einzelnen Länderkapitel, in denen
       Lovell den Einfluss Maos und der KPCh auf den Vietnamkonflikt, die
       Vorgeschichte der antikommunistischen Diktatur Suhartos in Indonesien oder
       auf die Roten Khmer in Kambodscha analysiert.
       
       Auch die maoistischen Guerillas in Indien, Nepal oder in Peru sind Thema.
       Alle diese Regime und Bewegungen waren geprägt von antiimperialistischer
       Ideologie, einem starken Führerkult, der Fetischisierung des Aufstands,
       tyrannischen Herrschaftsformen und der Ablehnung des Individualismus.
       
       „Maoismus. Eine Weltgeschichte“ ist eine umfängliche Studie, die auch Maos
       widersprüchliches Eintreten für Frauenrechte behandelt. Aus Platzgründen
       spart das ohnehin schon dicht geschriebene Buch den karibischen Raum,
       Albanien oder die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) aus. Julia
       Lovells Porträts von ausgewählten Orten des Maoismus sind jedoch absolut
       lesenswert.
       
       8 Oct 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /K-Gruppen-in-Westdeutschland/!5553224
 (DIR) [2] https://www.bbk.ac.uk/our-staff/profile/8006435/julia-lovell
 (DIR) [3] /Kulturrevolution-in-China/!5324942
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Till Schmidt
       
       ## TAGS
       
 (DIR) China
 (DIR) KP China
 (DIR) Mao
 (DIR) Mao Tsetung
 (DIR) China
 (DIR) KP China
 (DIR) Mao
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Buch über chinesisches Denken: Wie China diskutiert
       
       Wer wissen will, wie China diskutiert, wird hier fündig: ein Sinologe und
       ein Journalist haben Texte chinesischer Denker in einem Band vereinigt.
       
 (DIR) Buch „Maos langer Schatten“: Unter der Oberfläche
       
       In der Kommunistischen Partei Chinas begegneten sich nach Mao Täter und
       Opfer. Deckte der ökonomische Aufstieg der Diktatur die Wunden zu?
       
 (DIR) Kulturrevolution in China: Aus Trümmern zum Turbokapitalismus
       
       Maos Bewegung prägt die chinesische Gesellschaft bis heute. Der Sinologe
       Daniel Leese erklärt in seinem Büchlein ihre Ursachen und Folgen.