# taz.de -- Industriestrompreis: Ampel entlastet Betriebe
       
       > Der Strompreis für produzierende Unternehmen sollen sinken. Darauf hat
       > sich die Ampelkoalition geeinigt. Je nach Verbrauch sparen Unternehmen so
       > Millionen.
       
 (IMG) Bild: Im kommenden Jahr plant die Regierung Entlastungen in Höhe von bis zu 12 Milliarden Euro
       
       BERLIN taz | Die Ampel hat sich nach langem Ringen auf Maßnahmen geeinigt,
       um die hohen Stromkosten für produzierende Unternehmen zu dämpfen. Im
       kommenden Jahr sind Entlastungen in Höhe von bis zu 12 Milliarden Euro
       vorgesehen. „Wir schaffen mit den Maßnahmen jetzt für die nächsten Jahre
       eine Strompreisbrücke für die besonders energieintensive Industrie und für
       das produzierende Gewerbe“, sagte [1][Bundeswirtschaftsminister Robert
       Habeck] (Grüne).
       
       Weil energieintensive Branchen stark unter hohen Kosten leiden, hat Habeck
       [2][bereits im Mai ein Konzept für einen Industriestrompreis] von 6 Cent
       pro Kilowattstunde vorgelegt. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und
       Finanzminister Christian Lindner (FDP) hatten sich dagegen gesperrt. Die
       jetzt gefundene Lösung unterscheidet sich erheblich von Habecks Vorschlag.
       So gelten die Entlastungen nicht nur für Unternehmen mit internationalem
       Wettbewerbsdruck, sondern für alle produzierenden. Außerdem sind die
       Entlastungen nicht an Bedingungen wie eine Standortsicherung, Zahlung von
       Tariflohn oder Investitionen in energiesparende Anlagen gebunden.
       
       Die Regierung will die Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß senken.
       Das wird in den kommenden Wochen für 2024 und 2025 beschlossen. Die Senkung
       soll für weitere drei Jahre gelten, allerdings ist die Gegenfinanzierung
       noch offen. Bereits beschlossen ist die Stabilisierung der Netzgebühren.
       Bestehende Regelungen für die 350 Unternehmen, die am stärksten im
       internationalen Wettbewerb stehen, werden für fünf Jahre verlängert. Die
       Unternehmen müssen keine Eigenbeteiligung mehr leisten.
       
       Für die energieintensivsten 350 Unternehmen könnten alle Entlastungen
       zusammen nach optimistischen Prognosen zu einem Strompreis von 6 Cent
       führen. Die anderen werden um 1,5 Cent pro Kilowattstunde bei der
       Stromsteuer entlastet. Von diesem Preis profitieren von der Bäckerei bis
       zur Aluminiumhütte alle produzierenden Unternehmen sowie die Land- und
       Forstwirtschaft.
       
       ## SPD reagiert positiv
       
       Für eine durchschnittliche Bäckerei rechnet die Regierung mit Entlastungen
       von 30.000 Euro pro Jahr – vorausgesetzt, der Backofen wird mit Strom
       betrieben. Viele Bäcker:innen arbeiten allerdings noch mit Gasöfen. Für
       einen energieintensiven Großbetrieb wie eine Aluminiumhütte könnten sich
       nach Angaben aus Regierungskreisen sogar jährliche Erleichterungen von 150
       bis 250 Millionen Euro ergeben.
       
       Von den insgesamt 12 Milliarden Euro Entlastung im Jahr 2024 kommen 2,75
       Milliarden Euro aus dem Bundeshaushalt, die übrigen Mittel sollen aus dem
       Klima- und Transformationsfonds fließen. Der Fonds wird vor allem aus
       Einnahmen aus dem CO₂-Preis gespeist.
       
       Die ersten Reaktionen aus der SPD fallen positiv aus. Die Partei hatte
       zuvor [3][vehement für einen Industriestrompreis geworben] und den Kanzler
       damit traktiert. „Es ist gut, dass sich unser monatelanges Werben
       auszahlt“, so Fraktionschef Rolf Mützenich und Parteichef Lars Klingbeil in
       einer gemeinsamen Stellungnahme. Die Bundesregierung habe für eine zeitlich
       befristete Strompreissenkung insbesondere energieintensiver Unternehmen
       einen konzeptionellen und belastbaren Vorschlag vorgelegt. Die SPD will die
       Vorschläge nun mit Gewerkschaften, Industrie und Mittelstand weiter
       bewerten.
       
