# taz.de -- Steigender Meeresspiegel: Wann Düsseldorf versinkt
       
       > Ob die Meere steigen und die Städte bis in die rheinische Tiefebene
       > versinken, hängt auch vom Klimaschutz dieser Tage ab.
       
 (IMG) Bild: In Cuxhaven steht der Pegel heute 40 Zentimeter höher als bei Messbeginn
       
       Wie verzweifelt die Situation ist, macht die Arbeit eines
       niederländisch-deutschen Forscherteams deutlich: Im Kampf gegen den Anstieg
       des Meeresspiegels fordern sie, [1][die Nordsee einzudeichen]. Nötig wäre
       ein 161 Kilometer langer Damm von Frankreich nach Südengland und 476
       Dammkilometer von Schottland nach Norwegen – was die 15 Anrainerstaaten von
       Nord- und Ostsee wesentlich billiger käme, als wenn jedes Land einzeln
       gegen den Anstieg der Ozeane kämpft. Das „Northern European Enclosure
       Dam“-Projekt müsse allerdings zügig umgesetzt werden. Erstens dauert der
       Bau einige Jahre. Zweitens steigt der Meeresspiegel ja bereits: In Cuxhaven
       steht der Pegel heute 40 Zentimeter höher als bei Messbeginn. Drittens hat
       sich der Anstieg in den letzten Jahren rasant beschleunigt, das Zeitfenster
       zu reagieren schließt sich also.
       
       Bislang lag das Augenmerk der Wissenschaft hauptsächlich auf Grönland: Der
       dortige Eispanzer ist 3.300 Meter stark. Wer in die Berge wandern geht,
       packt sich einen Pullover ein, denn oben ist es kühler als unten im Tal.
       Das ist auf Grönland ganz genau so: Wenn der Eispanzer anfängt zu
       schmelzen, wandert seine Oberkante immer weiter nach unten in immer wärmere
       Schichten. Einmal angefangen, lässt sich dieser Tauprozess nie wieder
       stoppen, und die Wissenschaft warnt, [2][dieser Anfang, der ist jetzt]:
       Taut das Grönlandeis, steigt der Meeresspiegel allein aus dieser Quelle um
       sieben Meter an. Emden liegt ein Meter hoch.
       
       Wissenschafter haben jetzt [3][die Gletscher des Westantarktischen
       Eisschildes untersucht]: Selbst wenn es die Staatengemeinschaft schaffen
       würde, die globale Klimaerhitzung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, wird
       dort das Schelfeis abtauen – jener Gürtel, der dafür sorgt, dass sich die
       Glescher nicht ins Meer ergießen. Ohne Schelfeis werden diese Eismassen die
       Ozean um weitere fünf Meter ansteigen lassen, wenn sie vollständig
       abgeschmolzen sind. Dazu kommen die Wassermassen der Inlandsgletscher, die
       Alpen beispielsweise werden Ende des Jahrhunderts nahezu komplett abgetaut
       sein. Selbst die Gletscher in der Ostantarktis, die lange Zeit von der
       Wissenschaft als stabil [4][eingeschätzt wurden, verlieren mittlerweile
       Eis]: Der Meeresspiegel wird um 60 Meter höher liegen, wenn der Klimawandel
       nicht gestoppt wird. Auch Düsseldorf liegt dann unter Wasser.
       
       Das wird nicht bis Ende des Jahrhunderts, auch nicht bis Ende des
       Jahrtausends passieren: Physikalisch kann der Meeresspiegel nur um ein bis
       zwei Meter pro Jahrhundert ansteigen. Ob es aber 60 Meter werden,
       entscheidet sich dieser Tage: Ohne Klimaschutz werden Kippelemente auf
       Grönland, in den Anden, im Tientschan, im Himalaja oder in der Antarktis in
       Gang gesetzt, die nie wieder gestoppt werden können. Statt jetzt aber
       anzufangen, Klimaschutz zu leben, diskutieren wir lieber über Wärmepumpen,
       Tempolimit, „Veggieday“ und Industriestrompreis.
       
       26 Oct 2023
       
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 (DIR) [3] https://www.nature.com/articles/s41558-023-01818-x
 (DIR) [4] http://Grounding%20Line%20Retreat%20of%20Denman%20Glacier,%20East%20Antarctica,%20Measured%20With%20COSMO‐SkyMed%20Radar%20Interferometry%20Data
       
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