# taz.de -- Deutsch-polnische Grenze: Brandenburg will Grenzkontrollen
       
       > CDU-Innenminister Michael Stübgen warnt vor einem Anstieg irregulärer
       > Grenzübertritte. Kontrollen sind im Schengenraum nur in Notfällen
       > erlaubt.
       
 (IMG) Bild: Deutsche Grenze zu Polen in Frankfurt/Oder
       
       BERLIN afp/taz | Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) geht von
       einem weiteren Anstieg irregulärer Einreisen an der deutsch-polnischen
       Grenze aus. „Die Prognose für die nächsten Monate sieht düster aus, denn
       Russland wird seine Schleuseraktivitäten noch intensivieren“, sagte Stübgen
       dem Tagesspiegel (Freitagausgabe). Er bezog sich damit auf eine mögliche
       [1][Wiederbelebung der Flüchtlingsroute über Belarus] durch eine gezielte
       Aktion der Behörden in Moskau und Minsk.
       
       Der CDU-Politiker appellierte an Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD),
       bei der EU weitere Grenzkontrollen zu notifizieren. Bislang kontrolliert
       Deutschland seit Herbst 2015 in Bayern an der Grenze zu Österreich. „In
       Bayern lässt Nancy Faeser die Grenze kontrollieren und illegale Flüchtlinge
       zurückschicken“, sagte Stübgen. „Worauf sie an der Grenze zu Polen noch
       warten will, weiß ich nicht.“
       
       Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) sieht Hinweise auf eine Neubelebung
       der Belarus-Route. Der Vorsitzenden des Bereichs Bundespolizei und Zoll bei
       der GdP, Andreas Roßkopf, geht davon aus, „dass gerade Belarus wieder daran
       beteiligt ist“, wenn derzeit an der polnisch-deutschen Grenze die Zahlen
       unerlaubter Einreisen erneut stiegen.
       
       Die Bundespolizei hatte im ersten Halbjahr an der Grenze zwischen
       Deutschland und Polen 12.331 unerlaubte Einreisen registriert. Im
       Vorjahreszeitraum waren es noch 4592 gewesen. Illegale Grenzübertritte
       sagen allerdings nichts über die Schutzwürdigkeit Geflüchteter aus: Weil es
       kaum legale Fluchtwege gibt, sind viele Menschen aus Krisenländern wie
       Syrien, Iran oder Afghanistan gezwungen, erst einmal unerlaubt einzureisen,
       bevor sie einen Asylantrag stellen können.
       
       ## Kontrollen an sich rechtswidrig
       
       [2][Schon seit Mai äußert Stübgen entsprechende Forderungen] – hat bisher
       aber Absagen der Ministerin kassiert. „Die vorübergehende Einführung von
       Binnengrenzkontrollen setze eine ernsthafte Bedrohung der öffentlichen
       Ordnung oder inneren Sicherheit voraus“, hatte Faeser im Mai erklärt. Es
       wurden aber verdachts- und anlassunabhängige Personenkontrollen verstärkt.
       
       Binnengrenzkontrollen darf es im Schengenraum eigentlich nicht geben. In
       [3][Fällen „einer ernsthaften Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der
       inneren Sicherheit“] dürfen aber Kontrollen vorübergehend wieder eingeführt
       werden.
       
       Mehrere Staaten haben diese Ausnahme in den vergangenen Jahren genutzt.
       Deutschland kontrolliert seit den großen Fluchtbewegungen im Herbst 2015 in
       Bayern an der Grenze zu Österreich. Die Kontrollen dürfen eigentlich
       höchstens sechs Monate andauern. [4][Wie ihr Amtsvorgänger Horst Seehofer
       (CSU) hatte auch Faeser jeweils eine Verlängerung der temporären
       Grenzkontrollen gegenüber der EU-Kommission notifiziert].
       
       Im April 2022 hat der Europäische Gerichtshof andauernde Kontrollen
       Österreichs an den Grenzen zu Ungarn und Slowenien für unrechtmäßig
       erklärt. Zwar seien Verlängerungen über sechs Monate hinaus zulässig,
       allerdings nur, wenn der betreffende Mitgliedstaat „sich einer neuen
       ernsthaften Bedrohung“ ausgesetzt sehe, „die sich von der ursprünglich
       festgestellten unterscheidet“.
       
       4 Aug 2023
       
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