# taz.de -- Finnisch-russische Grenze: Asylsuchende auf Fahrrädern
       
       > Weil Russland etwa dreihundert Flüchtlinge durchlässt, sperrt Finnland
       > vier Grenzübergänge. Russisch-finnische Familien protestieren in
       > Helsinki.
       
 (IMG) Bild: Finnische Militärfahrzeuge errichten eine Barriere am Grenzübergang Kuhmo
       
       STOCKHOLM taz | Drei Grenzschutzbeamte reißen einen Mann zu Boden und
       halten ihn fest. Ein Dutzend andere Beamte versperren einer Gruppe von
       Flüchtlingen den Weg. Tränengas kommt zum Einsatz. Szenen wie diese zeigte
       das finnische Fernsehen YLE am Freitagabend vom finnisch-russischen
       Grenzübergang Niiralan.
       
       Samstagnacht hat Finnland Niirala und drei andere Grenzstationen nach
       Russland für drei Monate geschlossen. „Wir wollen, dass dieses Phänomen
       aufhört“, begründete [1][Ministerpräsident Petteri Orpo] den Schritt. Das
       „Phänomen“: Eine wachsende Zahl von Asylsuchenden, die über diese
       Übergangsstellen nach Finnland kamen – auf Fahrrädern, weil die Grenze nur
       mit Fahrzeugen überquert werden darf.
       
       Finnland wirft Russland vor, die bisherige Praxis, Reisenden ohne
       ausreichende Papiere die Passage zu verweigern, geändert zu haben. Orpo
       sagt: „Das ist organisiert.“ Moskau wies den Vorwurf am Freitag zurück,
       hatte aber tatsächlich am 21. Oktober angekündigt, man werde die
       Grenzzusammenarbeit mit Finnland beenden. Das finnische Innenministerium
       beziffert die Zahl der seither über die Grenze gekommenen Asylsuchenden auf
       rund 300 Personen.
       
       Die Grenzschließung trägt die Handschrift der rechtspopulistischen
       [2][Wahren Finnen], denen Innenministerin Marin Rantanen angehört. Sie
       rühmte im Parlament die zentrale Rolle ihrer Partei bei einer Änderung des
       Grenzüberwachungsgesetzes, das Grenzschließungen möglich macht für den
       Fall, dass von Handlungen eines anderen Staats eine ernste Gefahr für die
       Sicherheit Finnlands ausgeht. Das ist, was man nun behauptet.
       
       ## Flüchtlinge nicht aus Russland
       
       Diskriminierungsombudsfrau Kristina Stenman warnt aber, Finnland laufe
       Gefahr, unverhältnismäßig zu reagieren. Zumal stammten die bisher aus
       Russland gekommenen Flüchtlinge in der Mehrzahl aus Ländern wie Syrien,
       Jemen und Irak.
       
       Zwei Grenzstationen in Nordfinnland bleiben offiziell für Asylanträge
       offen. Allerdings liegen diese rund 1.000 Kilometer weiter nördlich. Auf
       Abgeordnetenfragen, wie Finnland denn reagieren wolle, wenn demnächst
       Flüchtlinge in den Grenzwäldern erfrieren, wollten sich Orpo und Rantanen
       nicht äußern.
       
       Zehntausende finnisch-russische Familien leben in Finnland, sie können nun
       Verwandte nicht mehr direkt besuchen. Am Samstag protestierten Hunderte in
       Finnland lebende RussInnen in Helsinki. Die Demonstrantin Nataliia Eliakina
       fragt: „Warum erlaubt man nicht zumindest den Busverkehr?“ Dort würden doch
       alle Reisedokumente geprüft.
       
       19 Nov 2023
       
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