       Der finanzpolitische Sprecher der Linksfraktion im Bundestag Christian
       Görke begrüßte die Entlastung, fordert aber eine Ausweitung. „Die Einigung
       war überfällig, weil die Unsicherheit in der Wirtschaft groß ist“, sagte
       er. Die Senkung der Stromsteuer müsse aber für alle Betriebe und für
       Verbraucher:innen kommen. „Die gucken bei der Einigung in die Röhre“,
       sagte er.
       
       ## Keine Begeisterung bei Greenpeace
       
       Beim Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) stoßen die Maßnahmen auf
       Zustimmung. „Das Strompreispaket der Bundesregierung bringt dringend
       notwendige Entlastungen für Unternehmen und ist ein wichtiger Schritt in
       Richtung mehr Wettbewerbsfähigkeit“, sagte Hauptgeschäftsführerin Tanja
       Gönner. Auch der Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) ist
       zufrieden. Damit Unternehmen auf klimaschonende Produktionsweisen
       umstellen können, bräuchten sie günstigen Strom, sagte Präsident Peter
       Adrian. Er schränkte aber ein: „Ob das Paket am Ende ausreicht, um für die
       gesamte Industrie wettbewerbsfähige Strompreise zu sichern, ist allerdings
       zweifelhaft.“
       
       Auf wenig Begeisterung stoßen die Entlastungen bei der Umweltorganisation
       Greenpeace. Die Maßnahmen „untergraben Anreize, den Energieverbrauch und
       Emissionen zu senken“, sagte Greenpeace-Energieexperte Bastian Neuwirth:
       „Damit bremst die Bundesregierung die notwendige klimagerechte
       Transformation der Wirtschaft und riskiert die Klimaziele.“
       
       9 Nov 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Rede-zur-Staatsraeson/!5967949
 (DIR) [2] /Vorstoss-von-Robert-Habeck/!5932539
 (DIR) [3] /Energiesubventionen-fuer-Unternehmen/!5945481
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anja Krüger
 (DIR) Anna Lehmann
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Strompreis
 (DIR) Unternehmen
 (DIR) Industrie
 (DIR) Robert Habeck
 (DIR) GNS
 (DIR) Energiewende
 (DIR) Klima
 (DIR) Strompreis
 (DIR) Industrie
 (DIR) Energiewende
 (DIR) Robert Habeck
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Erneuerbare Energien brechen Rekord: Strombringende Weihnachtszeit
       
       Erneuerbare haben an den Feiertagen bis zu 124 Prozent des Strombedarfs
       gedeckt. Im Großhandel muss man beim Verkauf immer öfter Geld drauflegen.
       
 (DIR) Grundsatzurteil zu Haushalt: Fettes Minus für den Klimaschutz
       
       60 Milliarden Euro ungenutzter Coronagelder wurden in den Klimafonds
       verschoben. Das Bundesverfassungsgericht erklärt das für rechtswidrig.
       
 (DIR) Entlastung für Industrie beim Strompreis: Keine Brücke, aber Kurve gekriegt
       
       Die Ampel hat sich auf Maßnahmen geeinigt, um energieintensive Industrien
       im Land zu halten. Statt Industriestrompreis gibt es eine
       Stromsteuersenkung.
       
 (DIR) Konjunkturdelle in Deutschland: Die Wirtschaft schrumpft weiter
       
       Die Produktion geht auch im September zurück. Die Entscheidung über einen
       Industriestrompreis fällt bald, erwartet Wirtschaftsminister Habeck.
       
 (DIR) Ökonom zum Industriestrompreis: „Er ist gut fürs Klima“
       
       Der Ökonom Tom Krebs sagt, dass ein stabiler Strompreis Unternehmen im Land
       halten kann. Das gesenkte Risiko ermögliche erst die grüne Transformation.
       
 (DIR) Strompreis für die Industrie: Zusammen subventionsbereit
       
       Robert Habeck, verschiedene Gewerkschaften und der BDI machen Druck beim
       Industriestrompreis. Sie wollen energieintensive Branchen im Land halten.