# taz.de -- Ehre, wem Ehre gebührt: Das Verdienstkreuz und ich
       
       > Endlich wollten sie mir das Bundesverdienstkreuz verleihen. Also fuhr ich
       > nach Berlin – und kam in Schloss Bellevue zu einer unschönen Erkenntnis.
       
 (IMG) Bild: Das Objekt von Osmans Begierde: ein Bundesverdienstkreuz am Bande
       
       Heute bekomme ich endlich das Bundesverdienstkreuz für meine vielen
       heldenhaften, verantwortungsvollen, ehrenamtlichen Tätigkeiten.
       
       Ich bin total aufgeregt! Hoffentlich kommen wir ohne einen Unfall mit
       unseren [1][Ford-Transit] heil in Berlin an.
       
       „Eminanim, eigentlich hätte ich dieses Bundesverdienstkreuz schon viel
       früher bekommen müssen“, sage ich zu meiner Frau, als wir in Helmstedt die
       imaginäre Grenze zur ehemaligen DDR überqueren.
       
       „Osman, eigentlich müsste ich das Ding kriegen, für 30 Jahre Ehe mit dir“,
       zischt sie.
       
       „Nein, nein, nein, so einfach ist es nicht, die höchste Auszeichnung des
       Landes zu bekommen. Zum Beispiel einem Nichtsnutz wie unserem Mehmet würde
       man diese Medaille nicht geben. Der studiert seit zehn Jahren irgendwas und
       liegt dem Staat und mir ständig auf der Tasche!“
       
       „Aber warum du sie bekommst, ist mir trotzdem ein Rätsel, Osman?“
       
       „Ich kümmere mich um verwahrloste Jugendliche …“
       
       „Du meinst damit wohl deinen eigenen Sohn Mehmet!“
       
       „Ich bin bei der Freiwilligen Feuerwehr!“
       
       „Weil du mal zwei verbrannte Spiegeleier gerettet hast. Aber der
       Bundespräsident ist alt genug zu wissen, was er tut, obwohl man bei denen
       auch nicht mehr so sicher ist“, knurrt sie.
       
       „Eminanim, wenn du artig bist, darfst du meine Medaille auch mal tragen –
       wenn ich schlafe oder dusche zum Beispiel.“
       
       Nach zwei Stunden Fahrt sind wir endlich da und ich betrete das Gebäude.
       
       „Halt, halt, meine Herrschaften, dürfte ich bitte mal Ihre Ausweise
       sehen!“, stellt sich mir jemand in den Weg.
       
       „Ich bin der Herr Engin, der gleich das [2][Bundesverdienstkreuz] bekommt!“
       
       „Sie sind doch schon drin, Herr Engin.“
       
       „Aber Sie sehen doch, dass ich hier stehe. Hier ist mein Ausweis.“
       
       „Ach, da liegt ein Missverständnis vor. Nicht Sie, sondern ein gewisser
       Mehmet Engin wird gleich ausgezeichnet und er ist auch schon seit einer
       Stunde beim Herrn Bundespräsidenten.“
       
       „Mehmet hat Euch reingelegt! Er stiehlt mir mein Bundesverdienstkreuz! Ich
       rufe sofort die Polizei“, brülle ich.
       
       „Beruhigen Sie sich – ich bin doch die Polizei! Es hat alles seine
       Richtigkeit. Sie können sich dort in die Ecke setzen und über den Monitor
       die Zeremonie verfolgen.“
       
       Tatsächlich sehen wir kurz darauf, wie der Bundespräsident diesem ewigen
       Studenten die Medaille auf das schmuddelige Che-Guevera-T-Shirt heftet und
       sagt:
       
       „Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich freue mich, dass ich Herrn
       Mehmet Engin für seine Heldentaten mit dem Bundesverdienstkreuz auszeichnen
       darf. Herr Mehmet Engin hilft seit Jahren ehrenamtlich und völlig selbstlos
       Hunderten von ausländischen Studenten, sich in ihrer neuen Umgebung zurecht
       zu finden und sich ohne Zeitverlust mit ihrem Studium in Deutschland
       vertraut zu machen. Wir alle sind ihm zu höchstem Dank verpflichtet!“
       
       „Herr Steinmeier, das stimmt doch gar nicht! Mehmet zeigt denen nur, wo die
       nächste Kneipe ist. Herr [3][Steinmeier], hallooo, Herr Steinmeier, ich bin
       der Vater von Mehmet – kriege ich wenigstens ein kleines Kreuzchen?“
       
       11 Nov 2023
       
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